“Mein Leben zwischen Rap und Antifa” ist der Untertitel des Buches “Spielverderber” von Chaoze One; und das habe ich neulich gelesen.
Ich habe über all die Jahre seines musikalischen Schaffens schon mitbekommen, dass Chaoze One zwischen Mannheim und Karlsruhe recht bekannt ist, unterwegs und umtriebig, er war ja auch lange bei Twisted Chords für seine Veröffentlichungen.
Für den Vinyl-Keks hatte ich sein aktuelles Album “Venti” reviewed und mir nach und nach seine Platten gekauft. Musikalisch absolut super!
Bei flight 13 hab ich mir das Buch dann mit dazu packen lassen, deshalb nun ein paar Worte dazu.
Es ist wirklich toll, flüssig geschrieben, macht wirklich Spaß zu lesen, auch sehr kurzweilig. Chaoze One widmet sich nicht einem Gedanken und hängt da viele Worte dran. Ein paar Randinformationen liegen auf dem Weg, zu dem jedes Kapitel führt. Klar, das verlangt im Endeffekt schon auch etwas Aufmerksamkeit, die Zeitleiste auf der das Stück spielt in eine Chronologie zu bekommen.
Vor allem führt aber alles in sein politisches Denken, die Aktionen, an denen er mitgewirkt hat, was davon dann inhaltlich in seinen Texten gelandet ist. Er zitiert aber auch immer wieder Wegbegleiter, es gibt ja immer einen Song, der einen zum nächsten inspiriert.
Der Diskurs und die Diskussion, die es in der Linken Szene gibt, welche Metaphern benutzt werden dürfen und wer sich angesprochen fühlt, das passt nicht immer zusammen und muss besprochen werden. Das Hinterfragen dessen, was man dieser Stelle macht, an der man steht, weil man doch in einem linken Laden vor gleichgesinntem Publikum nicht unbedingt die Menschen erreicht, die das erreichen sollte, was man zum Denken mitgibt. Im Grunde sollte man irgendwelche CDU-Menschen erreichen und diese zum Umdenken bringen.
Für jemand wie Chaoze One, der so deutliche Worte findet, wie er es tut, dann neue Formate angeht – er spricht da explizit einen Song an, der bei RTL im Abspann einer Serie lief – fühlt sich schon angegriffen, wenn das dann kritisiert wird, statt den positiven Aspekt hinter dieser Sache zu sehen. Ist er deshalb ein Spielverderber?
Klar, es geht auch um seine Jugend, wo kommt er her, was hat ihn neugierig gemacht und die “Maschine angeworfen”. Über welche Wege ist er zum Rap gekommen, die Attitüde des Punk war ihm immer sehr nah. Und dafür, dass er noch recht jung ist und nicht schon Anfang der 90er mitgemischt hat, kennt er sich recht gut aus und weiß viel zu erzählen und Rückschlüsse zu bilden.
196 Seiten hat Jan, so heißt er in Echt, viel zu erzählen über die Wut, die entsteht wenn man bepöbelt wird. Aber auch über die Einfachheit, wie es ist mit einem Koffer als Rapper unterwegs zu sein.
Gegen Ende widmet sich Chaoze One dem deutschsprachigen Rap und seinen Auswüchsen ab Mitte der 2000er und mir fällt sehr positiv auf, was er für eine Beobachtungsgabe hat und welche Schlüsse er zieht. “Spielverderber” erschien 2019, vor dem Ausbruch der Aluhutträger! Und ihm fiel damals schon auf, dass Xavier Naidoo, und die Leute, die zu ihm halten, auf dem komplett falschen Weg sind, weil seine Texte schwulenfeindlich, esotherisch, verschwörungstheoretisch und ideologisch im Bereich der Reichsbürger zu verorten sind. Auch den vermeindlichen Skandal beim Echo spricht er an, das alles mündet darin, dass Chaoze One klar benennt, das soetwas eigentlich nicht passieren darf! Dass Rap eine emanzipatorische Musikrichtung nicht diesen Ruck nach Rechts machen darf.
Wenn ich da mal selbst einen Schluss daraus ziehen darf: Musik, bzw. Kunst ist nie rechts, sie ist frei. Frei im Denken, frei im Handeln, sonst kann sie nicht entstehen. Kunst liebt die Freiheit und Offenheit, den Diskurs. Das kann sicherlich schon auch mal konservativ sein. Das kann provozierend sein. Muss.
Empfehlenswert! Erschienen beim Polarise Verlag.