review: TURBOSTAAT – nachtbrot live DoLP

turbostaat - nachtbrot
Eins vorweg: man bekommt wirklich nichts Neues von Turbostaat; und vor mir eine kritische Lobhudelei!

Die Band macht sich, laut eigener Aussage ein Geschenk zum 20-jährigen Bestehen. Soweit, so wie viele andere.
Eins fällt von der ersten Sekunde auf, an der die Nadel in die Rille sticht: für eine Band, die kryptische Texte schreibt, kann das Publikum alle ganz ordentlich mitsingen. Ist im Grunde das, was mich vor 10 Jahren schon angefangen hat zu nerven. Als sie mit FRAU POTZ auf Tour waren. Ich wollte dann nicht mehr auf eins ihrer Konzerte; da ist zu viel Stadion und zu viel Rock drin. Und: ja, auch mich werdet ihr, zumindest im Auto, erwischen, wie ich die Texte mitgröhlen kann.
Doch mit jeder Umdrehung mehr, mit den sogenannten Hits, von denen sicher bis heute keiner im Radio gelaufen ist (dem, in dem die TotenHosen und die Ärzte laufen), zieht mich die Stimmung und der Sound immer mehr in den Bann.
Wenn ich das dann höre, wenn auf Seite drei alle bei „Sohnemann Heinz“ DAS IST KEIN ENDE brüllen, schon eine großartige gemeinsame Feier, die da gefeiert wird. Am Schluß applaudiert man also allen, nicht nur irgendeiner x-beliebigen Band. Das sind schon ganz besondere Fans, die da mit den Jahren mit der Band verwachsen sind. Das Ganze ohne Split und Reunion. TURBOSTAAT sind immer da und niemals weg.
Auch ich höre die Band nun schon seit dem ersten Album. Und hier bekommt man die ganze Palette von TURBOSTAAT zu hören. Eben auch Songs von der ersten Scheibe wie „vier ecken ein elvers“ oder „18uhr09 mist verlaufen“ einmal quer durch alle Werke zur „abalonia“. An Stellen, wo sie früher noch ganz anders klangen, ist das nun eine homogene Folge von Songs, die abwechslungsreich sind und sich selten gleichen. Das macht das komplette Durchhören von knapp 60 Minuten leicht. Einzig Seite drei ist mir ein wenig langsam. Sind halt die ruhigeren Songs.
Wer mehr zur Entstehung und der Idee, die hinter dieser Scheibe steht, bspw wie sie aufgenommen wurde und wo, der möchte doch bitte diese kleine Doku dazu anschauen:
Rockpalast Backstage

Dieses Album… ich kann mich nicht entscheiden, ob ich es zu den Punkbüchern ins Regal stellen soll oder doch in die Plattensammlung. Es steht auf der Seite nur „nachtbrot“. Könnte wohl auch von einem deutschen Dichter sein. Wenn man dieses Buch also aufschlägt stecken die Platten in Taschen auf der Innen- und Außenseite und ein Fotobuch in schwarz/weiß im Großformat tut sich auf. TURBOSTAAT haben gekonnt darauf verzichtet, superstylische Fotos auszusuchen oder solche, die bspw besonders pathetisch wären. Müssen sie ja auch nicht. Sie können sich auf ihre Stärke verlassen: so zu sein, wie sie sind!

Sich zum Geburtstag so eine toll aufgemachte LP zu schenken, dazu noch in dieser Verpackung! Geil!
Bleibt so, wie ihr seid.

Bei Seite vier bin ich soweit mir das nächste Ticket für eines ihrer Konzerte zu kaufen.
Dabei hab ich sie schon so oft gesehen: Freiburg, Karlsruhe, Stuttgart…
Mit ihnen spielen, das würde ich gerne noch.

review: SINGSONG GIRL und KADAVER XQUISIT und DER SCHÖNE UND DIE BIEST

singsong girl
Tamara hat mich irgendwie in den Untiefen des Digitalen entdeckt und schrieb mir. Ich sagte: „klar, höre ich rein“
Und ich habs geschafft.
Die Punkerette kommt aus Stuttgart und ist dort musikalisch ziemlich umtriebig.
Drei selbstgemachte CDs hat sie mir zugeschickt und ich legte zuerst die Split CD KADAVER XQUISIT und DER SCHÖNE UND DIE BIEST ein (click für video). Erstere machen rockigen Deutschpunk. Im Faltblatt der CD steht das Commandante Grimm, ein leidenschaftlicher Musiker, Texter und Radiomacher und Tamara aufeinandertrafen und dieses Projekt starteten. Sie nennen es „Art-Punk“. Die Band ist zu viert und wenn man sich das Gesamtbild anschaut ist das Punk der prima in die 1990er gepasst hätte.

Bei DIE SCHÖNE UND DER BIEST handelt es sich wohl um ein Spaßprojekt zweier Freunde, die sich mal aus ihrer „gewohnten musikalischen Umgebung“ bewegen wollten. JazzCore Musiker trifft ElektroPopperin. Das soll klingen wie ein von einer Frau gesteuerter LKW den sie nicht willens ist zu bremsen. Kein herumfrickeln und zeigen, wie toll man spielen kann, sondern voll auf die 12.

Ich mag an dieser Stelle schon mal das Kompliment aussprechen, dass es sich bei Tamara wohl um eine unstoppbare, leidenschaftliche Musikerin handelt. Viel Herzblut, total schräge Ideen, macht Aufnahmen, Artwork und Videos auch selbst! Das finde ich ziemlich cool. Mit der Musik kann ich herzlich wenig anfangen.

