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MC: gosse – demo 2023

Dieses Tape hörte ich mich kurz vor dem Jahreswechsel an.
Gosse hatte ich mir bei Raccoone Records zum Oiro Tape “ratatatata” dazubestellt.
Cool. Die Sängerin scheint stimmlich directement aus der Punkrockhölle zu kommen und hat uns so einiges Mitzuteilen.
Ob es nun um Mainspaining “keep your piece”, die Auswirkungen des Allein-seins “grinding teeth” oder dem, was bleibt, nachdem die so calles friends einen Abflug gemacht haben “how did i get there?”

Für ein Demo ziemlich cool gespielt und aufgenommen. Ich weiß nichts weiter über die Band, wie alt sie sind oder so. Auch egal. Klasse Hardcorepunk. Garage-Punk. Kurze, knackige Songs, auf den Punkt gespielt.
Anspieltipp “ACAC (all cops are cops)” ein bisschen was für den Nietenpunker. Liebenswert. Es geht mir allerdings auch recht schnell auf den Zeiger.
Gosse aus Aachen kommen nach kurzem Anspiel in den Songs dann in ein höheres Tempo. Das macht irgendwie Bock!
Neun Songs in Coop von Raccoone Records und Chopped Off Records rausgebracht.

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LP: oiro – ratatatata

Es kommt mir vor, als wäre es gestern gewesen, dass ich den letzten Release von Oiro hier frisch durchgehört habe.
Wahnsinn. Oiro haben mit Drumcomputer den musikalischen Jungbrunnen entdeckt. Zwei Jahre nur, nach “coole Narben” nun also “ratatatata”.
Und die große Frage: muß man über eine Band, die es schon weit über 20 Jahre nun gibt, eigentlich noch etwas sagen? Besetzungswechsel, dies das. Neue Songs und die Veränderung?

Was sie nun definitiv für mich nicht mehr sind: die einzige Punkband, und auch keine Mofapunks. Aber hej, wer will das wissen; bzw. wen interessiert meine Meinung dazu?
In ihrer langen Bangeschichte haben sie von fast schon noisiger Gitarrenpunkmusik zu Synthpunk nun das Genre quer durchgeackert.
Es ist klar, Oiro, Carsten erzählt seine Stories weiterhin in manchmal zusammenhanglos wirkenden Sätzen, dazu ein wummernder Bass und eine schrammelnd schrubbende Gitarre.
Die Länge der Songs variiert auch so stark, von eineinhalb Minuten bis zu vier!
Macht immer noch total Spaß.
Beim zweiten Track “ACDC” meint Carsten textlich doch Kiss? Und ja, er singt es zumindest auch.

ich hab mich geschminkt wie ACDC
fick dich, Goodbye

Bei “Handgranate” kann man inzwischen fast davon sprechen, dass sie die deutsche Antwort auf die Sleaford Mods sind. Songtitel von Hammerhead, grins.
Es ist und bleibt aber Oiro.
“Alte Welt”, da spricht mir der Texter ausm Herzen. Sobald man irgendwie älter wird, kriegen so vielen den Kopf nicht mehr ausm Arsch. “wir warten unten vor der Tür und mischen die Farbe wieder an”. Nicht stehenbleiben und nicht ins Gegenteil zu wandeln. Seine Haltung nicht dahin zu ändern, dass man plötzlich Argumente aus dem letzten Jahrtausend anbringt. Danke für dieses Stück!
Mit der Gesamtspielzeit merkt man schon, dass da etwas weniger Melodien auf der Gitarre sind, als früher noch. Reduzierter auf das Zerstören der Akkordstruktur. Die Stücke repetitiver.

Ich denke, mit Drumcomputer schreibt es sich schneller Songs, das nächste Album kommt dann in eineinhalb Jahren. Aber: spielt doch mal mehr!
Kommt mal wieder im Südwesten hier durch. “Neulich” in der Hackerei war doch schön!
Tape in Gold. Raccoone Records. Platte in schwarz und transparent. Majorlabel.

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LP: neon neon – rot

Neon Neon sind eine neue Band aus Bremen.
Roberta am Gesang, weil sie bei den wunderbaren Postford gesungen hat (?) gibt es die noch? Nun macht sie mit Neon Neon ziemlich coolen midtempo NDW-Punk. In meinen Ohren klingelt da ordentlich die Neue Deutsche Welle durch. Ideal, Bärchen und die Milchbubis, sowas eben. Auf der andern Seite ist es sehr Beatorientierte Musik. Die Texte zeimlich schlau und haben so gar nichts poppiges oder spaßiges, was man ja gerne mal in der NDW gefunden hat.
Schönes Artwork in dem Orangerot. Wie auch das Vinyl, und das weiße Cover in eben jener Farbe auch bedruckt. Die Gitarren sind ausführlich, dudeln aber nie, Bass und Drums spielen sehr tight zusammen.
Roberta, Britta, Daniel und Jakob aus Bremen bringen euch also trockene, tanzbare Post-Punk Musik auf den Plattenteller. Tatsächlich strotzt dieses Album nur so vor hörbarer Tracks, kein Ausfall dabei!
Über die Lyrics, die sehr persönlich gehalten sind, Eindrücke aus den Städten, der Umgebung in der sie sich bewegt, zeichnet Roberta aber auch ein Bild der Gesellschaft und übt Kritik.

