interview: #1 – The Serration – Thrashmetal, Baden-Baden

Vorklapp:
Nach und nach werde ich – bis Weihnachten – mal alle Printinterviews, auch längst verblichener Bands, hier online stellen. Ich pimp die noch ein wenig, Musik, Links, Fotos. IMMER DONNERSTAGS – zur Tea-Time.Auch die bereits veröffentlichten bekommen einen neuen Termin und werden angepasst.
Alle Ausgaben sind Out of Print und werden nicht wieder aufgelegt.
Ausgabe 13 eventuell in 2026!

Interview:
THE SERRATION (aus Baden-Baden, r.i.p.) geführt im Januar 2014.

Bei BC gibt es nur die beiden Songs, die sie damals auf dem Tape mit veröffentlicht haben!

Ich kenne die Band nun schon eine Weile. Ist mir bisher allerdings entgangen, sie mal live zu sehen.

Mit Mosher, dem Drummer der Band habe ich lange einen Proberaum geteilt und auch zusammen Musik gemacht. Erste Übungen anno 1995 machten wir im exakten Nachspielen des SLAYER-Albums ’Seasons in the Abyss‘. Er konnte das Ding auf den Schlag genau spielen. Irre. Ich versuchte es mit der Rhythmusgitarre.

Die anderen kenn ich nicht, und so war ich gespannt an dem Abend, an dem ich mich aufmachte, sie im Proberaum zu besuchen und mein Mobiltelefon unter die Nasen zu halten.
Doch dann kam alles anders, wie das halt so ist, im Leben, haha!
Der Termin wurde hin und hergeschoben. Am Ende dieser 4 Wochen stand der Ausstieg von Mosher. Nun hingen die beiden verbliebenen Tob und Manuel nicht lange durch, sondern fassten sich ein Herz und suchen also nach einem neuen Drummer!

Also los geht’s: wer bei THE SERRATION die Felle prügeln mag, möge sich melden!

PP:
Erzähl mir erstmal wie lange es euch schon gibt und wie ihr zusammen gefunden habt.

Manuel:
Den ersten Gig hatten wir, nach zahlreichen Transformierungen der Bandbelegschaft, mit fundierterem Auftreten und Sound als The Serration am 25. 06. 2011 in Bühl.
Damalige Besetzung: Manuel Seifermann VOC, Tobias Braun GIT, Christof Stich BASS, Daniel Leite da Silva DRUMS.
Damit einhergehende Fokusierung auf einen einheitlicheren Stil den wir als crust/grind definieren.

Zu diesem Gig wurden innerhalb einer doch sehr knappen Phase von nur 5 wochen 5 nagelneue Songs kreiert. Weitere ausgefeiltere Songs kamen im Laufe der Zeit hinzu wie z.b. mutantred, goldcoffin oder crystalclear.
Anfang 2013 verließ uns unser Bassist, jetzt aktuell hat uns unser Schlagzeuger offeriert, dass er die Band verlassen wird.

PP:
Nach all den „Rückschlägen“, die ihr erlebt habt, hätten andere schon aufgegeben. Was ist es, daß euch motiviert und zusammenhält?

Manuel:
Einfach begründet ist es wohl die Tatsache, dass wir gefühlt unser ganzes Leben nichts anderes machen als Mukke und, dass wir uns in dieser Welt wohl fühlen und gut zurecht finden. Darüber hinaus bockt uns der Schaffensdrang. Für uns ist es das Grösste zu sehen, wie etwas wächst und gedeiht, indem sich alle Persönlichkeiten wiederspiegeln auch wenn es jedes Mal ein hartes Stück Arbeit bedeutet.
Wir stehen einfach hinter dem was wir machen, es ist unsere Identität und Definition.

PP:
Sucht ihr außer einem Drummer auch noch einen Bassisten?

Manuel:
Punkt auf unserer To-Do-List: Trommler finden! Ohne Dirigent kann es nicht weitergehen. Dann die geplante Platte produzieren. Einen Bassisten brauchen wir auf kurz oder lang auch.

PP:
Ich stehe auf euren Song „mutant red“. Ich halte, bei allem Blut in diesem Song, ihn für ein Liebeslied. Auch die anderen Songs sind sehr abwechslungsreich in Tempo, Songwriting und Texten. Was sind denn eure Einflüsse?

Manuel:
Converge, Trap Them, Black Breath, Terrorizer, Entombed, At the gates, High on fire, Watain, Northern Light und die Magie diverser Proberaum-Jams.

PP:
Effekte auf dem Gesang?