Dann lege ich SINGSONG-GIRL ein. Das ist so dermaßen herrlich schräg daneben, ich kann mich der Musik nicht entziehen. Musikalisch hochgegriffener Vergleich ist STEREO TOTAL, aber ich kenne einfach zu wenig Bands in diesem Genre. Explizit sei gesagt, dass es sich bei der Musik UND den Videos um ein Gesamtkonzept handelt! Die Clips wurden schon international auf Video-Festivals gezeigt.
Nungut. Hört sich super an, macht euch selbst ein Bild!
Ausfühlricher habe ich in die CD „M.I.A.U.“ reingehört und kann euch empfehlen: meldet euch bei tamara die_biest@web.de

und so geht Booklet 😉
singsong girl

fanzine: PROUD TO BE PUNK #28

proud to be punk #28
Ich hatte das Gefühl, daß mir eine der Ausgabe schon mal durch die Finger ist; habe aber keine Erinnerung mehr daran.
Es fängt schon mal mit einer super Vorwortkolumne an „Deutschstunde“. Herausgeber Jan ist Lehrer. Eine gute Berufswahl für einen Punker.
Es gibt einiges zu lesen auf den 80 Seiten, dieses klassischen A5er Fanzines.
Direkt sympathisch ist mir, dass in Jans „Sound fü den Sommer“-Liste SYNDROME 81 dabei sind. Die sind auch verdammt cool. Anchecken!
Es direkt los mit einem spannenden, ausführlichen Bericht über „Wahrschauer Punk Pakt – 1977-89“. Band s aus Polen, Yugoslavien, Ungarn, Sowjetunion… ihr merkt schon, die meisten Länder existieren heute so nicht mehr. Aber was bis Mitte der 1990er dort an Repression gegenüber der Subkultur seitens des Staates ausgeübt wurde ist in keinster Weise vergleichbar mit der Punkszene der westlichen Staaten. Lesenswert.
Überhaupf strotzt das Heft vor guten Artikeln und Interviews. Das macht wirklich großen Spaß.
WUTANFALL, eine Punkband aus der ehemaligen DDR, erzählen ihre Geschichte. Im ersten Artikel „würend, wütender, WUTANFALL“ geht es um die kurzen drei Jahre, in denen die Band existierte. Auch hier um Repression in Form von Infiltrierung durch die Stasi sogar innerhalb der Band. Daruaf wird im zweiten Artikel „Die Punkband im Visier der Stasi“ nochmal näher eingegangen, was in einem Interview mit Schrammel mündet.
Danach, was logisch ist, „punk in der DDR“, Jan bleibt weiterhin im Ostblock mit einem Bericht über sibierischen Punk in den 1980ern, bevor dann F*CKING ANGRY zu Wort kommen.
Fanzine- und Plattenreviews.
Alles drin.
Wer’s lesen mag kriegts bspw bei fireandflames

video: FISCO – macond0


Am frühen Morgen flattert mir hier ein seltsames Video rein.
Welches aber mit fortlaufender Spielzeit eine gewisse melancholische Traurigkeit entwickelt, der man sich nicht mehr entziehen kann.
Musikalisch trockener deutschprachiger Indiepunk. Die Bilder schwelgen in der einsamen Provinz.
Warum ist die Eule nur so traurig?

Platte haben?
dunkelziffer

review: EINKAUF AKTUELL – alles muss raus LP/MC/DL

einkauf aktuell - alles muss raus
Was kommt denn da von TwistedChords reingeflattert?
Schon wieder DER neue heisse Shit?
Das Label scheint wirklich mit den letzten Releases immer und immer wieder einen Glücksgriff zu machen!
Allein in 2017 waren da FRONT, LÜGEN, COLD KIDS und HELMUT COOL. uvm….
Hier also EINKAUF AKTUELL. Eine Al(t)l-Star-Band um Dirk Kranz (ex-Berlin Diskret, Tonya Hardings, Frantic Romantics, Dog Food Five). Dirk scheint noch etwas mehr an seiner aussergewöhnlichen Stimme geschraubt zu haben und singt nöliger denn je.
Das gibt der, gefühlt um 1981 spielenden, Musik einen Hauch Wahnsinn. Er füllt die schrammeligen Gitarren mit seinen überschäumend ironischen Texten, die einem immer wieder ein fettes Grinsen ins Gesicht zu zaubern wissen. Wenn Dirk anfängt „arm, fett und rechts“ zu singen… ich bin fast vom Stuhl gefallen! Geil.
Dazu ein klein wenig Orgel. Das scheint in Berlin gerade akut zu sein, jede Band hat eine.
Klasse vom Meister des Retrosounds Brezel Göring in Szene gesetzt.
Ich vermisse ein wenig mehr Tempo… klar, kann man sich bei FRONT abholen, … mich erinnert die Musik ein wenig an DEAN DIRG. und etwas mehr von deren Rotzigkeit hätte, für mein Gehör, EINKAUF AKTUELL echt gut getan. Es ist alles in einem recht moderaten Tempo gehalten.
Das ist aber Gejammer auf ganz hohem Niveau.
Durchweg super gespielt und aufgenommen!
Schönes, schlichtes Cover auch.

Anspieltipps:
„immer wenn ich an dich denke“ (denke ich an ölige PommesFrites…)
„erfolg hat viele neider“ (harte Arbeit ist nicht für einen Punk)
„du und deine scheiß alten“ (wenn ihr mit euren Autos rumfahrt, mit euren hässlichen Gesichtern überm Lenkrad)

Zu haben also bei TWISTED CHORDS oder bei so einigen Plattendealern!