Vorklapp:
Nach und nach werde ich – bis Weihnachten – mal alle Printinterviews, auch längst verblichener Bands, hier online stellen. Ich pimp die noch ein wenig, Musik, Links, Fotos. IMMER DONNERSTAGS – zur Tea-Time.Auch die bereits veröffentlichten bekommen einen neuen Termin und werden angepasst.
Alle Ausgaben sind Out of Print und werden nicht wieder aufgelegt.
Ausgabe 13 eventuell in 2026!
Interview WE HAD A DEAL
Plötzlich stürzte diese Band in mein Gehör. Nein, eigentlich zuerst in mein Auge. Denn ich sah die Split 7inch mit Coma Regalia irgendwo im Äther schwirren und griff zu. Ein paar Tage später war dieses wirklich toll und aufwendig gestaltete Stück Kunst bei mir. Ein Kartonringbuch mit einem Cover von schwarzer rand, der bspw auch schon Arbeiten für Pascow oder A Tidal Sleep gemacht hat. Aufgeklappt mit eingeklebtem Booklet und der Single.
Ich konnte also nicht anders, als Micha von WE HAD A DEAL anzuschreiben und ein paar Fragen zu stellen:
Micha:
Wir sind eine vierköpfige was-auch-immer-core-Band bestehend aus Serkan am Bass, Uli an der Gitarre, Sascha am Schlagzeug und mir, Micha, am Gesang, wenn man Letzteres so nennen kann.
PP:
Auf Eurer schönen, aber auch knapp gehaltenen Homepage, kann man erfahren, dass ihr 2008 das erste Demo rausgebracht habt. Wie lange gibt’s Euch denn schon? Immer noch in derselben Besetzung?
Micha:
Sagen wir mal so, uns gab es schon etwas vor der ersten Demo. Allerdings mit wechselnder Besetzung und wechselnder „musikalischer Ausrichtung“. Seit dem Dialectics-Album vor ca. zwei Jahren ist die Besetzung und „Ausrichtung“ allerdings konstant geblieben und das ist dann We Had A Deal geworden. Bandvorstellungen, Biografien und solche Sachen liegen uns nicht besonders, deswegen ist die Homepage so knapp gehalten. Sich selbst zu beschreiben ist ja auch immer irgendwie mit Eigenwerbung verbunden und dafür ist uns leider das namhafte Managerteam von Helene Fischer durch die Lappen gegangen. Schade eigentlich, ein Keyboard und ein E-Drumset hätten wir schon in petto gehabt.
PP:
Ja, schade. Ihr macht die Musik und Helene fliegt über euch hinweg und lautem Gekreische…… Das heißt wohl, ihr habt euer Marketing selbst in der Hand! Und so kommt es, daß viele kleine Labels an euren Platten beteiligt sind.
Micha:
Prinzipiell finden wir es immer besser, mehrere Parteien zu involvieren. Dass das dann vielleicht vergleichsweise „kleine“ Labels sind, ist auch so gewollt. Wir fühlen uns mit der Band mehr in der DIY-Ecke zu Hause, mögen die Platten, die sonst noch bei den Labels rausgekommen sind, und freuen uns, da dann auch selbst rauszukommen. Das macht für uns als Band mehr Sinn so. Mit vielen davon stehen wir ja auch vor oder durch die Platten in regem/engem Kontakt. Auch wenn’s langsam ausgelutscht klingt, aber Do-It-Yourself finden wir schon wichtig. In der Regel organisieren wir alles um die Platten rum selbst, ich gestalte die Artworks und regele allen anderen Organisationskram. Das ist zwar aufwendiger, verbessert aber das Gefühl nochmal um einiges, die Platte am Ende in der Hand zu halten und zu wissen „das ist meins“.
PP:
Mit wem hattet ihr denn einen Deal und warum ist der hinfällig? Sprich, wie kamt ihr auf euren Bandnamen?
Micha:
Jaja, die Deal-Sache. Wir haben unseren Namen nach einem Onelinedrawing-Songtitel gewählt, weil wir etwas haben wollten, unter dem man sich musikalisch nichts vorstellen kann, wenn man den Namen hört, und wir alle gerne im alten Proberaum die Jade-Tree-Sampler gehört haben, auf einem davon war der Song drauf. Außerdem fanden wir, es würde irgendwie deprimiert klingen und daher zur Band passen… und „My bloody murder dwells in the death of autumn’s darkness“ war einfach irgendwie zu lang. Dass das auf einen echten „Deal“ bezogen wird, das ist uns unglücklicherweise erst später aufgefallen. Aber mit Bandnamen ist das ja so eine Sache. Nach zwei Monaten würde man ihn am liebsten wieder ändern, weil man fünf neue Vorschläge hat, von denen man jetzt viel überzeugter ist. Das ist glaub ich immer so. Von daher bleiben wir jetzt einfach bei der Deal-Sache.
PP:
Vieles in Euren Texten ist mehr Poesie als die üblichen Reimschemata und Versmaß. Manchmal wirkt das auf mich wie ein vertontes Gedicht. Dadurch hebt ihr euch ab von all den oft genug inhaltlosen HardcoreBands. Wer schreibt die Texte?
