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buch: sibbe rakete – provinzrebellen

In diesem Review muss ich jetzt mal ganz ehrlich sein.
Bei der Edition Subkultur ist das Buch “provinzrebellen” von Sibbe Rakete erschienen. Zum Lesen und Rezensieren habe ich ein Exemplar angeboten bekommen. Ab und an finde ich das ne gute Idee, abseits der Musik einfach mal was zu lesen; auch wenn mir die Zeit dafür meist doch eher fehlt, als das ich dem Bild des im Sessel sitzenden Altpunk entspräche. Btw: wie alt muss man sein, um ein Altpunk zu sein? Oder ist man nur ein Altpunk, wenn man auch wirklich das Strassnepunkabi gemacht hat?

Ich habe es also gelesen, gute Voraussetzung für jetzt. Es läuft mir viel besser rein es zu lesen, wie Sibbe die beiden Handlungsstränge des Buches parallel erzählt, als die Geschichte(n) an sich. Auf der einen Seite die Flucht aus der Provinz, wenn man Erwachsen ist, auf der anderen Seite das Coming-Of-Age, jugendliche Fluchten in Kleinstädtischer Umgebung.
Was mir daran nicht gefällt, sind die vielen Standardsprüche, die den Jugendlichen rausrutschen. Ich hab keinen Bock auf Beispiele, denn diese Sätze habe ich meine ganze Jugend lang von den Erwachsenen gehört. Und an dieser Stelle, also an des Autors Stelle, hätte ich mir hier den ein oder anderen beißenden Kommentar auf keinen Fall verkniffen. Aber Sibbe bleibt da sehr sanft, will ich das mal nennen.

Es liest sich alles superflüssig und kurzweilig. Das macht mir wirklich jedes Mal Laune!
Ende der 90er, in der Zeit, in der diese Geschichte spielt, fuhren Jugendliche noch Interrail mit der Bahn. In den Sommerferien für ein paar Mark durch Europa. Das ist der Hauptstrang des Buches, die Liebesgeschichte zwischen Sibbe und Cati, auf der langen Reise durch Frankreich, Italien, Griechenland, Kroatien und zurück.
Das hat immer wieder gute Beschreibungen der Figuren, der Klamotten, die sie trugen und der Umgebung, in der sie auf den Teil der unbeliebten Menschheit treffen. Sibbe hat immer wieder witzige Ideen, teilweise peinlichen wie auch für ihn unerträglichen Situationen zu entkommen.

Die Punkernamen sind schon echt witzig, die sich die Dorfgemeinschaft gegeben hat. Nicht so Ratte, Leiche und Pocke sondern Tödder, Diecken, Teppich, Woodmaster, Kripe Bumm… cool! Aber apropos Dorf: mir gefällt dieses Buch wesentlich besser als “Dorfpunks” – auch wenn ich damit nun ein paar Freunde weniger habe.
Ab und an streut Sibbe kurze Stücke von Lyrics relativ bekannter Bands ein. Da ich weiß, dass Sibbe bei der Notgemeinschaft Peter Pan gesungen hat, habe ich eher mehr in diese Richtung gerechnet. Irgendwie mehr in Zusammenhang zu bringen mit seiner Adoleszenz. Die Exzesse, die Frustration, die Wut, die dazu führen, dass man ein Provinzrebell sein will, fehlen mir ein wenig. Oder nennen wir es den Schmutz, den Staub, den Punks in Kauf nehmen.
Wiederum erfreuen kann ich mich trotzdem am Gesamtbild, das ist wirklich rund, gut geschrieben, ich erwähnte es ja schon. Es versprüht überall diese freudige Leichtigkeit einer Jugend. Selbst die erste große Liebe rutscht nicht in totale Melancholie ab, sondern Sibbe holt sich da immer selbst ziemlich schnell raus, noch bevor er überhaupt über dem Kraterrand taumeln kann.
Was es to-tal rausreißt ist, dass Sibbe in den “Thanks und Hugs” seinen beiden (von vier!) wohl schon jugendlichen Kindern am Lagerfeuer einzelne Kapitel vorlas. Gratulation! Ich habe es nur bis drei geschafft. Jedenfalls hat er seinen Kindern Leseproben vorgelesen und seiner Frau nicht. Sie hat keine einzige Zeile vorab gelesen …. “für immer mit dir”. Was für eine wundervolle Liebeserklärung!

Hat zwar nichts mit der eigentlichen Geschichte zu tun, von der ich schon denke, dass sie in sehr großen Zügen autobiographisch ist, weniges ausgeschmückt und überspitzt wurde.  Ganz ehrlich.
Eignet sich prima zum ab und an Lesen, auch für die Ferien vor dem Zelt, was weiß ich. Greift zu!
Edition Subkultur (als Buch, Kindle & Ebook)
Der Autor Sibbe Rakete ist recht umtriebig, was toll ist. Maler, Malocher, Musiker und Radio & Fanzine macht er auch noch.

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buch: GARY FLANELL – angst vor blauem himmel

Angst vor blauen Himmel” ist der Titel von Gary Flanell’s zweiten Werk nach “Stuntman Unterwasser”. Er selbst ist oder war Fanzine-Macher (Renfield-Fanzine), Musiker, DJ. Euch ist er hier bekannt durch seine famose Split-MC rebok. Yeah. Es finden sich 35 Kurzgeschichten und Gedichte auf 207 Seiten, das ist ne ganz ordentliche Zusammenstellung, bzw ein respektabler Output.
Es geht um melancholische Lappen, DJs, die ihr Programm zusammenstellen, trotzdem ein nie zufriedenes Publikum haben, pubertierende Punks und andere, völlig absurde Geschichten. Völlig, nein, sicher nicht; da steckt jede Menge Leben drin!
Gleich die erste Story “Vom Verschwinden einer Fluse” ist schön schräg, kurzweilig, punkig, ein toller Opener! Weil Fluse anders gemeint ist, als es der Titel verrät.
Die Kurzgeschichten sind mal kurz, erstrecken sich über eine Seite und mal etwas länger, wo sie dann auch mal 5-7 Seiten füllen. Mit diesem “was sie schon immer nicht wissen wollten”, schließe ich die kleine Story an, dass ich das Buch letzten Spätsommer gelesen habe und gerade am Badesee lag, als ich diesen Review in mein Diktaphon sprach. Das höre ich am Rauschen der klitzekleinen Badewellen, die all die Menschen machen mit ihren Gummidingern, wenn sie sich darauf rumwälzen. Das abgefahrenste Teil, an das ich mich erinnere, ist eine Badeinsel auf der mindestens vier Personen sitzend Platz haben. Aufblasbar und groß wie der 7-Meter-Raum vor einem Fussballtor.
Ein Gedicht, welches sehr heraussticht und noch erwähnt sein soll: “Michelle Piccoli Am liebsten ess ich Polizisten”. Wirklich ein Amusement, dies zu lesen.
Ich finde Gary hat einen richtig guten, eingängigen Stil. Es macht richtig Laune seine Geschichten zu lesen! Abwechslung ist immer da, manches mal geht es recht ruppig zur Sache, mal erzählt ein Wal Witze. Ja.
Danke für diese Buch. Wünsche euch auch maximales Lesevergnügen!

Buch gibts von und bei der Edition Subkultur. Und natürlich auch woanders. Da mach ich nur keinen Link für.
Hier sein Facebook-Link.

PS: Ich bin also froh, meine Audionotizen nochmal durchgesehen zu haben, nun steht es geschrieben: kauft dieses Buch.