Eine Gemeinschaftsproduktion von Break The Silence Records, Raccoone Records und Tofu Neon Records.
Kommt mit Textblatt.

Btw: Roberta macht auch bei BSIDES-Paint Siebduck.

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MC: lügen – III

Ich bin traurig; nimm die besten Momente von Oma Hans, von Oiro, dann gibst du einen ordentlichen Schuss minimalistischen NDW-Punk dazu. Garnierst da musikalische Mahl mit cleveren Texten als Topping. Mit so viel Inhalt versehen, dass man einen Moment braucht, um da richtig reinkriechen zu können. 
Das ist insgesamt keine schwere Kost, eher manchmal etwas sperrig, was Lügen da so machen; vielmehr: machten.
Denn die Band hat sich mit diesem Release aufgelöst.
Einige haben schon ihre kleinen Reviews, ihre Texte des Bedauerns zu dem Verschwinden von Lügen zum Ausdruck gebracht, ich frage hier nach dem Warum!
Ich weiß, Warum-Fragen zu stellen ist nicht schlau, man bekommt meist keine zufriedenstellende Antwort.

Lügen fragen nicht warum. Sie stellen fest. Respektive Sabrina, die Sängerin und Texterin, macht das sehr deutlich mit ihren Texten. Gegen die Menschen, die meinen, der Staat zu sein und dies durchdrücken wollen. Die Trauer um Menschen, die zu früh aus dem Leben scheiden.
Für mich der, wie soll ich das sagen, berührendste Text, der mir selbst am meisten gibt, weil man als Mann noch so sehr versuchen kann im Familienkonstrukt mit Partnerin und Kindern der Partnerin viele Freiheiten zu lassen, man scheitert oft genug selbst daran. In “selbstunterschätzungssyndrom” beschreibt Sabrina jene Frauen, die diesen familiären Weg nicht genommen haben, und für diesen auch schlicht und ergreifend auch gar nicht kämpfen wollen oder müssen.
Sie wollen so sein dürfen, wie sie sind und dabei selbst auf keinen Fall unterschätzen müssen.
10 Songs voller Botschaften, dahinter kleine Geschichten.
Drittes Album, eine 7inch, von 2016 – 2022.
Lügen – III

Es ist nicht alles Freude. Das muss es auch nicht sein. Kritik ist keine Freude. Deswegen können manche Aussagen ganz schön nach unten ziehen. Man darf sich aber nicht nach unten ziehen lassen; so sehe ich das zumindest.
Und stehe sozusagen staunend vor den klaren, wenig freudigen, wenngleich treffenden, Aussagen von Sabrina.

deutschland, wenn ich durch deine straßen geh
bin ich mir sicher, dass nichts hier sicher ist
außer dass tot
ein lebensstil sein kann
(outro)

Dieser Song “outro” befindet sich in der Mitte, sehr weise an Position fünf gesteckt.
Zum Abschluss, ich ende mit einem Track der 7inch, die ich hier mal reviewed habe, mit dem Video zu “Pauls Penis” entdeckt. Ein Song, der mit dem Alt-68er-Patrichariatsmissverständnis aufräumt, “freie Liebe” ist nämlich eine Einbahnstrasse.

Lügen verabschieden sich mit den Worten “Bullerbü is immer noch abgebrannt und nichts muss bleiben wie es ist.”
Zu haben ist das Tape bei Bakraufarfita oder auch Raccoone Records.

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LP: marode – risse

Marode überraschen mich mit direkt mit/bei  ihrem ersten Song “die Dummen”, der mich sogar nicht aus den Socken haut, weil aber auch alles, also das Riff, das Songwriting und die Melodie, die dann gegen Ende doch kommt, ich lange erwartet habe, mich echt nicht vom Hocker reißt. Es ist sogar so, dass diese Platte bei mir erstmal am Ende des Rezistapels gelandet ist. Erschienen ist sie bereits im Sommer. Aber das ist mehr so Herbstmusik!
Marode spielen laut Eigenaussage “… alten punk in einer kaputten welt. mit gebrochenen stimmen und verrosteten instrumenten. keifen und singen über verwahrloste menschen und zustände.”
Je länger die Platte läuft, umso mehr Licht erscheint aber am Ende des Tunnels, um es mal so dichterisch auszudrücken. “herrlich destruktiv” zum Beispiel ist ein Song über die junge Sincht der Punx auf die alten Punker. Was sie früher mal alles wollten, was man selber alles will und dann ist man überrascht, dass die Alten dann doch anders werden. Nach dem Motto Ehefrau/Kinder/Reihenhaus leben.