Micha:
Danke für das Kompliment. Die Texte schreibe ich, mit Reimschemata tue ich mich dabei ehrlich gesagt echt schwer. Das Ganze möglichst bildlich zu halten, liegt mir glaub ich mehr. Die Anderen geben mir da ziemliche Narrenfreiheit, lassen sich aber die Texte vor den Aufnahmen geben und teils erklären. Das macht das Ganze etwas einfacher, weil ich weiß, dass ich „singen“ kann, was ich möchte, aber wenn es völliger Quatsch wäre, mit dem die Anderen nichts anfangen können, würde sich rechtzeitig jemand melden. Die Texte von Anderen zu singen wäre irgendwie seltsam, weil sie ja nicht direkt was mit mir zu tun hätten.
PP:
Habt Ihr eine klare Aufteilung, was das Songschreiben angeht?
Micha:
Bis auf „Musik = alle“ und „Texte = ich“ gibt’s eigentlich keine richtige Aufteilung. Wer Ideen hat, bringt die zur Probe mit und wir schauen, was den anderen dazu einfällt bzw. was man damit bauen kann. Im Normalfall sind alle Texte schon fertig bevor wir die eigentlichen Lieder schreiben. Die Musik dazu entsteht in der Regel später im Proberaum von allen gemeinsam, was manchmal etwas zeitaufwendig sein kann, aber auf jeden Fall sicherstellt (jedenfalls haben wir das Gefühl), dass alle ihre Ideen einbringen können und am Ende mit den Liedern zufrieden sind. Oft sind es ja auch zusammenhängende oder sich aufeinander beziehende Texte. Weswegen ich dann mit zig ausgedruckten Texten im Proberaum stehe und überlege, welcher jetzt passen könnte oder wie man welchen Text ändern müsste bzw. wie wir die Musik zusammenbauen müssten, damit ich den Text auf die Musik packen könnte. Wir schreiben relativ lange an Liedern, weil wir ständig etwas umändern bis es für alle so Sinn macht. Von den meisten Liedern haben wir mehrere unfertige Versionen über die dann ganz wie im Debattierklub diskutiert wird. Neue Musik entsteht im Normalfall blockweise. Also wir wissen, dass wir was aufnehmen wollen, und schreiben dann Songs. Wenn die Platte fertig ist, ist erstmal wieder gut mit Debattierklub und ich schreibe schon mal die nächsten Texte. Aber ich denke, das machen die meisten anderen Bands ähnlich.
PP:
Man merkt, ihr habt etwas zu sagen, eine Meinung. Ihr bedeckt Worte mit gesundem Lärm, empfindet die Erde als flach und hasst, was „Du“ tust. Ist natürlich alles etwas aus dem Zusammenhang gerissen, wie das so ist, mit Zitaten. Doch immer wieder scheint ein Augenzwinkern durch.
Ist das Leben Schön? Die Realität möglich?
Micha:
Gute Frage, vielleicht könnte man sagen: Es kommt darauf an. Die Texte sind ja in erster Linie persönlich gehalten und da gehört sowas wie eine Meinung und eine Aussage auf jeden Fall immer dazu. Denn auch wenn wir das Politische in unseren Songs nicht immer explizit machen, steckt es doch immer drin, eben in Metaphern und Bildern verpackt. Eine gewisse zweiflerische Grundstimmung und hoffentlich eine spürbare Attitüde sind uns also auf jeden Fall wichtig. Vielleicht könnte man sagen, „positiv pessimistisch“ trifft es ganz gut. Augenzwinkern ist auf jeden Fall trotzdem das Unverzichtbarste aller Utensilien gegen allzu kryptische Lebenseinstellungen. Sich selbst nicht zu ernst zu nehmen ist definitiv gesünder. Wenn das alles dann für jemand anderen Sinn macht, sie_er sich da andocken kann und was für sich rausziehen kann, ist die Operation geglückt. Sich im Selbstmitleid suhlen, so völlig ohne (Selbst-)Ironie, kann funktionieren, wird auf die Dauer aber auf jeden Fall nervtötend. Die Texte sind trotzdem meistens nicht gerade positiv oder optimistisch. Aber das würde anders für mich persönlich auch nicht funktionieren. Wenn es mir gut geht, bringt es mir selbst nichts, das aufzuschreiben, da fallen mir passendere Beschäftigungen ein. Frustration in Texte zu verpacken, hilft dagegen ungemein.
PP:
Wie geht’s weiter bei Euch?
Micha:
Im Moment arbeiten wir an unserer eigenen Parfümmarke, studieren fleißig Sambachoreographien ein und wir bringt zu Weihnachten unsere neue Kleiderkollektion für Hunde mit Arthritis raus. Ist das erstmal geschafft, wird im Frühjahr dann zusätzlich eine neue Platte mit 7 Songs drauf rauskommen. Dazu gibt’s dann einige Konzerte übers Jahr verteilt und die eine oder andere Tour.
PP:
Ich freue mich drauf, mehr von Euch zu hören! Danke für das Interview und noch die abschließende Aufforderung: gibt’s noch mehr hörenswerte Bands in eurem Umfeld?
Micha:
Ja, gerne doch. Also, außer den unsäglichen PUR kommen aus der (nicht immer geografisch unmittelbaren) Ecke auch noch:
rêche – I Refuse – PSSGS – Reznik Syndrom – Mahlstrom – Kyrest – French Nails – The Tidal Sleep – Hell&Back – Kuballa – Akela – An Early Cascade –
Sending Lights – Younger Us (in fetter Schrift die, die es noch gibt. Bei den andern sind manche Releases schon 6, 7, Jahre her. Jedenfalls jede Menge, in was ihr reinhören könnt)
…und noch ein ganzen Haufen mehr, die ich hier jetzt sicherlich vergessen habe.
