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MC: plaeikke – hydrastylez

“Amygdala” ist ein ziemlich abgefahrener Track! Und damit schaffe ich es mal wieder, von hinten her anzufangen. Keine Ahnung, wie man das schafft bei einem Tape! Also schmeiß ich meine Notizen über den Haufen und fang mal von vorn an.
plaeikke hat eine MC rausgebracht via Black Cat Tapes und lautet auf den Titel “hydrastylez”.
Eingangstrack ist dieser hier:

ich fick nicht das game – ich restauriere den bo-o-den

plaeikke steigt mit einem Song in ihr Album, der den männlichen Kollegen wohl ganz klar eine Richtung weist: die Tür. Erzählt aber auch von der Genese dieses Albums, dessen Weg bis zur Veröffentlichung nicht ganz einfach war.
“ralla ralla” ist irgendwie der Party-Track mit spooky Intro, in der sie mit Nachdruck darum bittet, dass sich alle Motherfucker von der Bühne verpissen sollen. Eine Aufforderung zum Abhauen.

Klasse!
Menschen, die kurzweilig von Hiphop unterhalten werden wollen, verstehen das hier ganz sicher nicht. Was ich als schade empfinde, da es sich absolut lohnt immer und jederzeit über seinen Tellerrand rauszugucken. Wie dichtet es plaeikke: “…mit Weitsicht die anfängt bei dir und endet bei deinem ich” – klar, ich reiße das Zitat aus einem Zusammenhang, hört bitte den ganzen Track!
Sexisten in der Szene: muss man eine klare Ansage machen!
Ich mag die Oldschool-Beats, klar nach vorne gebrettert. Keine Umwege, kein Gelaber, keine Fritzelbeats.

Der erwähnte “amygdala” hat einen abgefahrenen Beat von Dr. CrackLE bekommen und ich finde die Sprachlichkeit von plaeikke in diesem Track sehr sehr geil.
Die Reime sind cool, unkonventionell und die Worte werden so verdreht, dass sie sich reimen. Das kann ich an Sprechgesang total gut abhaben, dass eine Freude daran haben kann, das jemand so kreativ mit Worten umgeht. Buchstaben werden verdreht, aber der Sinn bleibt verständlich. Das ist nicht ganz leicht.
Das Tape schließt also mit einem absolut gekonnten Track. Thx!

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fanzine: letzte oelung #3 (kurzgeschichte)

Karl Knochen nimmt uns mit auf die Reise des Protagonisten Eisen. In den beiden Ausgaben vorher waren es einzelne, wenn überhaupt lose zusammenhängende, Short-Stories, nun eine teilweise illustrierte Kurzgeschichte über 56 Seiten.

Eisen wandelt als Wohnungsloser immer rund um oder in Connewitz. Er versucht sich überall wo er kann, mal mehr, mal weniger erfolgreich, einzuzecken. Laut der “unvollständigen Liste derer, die in dieser Geschichte auftreten”, ist er ein abwesender Vater, eheamliger Maler, verhinderter Senfgas-Historiker.
Vermutlich ist er mir dann also in Ausgabe 2 schon mal über den Weg gelaufen, ich kann mich leider nicht wirklich erinnern.
Das illustre Kabinett von Figuren hat Namen wie Surre, Schwarze Viola oder Lederkröte.
Karl Knochen hat eine eingängige und doch differenzierte Sprachlichkeit für seine Geschichte gefunden. Und er beschreibt Zustände trocken und ehrlich:

Die Menschen eilten vorüber, sie sahen nicht, dass er kein Geld hatte, sie sahen an ihm vorbei, weil er kein Geld hatte.”

Karl, den Autor, findet ihr bei Instagram oder direkt per Mail
Würde mich freuen, wenn ihr seine Kurzgeschichten lest, eine hat er auch schon mal in Ausgabe #8 der Postille rausgebracht, ich freue mich schon auf die nächste(n) Geschichte(n).

