review: CeDe Salat Schüssel #2 – Antischall / Harry Gump / Kalter Stern

Antischall  – Glückskeks CD

Rauchend steht ein Auto neben mir auf die auf der A8; diese Fahrt ist hier wohl zu Ende.
Und jetzt kommt das Review von Antischall, ein weiterer, abgefahrener Release von 30  Kilo Fieber Records. Hach, CDs, mein Lieblingstonträger….
Sechs Songs sind drauf, eine EP. Vor Kurzem hatte ich mir schon ihr Video „Angelika“ angeschaut, welches die Band, so wie auch die CD, selbst produziert hat. Fünf „Normalos“ machen einen Rock Genremix, so ein bisschen auf hart und ein bisschen auf schlau. Punkrock nennen es einige, ich denke, damit liegen wir hier nicht ganz richtig. Am Gesang eine stimmlich ordentlich Feuer habende Frau!
Erstes Stück ist der Song zum Video „Angelika“.

Anfangs finde ich die Stimme der Sängerin etwas befremdlich, ist mir ein wenig zu gepresst. Was mir aber dann aber sofort positiv auffällt, ist der Chor-Gesang in den Refrains. Das die Band eine Frauen- und eine Männerstimme an Bord hat ist ebenso abwechslungsreich, wie ihr Genremix.
Das zieht sich durch „die Ruhe vor dem Sturm“; toller Text!; über „Harte Kante“ bis zm Schluss „wir sollten die Sonne verklagen“; auch ein super Text!
Insgesamt ist mir das (fast) zu abwechslungsreich.
Der vierte Song „nachgemacht“ handelt von den Menschen, die alles nachquatschen und lieber mal denken sollten, was auch wieder ein super Ansatz ist, nur die Musik!
Ich werde nicht so richtig warm mit diesem Crossover.
Mir gefällt, dass die Band ein eigenes Songwriting haben und absolut ihren eigenen Weg gehen. Besser als jede Band, die es um der Musik willen machen und irgendwelchen Nonsens und beliebig austauschbare Floskeln loswerden! Antischall machen das also richtig richtig gut.
Lieber die auf einem Festival vor den üblichen Festivalgängern, als die „austauschbaren“.
Anspieltipp ist definitiv der letzte Track der CD „wir sollten die Sonne verklagen“

Harry Gump – Von Mauern, Türmen, Brücken und Wegen
Kleine Geschichte vorneweg: wir haben uns bei einem sehr liebenswerten Halloween-Konzert in Oettingen kennengelernt. An dem Abend spielten noch die famosen Krawehl und die Notgemeinschaft Peter Pan zum Tanze auf. Veranstalter damals war eine Konzertgruppe in der auch Bernd von 30 Kilo Fieber Records dabei war. Ende 2019 hatte ich seine CD mit Textbuch „four chords forever“ hier vorliegen und bin echt hart in Love mit seinem Style.

Es gab eine  Vorab-Single des Songs „Team Gates“
Ich weiß nicht wie schnell man musikalisch reagieren kann auf auf Tages- aktuelles, wenn man nur seine Stimme und seine Gitarre braucht, ist man einer Band da klar im Vorteil!
Wir haben dann ein wenig korrespondiert, zwei Songs landeten auch direkt auf dem Tapesampler #7 der gerad aktuellen Printausgabe der ProvinzPostille. Der erste Song „Stimmen aus den Trümmern“ versprüht diese melancholische Lebensfreude, die ich bei den meisten Singer-Songwritern so sehr mag.

Und in all dieser Lebensfreude steckt eine ganze Menge ernst gemeinter Kritik. Die ganze CD ist also per se liebenswert!
Ich muss gar nicht weiter über die ganzen anderen Songs sprechen. Das ist gut!

Ein paar Songs gibts mit Percussions,  verschiedenen Instrumentierungen,  man lernt vor allem einen ganzen Haufen Leute kennen, die mit ihm musizieren, die Harry so über die Jahre „eingesammelt“ oder schon ewig kennt….
Da steckt viel Freundschaft drin, gebt Harry unbedingt mal euer Gehör!

