Was soll man groß Worte verlieren zu einem Buch, dem die ganz harten Rachut-Fans nachsagen “das war überfällig”. Und DIE ZEIT hat ihn im Kulturteil. Vow. Jetzt kommt die Postille um die Ecke.
Eine kleine Geschichte: mein alter Kumpel Ken, mit dem ich von 1994-1999 die Bühnenbretter mit unserer HardcoreEmoPunkband HÜNERSÜPPCHEN teilte, schrieb mich vor Weihnachten an. Er hätte da was für mich. Wir haben uns das letzte Mal gesehen in einer Nacht in Berlin, er bei SPREE VOM WEIZEN auf der Bühne, in Paris das Massaker im Bataclan. 2015 also.
Alles von Rachut ist nicht immer gut. Ken und ich, auch Philipp unser Trommler damals, waren große Fans der Dackelblut-Alben “Fluten & Tauchen” und “Schützen & Fördern”, diese übergroßartige 7inch mit “der Kran” drauf. Der ganze Stil vom Cover über Gitarre, Schlagzeug, die Art zu Singen, die Lyrics. Fantastisch. Später erst entdeckt Angeschissen und Blumen am Arsch der Hölle.
Live gesehen in der Ex-Steffi. Typisches Punkpublikum bei der Vorband. Dann einmal alle durchtauschen und Blumen am Arsch der Hölle gaben eine Mini-Reunion. Hemd gekauft.
Dann kamen viele Bands, die mehr oder weniger an mir vorbeizogen. Meine Liebe an den bisher genannten hab ich nie verloren. Maulgruppe noch echtes ein Highlight wieder. Weil ich auch die Herren von Ten Volt Shock echt heiß und innig… genug gelobt.
Jedenfalls: Ken meldet sich, er hätte da was. Oke. Adresse gegeben, Post kommt an. Geiler Scheiß! Mensch du, da weiß ich nun gar nicht, was ich sagen soll. Danke!
DER MIT DER LUFT SCHIMPFT ist ein großartiger Titel. Das Buch ist beim Ventil-Verlag erschienen und beinhaltet 39 Zeichnungen von Raoul Doré (Schlagzeuger bei Alte Sau und Grafiker, bspw. das Maulgruppe-Cover) und 127 Texten von Jens Rachut, wenn ich richtig gezählt habe. Das erwähnte “der Kran” ist einer der Texte, der fehlt, leider. Oder “Shoko Asa Hara”. Nichtsdestotrotz und deswegen eine große Freude die Texte zu lesen, die er ausgewählt hat. Bei manchen hab ich sofort den Song im Ohr “er knallt den Hörer drauf wo er hingehört…”
Hier der Text zu “der Kran”:
Öl verschmiert und Pfützen
Wasser ohne Charme
Dunkelheit im fahlen Licht
Hier schläft der alte KranRostig kalte Winden
Starker langer Arm
Die Räder ruhen am Hafenrand
Und wir?Dämmerung, die schreit mich an
Ich halt dich fest im Arm
Und werde wach denn Finger brenn
Und riech an deinem HaarDer Morgenhimmel weint nicht
Nicht blau, nicht schön, doch klar
Der Alltag greift die Großstadt an
Doch niemals diesen KranRostig alte Winden
Er steht noch immer da
Er heult nicht, wie wir es tun
Und zum wiederholten Male festzustellen
Das war es jetzt
Schon lange her
Dass da etwas noch richtig knallt
Außer das wir uns tierisch mögen
Wir saugen alles Gute raus
Obwohl wirs gar nicht wollen
Ich drück dich fest an mich
Und fühl vorraus was kommt
Ich weiß genau, du ahnst es auch
Und riech an deinem HaarIrgendetwas zieht mich hin
Zum Wasser ohne Charme
Allein jetzt hier im fahlen Licht
Und zum wiederholten Male
Festzustellen zerkochte Zeit
Unsere Liebe und dieser Kran
Wir waren oben und konnten was bewegen
Doch das scheiß Ding rostet
Länger schon, denn wir haben es nicht genutzt