Manuel:
Nein.

PP:
Wie kommt man auf die Idee in dieser wunderschön im Rheintal gelegenen Gegend diese Musik zu machen? Es gehört doch eine ganz ordentliche Portion Angepisstheit dazu?

Manuel:
Wir halten uns nicht für angepisster als andere, aber natürlich ist in den Menschen mit denen man solche Musik teilt ein Grundstock an „Weltschmerz“ vorhanden.

PP:
Diese Ausgabe hat das Thema „Grauzone“. Könnt ihr damit etwas anfangen, oder ist euch der politische Teil der Musik weniger wichtig?

Manuel:
Wir haben unseren „Band“-Fokus noch nie darauf gelegt, was nicht heißen soll, dass wir uns nicht damit auseinander setzen! Diesbezüglich haben wir einen klaren, unumstrittenen Standpunkt. Nazis raus aus allen Zonen. Heutzutage wird es immer wichtiger genau hinzuschauen was dahintersteckt.

PP:
Zum Abschluß: Welche Bands aus eurer Gegend sollten wir uns unbedingt anhören?

Manuel:
Lunatic Spirit, Deadborn, WuZeTian, Tulzscha, Down on me, Cruel Friends, Ecliptic Circle, Fuck you and die, no comply

 

 

MC: dvmp – modifizierte schwäche

Hast du Bock auf Geschrei, Gekeife, Gebrüll, Gezeter und dazu Geballer. Eine Drummachine from Hell. Alle Beats werden in eine Umlaufbahn in Lichtgeschwindigkeit geschickt.
Dann bist du bei DVMP ziemlich genau richtig.
Raisermesserscharfe Lyrics mit Rasierklingenriffs.

Superabwechslungsreich, wenn man es denn schafft, sich innerhalb von 1Min49Sek (so lang ist der erste Song „das letzte“) an den sehr guten Sound mit dieser ungestümen Musik zu gewöhnen!
Zwischendurch immer mal elektronische Beats, man wird hin + hergeworfen zwischen Ernsthaftigkeit der Themenauswahl und der Ironie, die darin steckt. Das Unvermeidbare (die Zerstörung des Planeten Erde) und der zu „modifizierenden schwäche“, die man durch persönliche Mit- und Ansprache doch recht einfach regulieren könnte.
DVMP beschreiben das selbst so:

Die Dosis schillernder Abnormität wurde erhöht, die Emotionen arbiträrer denn je kanalisiert, die Grenzen erneut erreicht. Songs über alltägliche sexistische Erfahrungen von FLINTAs, die Ausbeutung menschlicher Gesundheit, den globalen Rechtsrutsch samt seiner zahlreichen horrenden Ereignisse, die Zerstörung unserer Biosphäre und damit das Ende des Planeten Erde. Ebenso gehören Liebe und Resilienz, Widerstand gegen Antisemitismus und das obligatorische Punk-Mantra „Arbeit ist scheisze“ zu den zentralen Motiven dieser 40-minütigen Odyssee durch die von Elektroschrott überwucherte, von Batteriesäure zersetzte Futureviolence-Tundra

Hier also HipHop Beats, dann wieder Maschinengewehr-like-Geballer, das Tempo ist schon echt krasser Shit!
So ne Kombi aus der Schreie aus der Kehle André’s und eben krass schnelle Riffs von Alfi.
Die Texte sollte ich noch besprechen, es sind nur tatsächlich so viele, da könnt ihr doch einfach mal selbst reinlesen bei BC!
Es geht um die Unerträglichkeit des Mackertum, ein Aufruf zur Gottlosigkeit, die Unerschöpflichkeit des Wesen Mensch seinen Planeten zu zerstören. Das alles in verständlichen Formulierungen mit Aussicht auf Besserung!

Coops sind mit: Kim [Bleak Monday], Lena [Captivated / Etterath], Fini & Anna [Black Square], Helen [Shok Güzel] & Nadine [Die Farce Die], smr.tni und Pascal, Iva, Pit [Volume Magazine] & Kaja, Sami [Tyles], Lena und Marc [Maura…but it’s not the name], Maja [Marasm]

Tape gibts bei Puzzle Records. Es ist soooo overwhelming. Ich bin fast erschöpft nach dem Genuß dieses Bretts.
Schon geil. Und die Lyrics wahrlich eine Geschichte für sich.Und im Tape auch alle abgedruckt.

