LP: theilen – niederbrennen weitermachen

Theilen haben ihren ersten Longplayer raus. Sie haben sich nach dem Antifaschisten Fritz Theilen (war Teil der Ehrenfelder Gruppe in Köln und auch der Edelweißpiraten, und hat seinem HJ-Jungzugführer in die Aktentasche gekackt) benannt und machen Punkmusik, ich denke ich kann sagen, inhaltlich auch in seinem Sinne.
Theilen machen Deutschpunk des 21 Jahrhunderts. Klar, angepisst, eine Seite „niederbrennen“, es geht um Themen „Dorfmatraze“ oder „Brautstrauß“, die man safe abfackeln kann, zweite Seite „weitermachen“ dann eher witzigere Themen wie „Autobahnkirche“.
Darauf kann man echt nur kommen, wenn man viele Kilometer auf Autobahnen unterwegs ist und bspw darüber rätselt, wie einzelne Schuhe liegenbleiben können. So beschäftigen sich Theilen also mit diesen kleinen Kirchen an lauten Strecken. Vielleicht hilft ein Stoßgebet bei der Verkehrslage.
Der Song „Rana Plaza“ (es geht um die Textilfabrik, die zusammengestürzt ist in Bangladesh) war auch schon auf dem Demo, den find ich tatsächlich total gut!
„aluhüte“ bezeichnen wir heute noch so, wobei sich der Kontext geändert hat. In den 80er ging es ja tatsächlich darum, die atomare Strahlung abzuhalten. Heutzutage sind es Esoteriker und Antisemiten, die in Reichsbürgern münden.
Der letzte Song ist „kein Freund, kein Helfer“, klar, um was es geht.
Ich finde immer wieder bemerkenswert, entschuldigt, wenn ich mich da nun selbst kurz einbringe, wie schnell Konservative (und solche, die noch weiter Rechts stehen) das Argument bringen, wenn man gegen den deutschen Staat singt, gegen die Cops, die wahrlich oft keine Unterstützung für Linke sind und auch nicht sein wollen, dann ist man gleich ein Staatfeind und will die Demokratie abschaffen.
Ne, wollen wir nicht. Wir wollen, dass es gerecht zugeht. Knüppelt doch mal die Faschos bei ihren Demos platt!

Der erste Song, der auch als Video erschien, „hadamar“ handelt von einer psychiatrischen Klinik in ebenjemen Ort, die im Dritten Reich als Tötungsanstalt missbraucht wurde, um Menschen mit Behinderungen zu ermorden.

Was – all in all- komplett DIY ist, ist echt hart zu liken. Gebt Theilen eine Chance eure Ohren, euer Hirn und auch euer AZ oder was immer zu erobern.

Sehr cooles, übersichtliches Cover.
Erschienen bei RilRec und Raccoone Records. (eigener Shop im Link)
Rilrec hat ihren Shop beim Grand Hotel van Cleef laufen.

Diese Review wird auch relaiv zeitgleich in ähnlicher Version beim Vinyl-Keks erscheinen.

fanzine: Hansa Zeneca #1

Hansa Zeneca. Schon der Name brachte mich wirklich zum Lachen. Sehr sehr geil! Der Look erinnert mich derbe an das Rübenmus-Fanzine, ich mag es sehr. Mehr gute Gründe dafür, das Heft sofort durchzublättern kann es also nicht geben.
Eine erste Ausgabe darf ja auch reletiv viel experimentieren, ausprobieren, wo die Reise denn hingehen könnte. Hier ist alles von der ersten Seite an schon sehr cool gemacht.
Wie immer finden sich ein Stapel Bands wieder, die ich kenne, andere halt auch gar nicht. Überraschenderweise finde ich neben bekannteren Bands wie Todeskommando Atomsturm und Mülheim Asozial die Band Theilen in einem Interview. Habe neulich erst ihr Demo für den Vinyl-Keks reviewed. Es konnte scheinbar kein gemeinsamer Termin für ein Interview gefunden werden und so haben sich am Ende zwei Bands gegenseitig interviewt Marode (Düsseldorf) vs. Theilen (Köln). Auch eine schöne Idee, kurzweilig und witzig.

Die beiden Rubriken „Punk wohin? Köln“ und „Punk wohin? Wuppertal“ gefallen mir gut. Wie auch: es gibt ganz wenige, ausgewählte Fanzinereviews, keine endlosen Kolonnen von Buchstaben zu Band XYZ. Ich persönlich finde, ein Blog reicht für all die vielen Rezis, ins Heft kann man wirklich nur Stories und Interviews packen. Man hat dadurch ja auch gleich mehr Platz für ebendies.
Ein Interview ist mir auch besonders gut aufgefallen im Hansa Zeneca, Joe & the Shitboys eine queer-vegan-shitpunkband von den Färörinseln. Ja, da gibt es Punkmucke. Und wie man damit dort rumkommt, erzählt die Band im Interview. Die Band wäre absolut was fürs Swingkid-Fanzine, Gunter sucht ja immer weltweit nach Exotenbands und hat schon diverse Länder aufgetan, die die meisten nicht mal auf der Landkarte finden würden.

Macht Spass! Ich darf fast sagen „klassisches“ A5er. Viel Lesenswertes, hoffentlich bald wieder.
Gibt es bei Racoone Records, auch einigen anderen Lesestoff, wie auch Vinyl. Sowie bei Tanz Auf Ruinen.