Es ist dann doch ziemlich abwechslungsreich. Zwei Männer singen und spielen Bass und Gitarre. Sie wechseln sich ab, was mal keifend klingt, mal erzählend. Hat was von …but alive, amen 81 oder außer ich. “brügge” ist dei erwähnte herbstlich angehauchte Punkmusik.
Die Songs sind durchweg kurz, doch meist gibt es viel zu erzählen und die Lyrics echt ausufernd. Was ich tatsächlich richtig gut finde!

Die grauen Häuser werfen Schatten auf die Seele, an der Bushaltestelle wartet niemand auf die verpasste Gelegenheit

Gestrandete Männer stehen wie braune Flaschen zusammen an der Ecke beim Spar-Markt, mißmutig beäugt von gebundenen Frauen und ihren Männern auf dem Weg zur Arbeit

Die Buchstabensuppe schmeckt nach faden Wörtern und nach: Da kann man halt nix dran machen, ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, nur harte Arbeit

Das “gruselige Lied”. Megagut!
“Bizarroworld” total angepisst und das Rad wird hier im Sinne der 80er Jahre nochmal in 1Min04Sek ordentlich im Kreis gedreht. “pennen” ist sogar noch kürzer. Toxo und Andi wechseln sich da echt super ab, während sie von ihrer Drummerin nach vorne geprügelt werden.
Wütender Drei-Akkorde-Punk mit ab und an rechts dystopischen Lyrics, die aber nicht in totaler Düsternis münden.
Auf die ganze Länge der Platte funktioniert das super! Man gewöhnt sich an windschiefe Rumpeligkeit. “falsch und klein” ist ein super Anspieltipp.

Sie reimen konsequent alles und passen das auch noch in ein Versmaß, da hat jemand bei den Gedichtinterpretationen gut aufgepasst, wobei auch das nicht zu oll daherkommt. Sie haben eine sehr eigenwillige Art & Weise dann Textteile dorthin zu setzen, wo sie sonst keiner singen würde, wo man sie nicht erwartet. Marode machen also Musik wie viele Bands schon vor ihnen, und suchen die Abwechslung, das Eigenwillige in derart Kleinigkeiten.
Diese Drei-Akkorde-Wut mit den passenden Texten ergeben ein rundes Gesamtbild!
Zwischen den Themen “was ist geblieben”, Egoismus in der Gesellschaft, Stillstand, Alkoholmissbrauch bleiben “Sätze mit aber”, was einen wirklich guten Schlusspunkt setzt. Plätschert so aus. Habe das das Gefühl, dass diese Song eine erzählerische Klammer darstellt. Wie der Strich, der sich durchs ganze Booklet zieht, zusammenführt, zusammenhält. Am Anfang ist das Ende und umgekehrt.

Fünf Labels RilRec, Raccoone, Attack Records, Schorrie Morrie Tunes und Violent Heartbeat haben “Risse” herausgebracht. Klasse Artwork! Viele Risse im Beton, viel Verblichenes.

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MC: oiro – coole narben

Wer n Tapedeck hat, ist klar im Vorteil. Den nutzen Oiro für sich aus und werfen, (oder warfen, weil auch schon ausverkauft?) einen Appetizer auf den Markt, bevor die Platte im Mai dann endlich erscheinen wird.
Oiro haben sich enorm gesundgeschrumpft und spielen ohne Trommler eine Platte ein, die dort anknüpft, wo die letzte “Mahnstufe X” ihre unverwüstlichen Spuren hinterlassen hat.
Zu dritt, Akki und Jonny Bauer sind noch am Start, dazu Don, der schon bei der “Meteoriten der großen Idee” mit dabei war.
Immer noch, großartiges Video!

Habe das Album also schon gehört. Ist gut. Gönnt euch! Tape gibts bei Bandcamp eins (! – Stand 01.03.) oder bei Raccoone Records (da gibt es noch ein paar UND einen Soli-Verkauf für Genoss*innen in der Ukraine)
Ein paar Konzertdates gibt es auch, bin wirklich gespannt, wie die Band das nun auf die Ketten kriegt, ihren Sound zu reproduzieren un dob das funktioniert. Klar, vielleicht werden auch einige Hits fehlen, aber macht ja nihx, ist ja Oiro nicht die Rolling ACDC’s.