 

MC: blastrufe BRD

Erschienen ist meinem Schlagzeuger die Kassette Blastrufe BRD und er dachte „hej, das wird geil, das besorge ich meinen Kollegen“.
Als ich die Kassette bekam, wusste ich ja, was auf mich zukommt.
Ich glaube, sie nicht so wirklich.
Egal, Hackebeil Records aus Koblenz bringt uns 17 Deutschpunk-„klassiker“ als Hackebeil-Versionen mit ordentlich Prügel und Geschrei.

Mit dabei, wie sollte es auch anders sein, die mir wohl bekanntesten beiden Yac​ø​psæ und Arnø X Duebel. Dazu ein bunter Reigen an Bands, die mir namentlich nichts sagen, und Deutschpunk-Songs, die ich in der Hauptsache auch noch nie gehört habe.
Hörspaß also sehr einfach: ich muss gar nicht versuchen, das Original wiederzuerkennen.

In einer fucking räudigen Aufnahmequalität also hier 17 Knüppelbands, wobei der Titel auch bei SCHLACHTrufe hätte bleiben können. Hackebeil, Schlacht, Geknüppel, das assoziiere ich schon zusammen.
Das Deutschpunkschwein wird also geschlachtet und gecovert werden Bands wie Hass, die Goldenen Zitronen, l’Attentat, Knochenfabrik, Inferno, Rawside, und so weiter.
Es werden eben NICHT Feine Sahne Fischfilet und Slime gecovert.
Das Tape ist als atemlose Oper geschnitten, es gibt keine Sekunde Pause zwischen den Tracks, nach fünf oder so habe ich mich in der Liste der Bands verloren.

Ah ! „i hate hitler“ von den Buttocks kenne ich! Yeeees.
circa 17 minuten Musikgenuß für den Connaisseur.
Geiler Shit.

 

konzert: Distival V im P8 Karlsruhe 31.08.2024

Das Distival fand am 31.08.2024 zum fünften Mal statt. Veranstaltungsort war das P8² in Karlsruhe.
Ein Bericht von Joey Controletti.

 

Seit jeher luden mich Teile des Veranstalter*innen-Trios, meines Wissens der Kern hinter der Orga des Distivals, ein, vorbeizukommen um mit ihnen und den vielen weiteren Mitwirkenden, Helfer*innen und Besucher*innen abzufeiern. Dieses Jahr habe ich es endlich geschafft!

Der Name, Distival, bezieht sich, wie so viele Projekte der Szene, auf die Band Discharge und gibt somit Hinweis auf das musikalische Programm des Festes: Hier wird Grindcore, Crust, D-Beat, Powerviolence etc. dargeboten – also alles härtere, düstere Gangart. Gleichzeitig zeigen die Veranstalter*innen klare politische Kante, was bei manchen Veranstaltungen dieser musikalischen Ausrichtung nicht immer mit inbegriffen ist, manchmal sogar in die komplett falsche Richtung laufen kann. Das Distival hat, für mich ersichtlich aus den Hinweisen auf dem Flyer, ein Selbstverständis formuliert, dass sich gegen jede Art von Diskriminierung wendet.

 

Also nichts wie hin! Anfahrt von Heidelberg zusammen mit .n, einem Alt-Punk, bei dem das Saufen immer noch groß geschrieben wird und der netter und angenehmer nicht sein könnte. Vor Ort hatte ich mich dann mit .s verabredet. Das Gelände war bei meiner Ankunft schon gut belebt. Ein kleiner Skate-Contest an der Miniramp vorm P8² war in vollem Gange, mit Zuschauer*innen, Kommentator durchs Megafon, einem Präsent-Katapult und allem drum und dran, sehr cool! 

Verpflegt wurde man mit vom Café Noir, das vegane Steak-Brötchen gegen Spende war richtig geil! Getrunken habe ich den ganzen Abend über Oettinger alkoholfrei, das ich an dem Abend mit Anerkennung kennenlernen durfte und das ich dem alkoholfreien Schwarzwald Bier, das es sonst immer im P8² gibt, jederzeit vorziehen würde, da letzteres… ihr denkt es euch vielleicht.
.s fröhnte den ganzen Abend über dem Hansa-Pils, natürlich auch ne gute Wahl.