Kalter Stern – s/t CD

Zum Abschluss dieser CD-Runde komme zu Kalter Stern aus Mönchengladbach. CD ist selbst betitelt, Weiß und Grau gehalten, Bella Park Records dem Label für „unlabelbares“. Na da bin ich ja mal gespannt.

Mäandernd, New-Wave, Sound-Experiment, selbst gemachte Beats, lyrische Träumereien. „Die letzten Hüftbewegungen des Sommers“ sind der Spruch im Innenteil der Hülle.

fass was an
trink was aus

Minimalistische Soundformationen, umkreist von Worten. „Ein Riese“ ist Erinnerung an Einstürzende Neubauten. „Kennen sie eine Merle“ so hiess es damals im Text, jemand den Tracktitel dazu?
Regelmäßiges überfordert sein, zwischenzeitliches Zwangsjackengefühl aus dieser Musik nicht mehr heraus zu kommen. Aus diesem Song nicht mehr ausbrechen zu können; und dann bricht der Song ab.
Plötzlich.
Wie ein Dada-Gedicht.
Insgesamt sind es 10 Stücke, die auf der CD-R eingebrannt wurden. Als ich ein zweites Mal durch bin stellt sich ein recht kurzweiliges und  abwechslungsreiches musikalisches Schaffen dar. Die Songs oft „ineinander gesteckt“, manche sehr ruhig und dichterisch, und manche etwas unruhiger, mit nem Beat, verzerrten Gitarren; man kommt fast in die Versuchung zu sagen „auch tanzbar“, leicht unterkühlt.
Kalter Stern trifft mit dem Namen tatsächlich um den Nagel auf den Kopf. Mir fehlt es ein wenig an der Emotion, der Energie, der ich folgen kann. Eventuell bin ich halt von eher dem heissen, schwitzigen Punkstern, der seine Pogorunden dreht.
Insgesamt trifft das Wort „außergewöhnlich“ es wohl am besten.
Am Werke waren hier Herr N. und Herr F.

 

review: Müllheim – Kron MC

Wohl die absolut witzig-kreativste Zusendung, die ich bisher bekommen habe.  Das wirklich mit Abstand geilste Bewerbungsschreiben aller Zeiten  (Fotografien im Anhang).
Wenn ich angeschrieben werde, merke ich schlicht an, dass es toll wäre, wenn die Band eine kleine Vita dazu packt. Ein paar Infos, wer wie wo und so.

wir sind eine punkband und schreiben unsere briefe superlustig auf bierettiketten

Gut so. Ich hätte euch nicht einfacher als Punkband identifizieren können. Zur Musik kommen wir ja erst noch, haha.
Nun, die Band besteht aus drei Patienten (0 Git / Ges., 1 Bass / Synth, 2 Drums) und haben einige Referenzen wie Razzia, Abwärts oder Mittagspause angegeben. Sie stehen auf die 1980er und eher „so schlecht aufgenommene Sachen“.
Man spielte schon in andern Bands, die aber keiner kennt, da dies das erste Infoschreiben sei. Info also: aufgenommen 2020 in Berlin, 2021 kam eine Single „Endzeitstimmungshits I + II“ zur Lage der Nation digital heraus.
Nachdem ich diese ausführliche Beschreibung gelesen habe, lege ich also die Kassette ein. (Kommt mit Downloadcode und kleinem Booklet).
Erster Gedanke: Phantom Records mit Lassie und Pisse auf dem Synthpunklabel. 
Das Artwork der Band Müllheim ist eher bescheiden, dafür fetzt die Musik umso mehr. Richtig gut abgehangener 70er Punk mit Synthie, sinnlosen Texten und … irgendwas mit „s“ muss mir jetzt noch einfallen…. „Existentialismus“
„Kann man davon leben“, fragt die Band. Von derart Musik? Vom Nichtstun? Vom Abhängen? Keine Ahnung man kann „damit“ leben aber „davon“? Ist eine kapitalistische Frage, hiermit klar mit Nein zu beantworten. Die Texte sind sehr repetitiv, nichts desto trotz haben sie diesen punkigen Zynismus, den ich wahnsinnig liebe.

