Tischlerei Lischitzki. Der Name allein ist Gold. Wann, mein Gott, wann hab ich die Band das letzte Mal gehört? Die Split 7inch mit den leider schon verblichenen Grizou vielleicht? Oder war es “Halt die Kladde” – auch ein schönes Ding. A6 Ringheft mit allen Texten und ein Tape dazu. Das war 2013. 63 (!!!) Songs zum Download mit Lyric-Buch.
Nun sind wir im 20ten Jahr der Tischlerei angelangt und es gibt ein neues Album!
Manche Bands sind einfach toll, weil sie einfach bleiben, einfach ihr Ding machen.
Eine unfassbare Melancholie erfasst mich beim Hören der ersten Gitarrentöne. Die Akkorde, die Melodie steht fast still, hält die Zeit an. Gänsehaut!
Die Energie, die Wut, der Zorn, der in dieser Punkmusik steckt, erinnert mich total an eine Band aus Mönchengladbach. Jedenfalls zeitweise. Die Texte und der Gesang von Ralf sind wesentlich mahnender, anklagender und wesentlich konkreter! Jeder Mensch hat einen Namen, wenn er sich an sie “Wolfgang Mirosch” erinnert. Ein Platte zum Reinhören, Festfressen, Graben. Das war erst Seite eins!
Und ich darf feststellen, dass die Tischlerei Lischitzki mich reingelegt hat! Ich dachte nämlich, dass die Seite 2 die Seite 1 ist; weil auf dem Label das Logo mit dem Zirkel und dem Hobel ist. Zusammen sieht es halt aus wie ein “A”. A, wie “Ausgetrickst”!
Ich halte es immer noch so, dass ich eine Platte erstmal einfach auflege. Nein, ich staubsauge nicht dazu, einfach mal laufen lassen. Keine Texte lesen, kein Cover anschauen, nur die Musik.
Also: die Platte geht los mit einem super Intro und der darauf folgende Song “Konzertanfrage” ist ein wunderbarer Song über all die Booker:innen, die Bands einfach buchen, ohne deren Backstory gecheckt zu haben.
Betrifft ja auch genug Bands, die einfach ein Venue suchen und dann eine Überraschung erleben, mit welch schlimmen Bands sie die Bühne teilen dürfen. Gutes Thema!
(und statt eines Videos gibt’s hier ein älteres Interview bei der großartigen Sendereihe von Punkrockers Radio: Kopfpunk):
Ich mag kein Wort über Weiterentwicklung verlieren oder Namedropping betreiben. Die Tischlerei Lischitzki ist was ganz besonderes und hat ein tolles Album auf einem ebenso gefühlt ewig existierenden Label veröffentlicht: Elfenart.
Die Band spielt richtig gut zusammen, nach vorne, nehmen auch mal Tempo raus. Der Song “Feldpost” ist die Erklärung für den Titel der Platte. Der erstmal Zeitaktuelles vermuten lässt. Das man hinter allem, zumindest vielem, Böses vermutet, bzw. wenn man vorausschauend denkt schon Böses ahnen kann, hinter dem was irgendwelche Leute so erzählen. Aber gemeint ist die Frage nach dem “Warum”. Warum haben Soldat:innen, obwohl sie so viel Leid erlebt haben, zugefügt und selbst durchlitten, Fotos nach Hause geschickt, auf denen sie lächeln?
Alles an diesem Album ist anregend. Ich erwähnte es ja schon. Es ist ein wenig düster und hat eine Traurigkeit inne, ist dennoch nicht melancholisch; mit hellen Momenten. Steht für sich.
Gibt es hier: Elfenart. Und die Band macht lieber, statt buntes, limitiertes Schnickschnack-Vinyl, eine Soliaktion für die Seenotrettung!
(dieser Review ist auch bei Vinyl-Keks erschienen)