Wir waren den ganzen Abend viel am quatschen, so kam es auch dass wir von Cop an Attitude nur den letzten Song hörten. Klang gut 😀 Nein, ohne Scheiß – besonders der gute Sound/Mix ist mir direkt aufgefallen, man hat alles gehört. Vielleicht gerade weil es das letzte Lied des Sets war, war das Stück bei aller Härte trotzdem getragen und groovig zugleich – da hör ich mal rein! Als nächstes spielten dann Dekonstrukt auf. Im Vorfeld konnte man dem Austausch von Musiker*innen und Mischer entnehmen, dass sich plötzlich irgendwelche soundtechnischen Probleme einschlichen. Das Set war stabil, die Technik labil – insgesamt hatte ich mir aus einer eigenen Erwartung heraus mehr erhofft, hatte ich doch mal auf social Media eine Aufnahme der Band gesehen, bei der sie Open Air vor irgend nem Bauzaun derb und rotzig einen vom Leder gezogen haben. Das hat dann an diesem Abend nicht ganz so wie erhofft auf mich gewirkt. Trotzdem nichts als Liebe – coole Band!

Im Anschluss haben wir uns draußen super nett und tief verquatscht – es waren so viele nette Leute an dem Abend da! (Überhaupt kamen die Leute auch von weiter her, wie schon die Woche zuvor beim Punx-Picnic im JUZ Mannheim.) Dadurch haben wir gleich zwei Bands, Dismalfucker und Captain Caveman verpasst.

 

Wir saßen dann draußen zusammen und haben es uns etwas gemütlich gemacht. Zwischendrin war ich auf dem P8²-Pissior™ als gerade Captain Caveman gespielt haben muss. Es klang einfach nach Bombenteppich mit einem unglaublichen Gekreische. Ich dachte in dem Moment dann „Boah näh“ und wollte lieber ein bisschen entspannen, kann mir aber vorstellen, dass das für manch eine*n das Highlight des Abends war. Azijnpisser fand ich gut, ich kann mich aber nicht mehr erinnern warum, denn ihr Auftritt wurde für mich überschattet oder sollte ich sagen, überstrullt, von Pisscharge. Discharge Referenz geschenkt, Pisse überall – Halleluja, war das ein Fest! Ohne weitere Recherche behaupte ich mal, die Band kommt aus Südamerika, irgendwie werde ich auf die Idee ja gekommen sein. Die Sängerin war cool und gab Vollgas, der Gitarrist ein nett wirkender Hardcore-Dude, der mit seinen Ansagen an unserer koloniale Geschichte erinnerte. Ge-kauft! Der Bassist hat seine Sache sicher gut gemacht und wer dieser Kapelle in mein Herz geholzt hat, war der Drummer. Holla, die Waldfee! So scheinbar mühelos, flink und brutal und mit jeder Menge Spielfreude knüppelte der Gute mir ein Lächeln ins Gesicht.

Nach dem Umbau stand dann auf einmal das Schlagzeug um 90 Grad gedreht zu Bühnenrand. Der Grund dafür war einfach wie einleuchtend: Hinter den Fellen saß eine große, humanoide Schnecke, auf deren Rücken das Schneckenhaus von der Seite natürlich im allerbesten Scheinwerferlicht stand. Das waren Attack of the mad Axeman. Mit in der Band waren auch eine Hummel, ein Yeti (?) und eine Schildkröte. Geboten wurde gradlinigstes Grindcore-Geküppel mit lustigen Ansagen, natürlich aus dem Ruhrgebiet, woher denn sonst. Uns war vor der Bühne schon gut warm, ich hoffe die Boys haben genug Flüssigkeit in ihrer Tränke gehabt, die Kostüme haben in der Hinsicht sicher nicht geholfen.

 

Draußen hatten die Besucher*innen zum Teil nun zunehmend Schlagseite, die Vibes waren dabei nach wie vor gut. Früher am Abend war ich noch .e über den Weg gelaufen, der mit Freude berichtete, dass sowohl der Vorverkauf als auch die Abendkassen- Tickets zur vollen Zufriedenheit der Veranstaltenden liefen.

Wir waren schon gut bedient, als zum Abschluss Japanische Kampfhörspiele die Bühne betraten. Ich hatte die Band mal eine zeitlang vermehrt gehört, habe sie aber in den darauffolgenden Jahren nicht weiter verfolgt. Wahrscheinlich old news, aber der Zweit-Vocalist mit Glatze, der zwischenzeitlich mal die Death-Growl-Parts sehr gekonnt übernommen hatte, ist nun einer weiteren Neubesetzung gewichen. Nachdem sie „Homo sapiens“ gespielt hatten war ich zufrieden und reif für dem Heimweg, auf den ich mich dann auch mit .s gemacht habe. Bei .s hab es dann noch vegane Chili-Cheese-Nuggets aus der Heißluft-Friteuse. Was für ein glorreicher Abend!