tagsüber arschloch gewesen
aber abends voll nett

Sagt eigentlich alles über unsere Gesellschaft.
An dieser Stelle kommt mir die exitentialistische Frage „wie viel dieser Art Punk muss man hören, um das so perfekt wieder aufspielen zu können?“
Oder platzt das aus einem heraus? Ist das in einem drin und ist so eine Art musikalische Sprache, die durch das Erwachsenwerden erst in drei Akkorde gepackt werden kann. In jedem von uns schlummert also der 4/4tel Beat; in manchen halt 7/8tel.
Anspieltipp ist „Junge“, packt das mal in euern Kassettenrekorder! Super das.

review: Grey Walls – Asche LP

Durch eine kleine Gruppe bei Facebook, die ich unlängst eröffnete,  meldete sich Jan bei mir, der früher Schlagzeug gespielt hat bei Burn/It/Out. Eine Hardcore-Punkband aus Landau, in der auch Oli mitspielte, der nun die Gitarre zupft bei den famosen Atmen, weiter.
Jan trommelt also nun schon eine Weile bei Grey Walls, die Band hat wohl schon eine 7inch herausgebracht.
Ich hab mir nicht groß sagen lassen, was für Musik Grey Walls machen, wir haben einfach Platten getauscht, nun gibts den überfälligen Review dazu! Vollkommen überrascht fliegen mir ab der ersten Sekunde also die Trommelfelle aus den Ohren, der Alarm den die Gräulichkeit ist immens! Erscheckt zucke ich den Tonarm zurück, zögere, lege nochmal auf und etwas weniger erschreckt höre ich die erste Seite durch.
Das Inlay ist grau, die Platte ist grau meliertes Vinyl, das Cover ist grau mit schwarz, die Musik gräulich Grau.

Mich erinnert die Musik total an die erste LP von Rorschach „remain sedate“. Oder Born Against. Nur echt in düster. Obwohl ich mir immer wünschte, dass morgens, statt eines Weckers, der Plattenspieler den Tonarm auf die ersten Töne der Scheibe legt und mich ein Gewitter von sägenden Gitarren und kreifendem Gesang in den trostlosen Job jagd.
Hat beides, glücklicherweise, nicht geklappt!
Ähnlich gehts mir jetzt mit Grey Walls, die zwischen Doom, Blackmetal und Screamo sehr abwechslungsreich spielen. Im 4. Song „Dunkelheit“ eine ganz überraschend wunderbare wie außergewöhnliche Mischung aus einem keifenden WahWah und dem keifenden Gesang eine Symbiose ohne gleichen eingeht; um in „Töterkult“ ein Riff aus der grauen Untiefe zu ziehen, was den Titel nicht besser untermalen könnte. Im Grunde machen die Herren in ihrer Düsternis also alles richtig. Gegen Ende wird das Riff komplett zerlegt um dann in „Zersetzung“noch viel tiefer hinab in den Keller zu steigen und eine dunkle Disharmonie aus Growls und Keifen alle grauen Wolken draussen am Himmel erstarren zu lassen.
Und je länger den Song anhöre, geht er mir wirklich überhaupt nicht in die Ohren, bewundere ich doch den Mut dieses graue Rauschen, diese Attacke auf Platte zu Bannen.
Der Sound der Band ist echt gut für eine Eigenproduktion, ungeschliffen, außergewöhnlich. Und wenn man glaubt, dass man nach Song 4 oder 5 alle gehört hat, das Songwriting kennt und weiß, was im Verlauf weiter passieren wird, täuscht sich. Insgesamt elf Lieder brechen über einen herein wie ein unfassbares Unwetter. Wenn es mal in den Mauern etwas ruhiger wird, dann schmettern und brettern sie wieder auf und davon.
Ihre Scheibe gibt es im erwähnten Grau, in Rot und auch als Tape. Am besten über ihre Seite, dort sind Band und / oder Labels erreichbar.
Erschienen bereits Ende 2020.