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LP: telesatan vs. dispo – split

Habe ich euch schon mal erzählt, dass es mir total Spaß macht erstmal rauszufinden, ob eine Platte auf 33 und auf 45 rpm läuft? Jedenfalls, die Split LP von Telesatan und Dispo ist so eine!
Wenn man das auf 33rpm laufen lässt, hört sich an als würde ne Doom-Combo versuchen Punkrock zu machen! Wenn man die Platte dann auf 45rpm laufen lässt ist es 70s Rock und den Sänger der Beastie Boys schreit einen an. Nach der dritten Noise-Eskapade vermute ich eine Frau am Gesang.
Wilder Garagepunk mit heftigst Feedback und tierisch Bock auf Lärm!
Telesatan also mit neun Songs in mehr englischen als deutschen Texten. Schöne Titel wie “yuppie preacher” “finanzamt” “respect the rock”.
Platte ist von Nov. 2021, ich hab sie halt erst neulich bestellt. Inzwischen gibt es ein aktuellen Digi-Demo “behave!

Das Inlay ist total cool aufgemacht. Wirklich! Ich kann es nur nicht wirklich lesen.
Das Coverartwork ist auf jeden Fall von Ricaletto, ganz hübsch, nech!
Ich dreh mal die Platte rum, Dispo lauern. Auf der Frauenstimme ist etwas weniger Verzerrung, als bei Telesatan. Das mag an der Sprache liegen, dass es besser verständlich ist, ist mir trotzdem fremd. Ist der erste Song “Zmartwienia” auf polnisch? Sonst gibt es deutsche Texte auf die Ömme. Ziemlich angepisster Garagepunk. Wandelnd zwischen einer Kackophonie an schlechten Tagen für mein Gehör. An meinen guten Tagen ist Dispo echt ne Abrissbirne!
Die beiden Bands sollten auf gar keinen Fall verraten, was sie machen und sich überall bewerben. So Sommer-OpenAir-Rockfestivals und so’n Zeug. Und dann: BOOM!

Und wenn der Mischer schreit “macht mal leiser” muss man es lauter machen.
Ganz großartige Scheibe, beide Bands wohl aus Leipzig, erschienen im Hause des Noise Phantom Records. Gibt es bei Apocaplexy zu kaufen oder auch bei X-Mist.

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buch: der letzte Punk (Abo Alsleben)

Abo Alsleben hat mir sein neuestes Buch “Der letzte Punk” zugeschickt.
“Hallo Fexlix” schreibt Abo. Er würde sich über eine Rezension “der letzte Punk” freuen.
Ich hatte schon wahrgenommen, dass er dieses Buch geschrieben hat. Vor ein paar Jahren habe ich natürlich “Satan , kannst du mir noch mal verzeihen” gelesen über Otze Ehrlich (gestorben 23.04.2005).
Und das las ich nur, weil ich vor… 15, 18 Jahren? mit einem Kollegen bei einer kleinen Fernsehserie abends im Hotel saß und wir quatschten. Er hat keinen linksversifften Background, ist aber in der DDR groß geworden. Er sprach mit auf mein Punk sein und Otze an. Ich fragte natürlich erstaunt zurück, woher er den denn kennt. “Den kannte doch jeder”.

Abo Alslebens Buch “der letzte Punk” eine fiktive Geschichte von Öse, dem Schlagzeuger (anfangs) von SK.
Klar, die Person ist bekannt, nur die Personen um Öse herum, sind sicherlich eine Mischung aus verschiedenen Charakteren. Jedenfalls hat sich Abo aus diversen Quellen, so auch oben erwähntem Buch, zusammengesammelt und eben eine fiktionale Geschichte erzählt. Im Anhang werden diese transparent gemacht.

Öse legt vom ersten Wort an ein negativ dekandentes Verhalten an den Tag und gibt sich dabei ahnungslos. Erst nach ein paar Kapiteln stellt sich heraus, wer da eigentlich der Ich-Erzähler ist. Da ich Otze’s Geschichte kenne, weiß ich, wie diese fiktionale Story ausgehen wird; oder hat sich der Autor evtl. einen “Tarantino-Kniff” ausgedacht und die wahre Geschichte verändert?
Öse wird mit Bruder und Eltern auf einem Hof in Thüringen groß. Die Kapitel sind sehr kurz gehalten. Meist geht es um kleine Erlebnisse rund um Öse’s Harakiri-Verhalten. Sich selbst etwas beweisen zu wollen. Es ist eine wahnsinnig kerlige Geschichte über einen Punk-Macho (ich meine nicht: Sexist!).
Er hat, nachdem er Punkluft geschnuppert hat, nur noch ein Ziel: der bekannteste Punk in der DDR zu werden. Anerkannt zu werden.
Als die, im wahren Leben Schleimkeim genannte Band, Schmeißkeim eine Split LP aufnimmt und herausbringt, ringt Öse zwischen Kapitalismus und Starallüren.
Für mich funktioniert alles an diesem Buch gut! Die Erzählweise, die Kurzweiligkeit, der völlig normale “Ton” der Worte. Der Witz, das Drama, dass holt man sich allein aus dem geschriebenen Wort. Ich lese jedenfalls keine persönliche Beurteilung daraus. Es geht ums Verdroschen werden, ums Austeilen, Saufen, Exzesse mit Alkohol und Lärm, das Lügen gegen den Staat. Das Herumlavieren um seine eigenen Ziele zu erreichen, dass Zerbrechen an der Umstellung des Systems – so hatte sich das keiner gedacht oder gewünscht.
Was mich immer nachhaltig beeindruckt ist, dass der Kerl mit seinen Kumpels hingegangen ist und seine Instrumente selbst gebaut hat, nicht nur das, selbst bauen musste. UND: seine Aufnahmetechnik mit zwei Tapedecks 4-Spur-Aufnahmen zu generieren; geil.

Ich finde, Abo stellt das sehr anschaulich dar, mit wieviel Blauäugigkeit Öse (Otze) da Anfang der 80er unterwegs war, in seinen Anfangstagen mit Punkrock. Klar kann man sich immer darüber streiten, ob dieses oder jenes Ereignis im Buch hätte mehr Beachtung finden müssen.
Das mach ich nicht. Das Buch ist gut, wie es ist!

Das Buch bekommt man bspw. bei black-mosquito oder Laketown Records oder beim Autor direkt.

PS: Das Ende meiner Geschichte und Verbindung: Man stelle sich vor, sogar in Baden-Baden ist/war Schleimkeim angekommen (ca. 1993/94) und von einer mehr Emo als Deutschpunkband gecovert worden.
Ist halt einfach auch ein megacooles Riff!
In die Kneipe zur trockenen Kehle

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MC: the Harry Anslingers – go tranquility base

In einem gelben Case kommt eine wilde Garage Punkband namens the Harry Anslingers. Es heißt “go tranquility base”, hat ein seeehr kleines Booklet.
Bei der Band handelt es sich um ein Trio, die Prime Crew, insgesamt sieht das so aus: g. g. anslinger (drums, vox), davee damage (bass, vox), rudy reefer (guit, vox). Die Mission Control haben übernommen: jean-baptiste meyrieux (recording, mix), dr.magneto (master), le hauptkevin (artwork). Mensch versteckt sich also hinter lustigen Nasa-Namen, erfunden wie wirklich; denn Harry J. Anslinger hat irgendwas damit zu tun, aber in der Hauptsache war er der Motherfucker, der Hanf weltweit verboten und verteufelt hat. Dafür an Experimenten zu einer Wahrheitsdroge beteiligt war. Wie kann man sich nach so einem Deppen benennen?

Egal. Die sieben Songs gehen ab, wie ne Rakete, von Tranquility nicht die geringste Spur. Erinnert mich hart an die Hives oder die Shocks. Cool, nach vorne (ein)gespielter, Garagepunk, Gesang überdreht, ordentlich Spaß in den Backen. Das Ganze wohl ein Konzeptalbum. Viele Samples vor- und zwischen den Songs. Gute Breaks, Wechsel.
Anspieltipp “upside down & out” mit der großartigen Bassline!

Die Band hat back in 2018 ihr erstes Demo rausgebracht. Seitdem konstant MC’s bzw auch eine Split 7Inch veröffentlicht. “go tranquility base” kam im Juni raus, erschienen beim wunderbaren It’s Eleven Records Label. Auch wieder dabei: die Label-Band-Sammelkarte.
Vielleicht kann man dann irgendwann die It’s Eleven vs Amsa Tradecard Sammlung gegeinander antreten lassen! Was für Nerds.