LP: berlin 2.0 – kaltental

„kaltental“ ist ein stiller Vorort – so könnte dieser Text beginnen.
In Stuttgart gibt es, denke ich, keine ruhigen Vororte, es leben dort einfach unfassbar viele Menschen auf eingstem Raum mit unfassbar vielen Autos. Jedenfalls so mein Eindruck aus den paar Monaten meines Lebens, die ich dort verbracht habe. Klar, meist im Kessel. Da wo irgendwie alle rumlummeln.

Wie auch immer, das wird etwas länger hier:
ich hab tatsächlich drauf gewartet, was da an neuen Songs kommen wird. Hörte von Besetzungswechseln. Dann Studio.
Dann kamen die ersten Singles. Erst „keine erlösung“, was auch der erste Song auf dem Album ist -ein super Opener. Ein, so sieht es aus, teilweise KI-generiertes Video, und ein Lied, dass klar den Gedanken von der Hitsingle des Vorgängeralbums aufgreift.

getaktete Schritte
10000 am Tag
Bauch Beine Bindungsstörung
Homeoffice im Sarg
Gibt es Wi-Fi in der Hölle

Guter Song, „irgendwie wird das anders“, dachte ich so bei mir.
Also wartete ich die nächste Single, den nächsten Song ab.
Und da waren sie: die Keyboard-Bläser. Gepaart mit Hardcore-Shout, dann Pop. Irre.
Präzise Lyrics.

Und Sängerin Elena als moderne Jeanne d’Arc.
Als dann das Album hier eingeflattert kam, aufwendig gestaltet, schaut sie ernst aber melancholisch in die Kamera.
Das ist schon ziemlich cool.

Poetische, linke Texte, die die momentane, nicht nur weltlichen, sondern auch sozialen Konflikte echt richtig gut widerspiegeln, auf den Punkt bringen.
Sei es in „AZ“ – eine Aufforderung!
Oder in „pflugscharen zu schwertern“

endspiel ideologie
erst kommt die angst
dann die regression
ein ganzes volk braucht therapie

hin zu einem Song über die französische Revolution „1789“

sie haben das geld
und wir die guillotinen

„panzerliebe“ ist ein wirklich spannender Song, doch je länger die Platte läuft, desto mehr spüre ich, dass Berlin 2.0 einen geradezu ausufernd anderen musikalischen Weg sucht, den sie mit „scherbenhügel“ begonnen haben.
Übrigens „scherbenhügel“ auch eine klare Remineszenz an Stuttgart, den Monte Scherbelino, ein Berg, der aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs besteht.

Dazu vertonte die Band gemeinsam mit dem Freien Chor Stuttgart einen Text von Ingeborg Bachmann, in der Vertonung von Siggi Brüggemann, das Lied „ich denke über gewalt nach“-
Diesem ganzen Abwechslungsreichtum bin ich eigentlich total zugeneigt. Bin da schnell zu begeistern und bin am Ende dieser Platte seltsamerweise beim Wort „sperrig“.

Total gut gespielt, gemischt, ein Hauch von NDW, als Post-Punk werden sie hoch gelobt. „vergesst alles, was ihr dachtet, über Post-Punk zu wissen – Berlin 2.0 zünden die Endstufe in der Punk-Evolution“. puh…..
Wo packen wir das also hin?
Die beiden Songs an Stelle zwei und drei sind gute, rockige Nummern, aber Punk?
Elena haut echt richtig einen raus mit der ganzen Bandbreite ihres Könnens, was wirklich mehrere Runden braucht, bis ich mich dran gewöhnt habe.

Also alles in Allem: total gutes Album. Spitzen Riffs. Super Songwriting.
So richtig gezündet hat es bei mir aber bisher noch nicht. Was aber ganz besonders an der Überschwenglichkeit aller Werbetexte liegt. Ein ganz klein wenig tiefer stapeln kann man schon. Dann haben die himmeljauchzenden Fans & Kritiker noch Luft nach oben.

Gibt es bei Flight13 in gelbem Vinyl.
Bei tanteguerilla in rot (ausverkauft)
und eine schwarze Version.

 

video: berlin 2.0 – erlösung

Mal vorneweg ein gutes Stück Musik von Berlin 2.0
Toller Text und die absolute Reduktion auf das Wesentliche mit den Instrumenten ist echt ansprechend.
Weswegen ich das Video poste:
ich hab tatsächlich Schwierigkeiten mit diesem ganzen KI-Kram. Wie geht es euch damit? Findet ihr das gut, dass viele Bands jetzt darauf zurückgreifen, um Inhalte der Texte zu verdeutlichen oder zu überhöhen?

Freue mich auf jeden Fall auf das neue Album, zu gegebener Zeit gibt es auch ein paar Worte dann dazu. Erscheint Anfang August via Kidnap Music.

neue LiveVideos aufm Tubenkanal

Das: ciahwzvü vg ist der Youtubekanal der ProvinzPostille.

hier gibt es neue Videos anzuschauen von Konzerten (auch ziemlich alte, krass räudige Sachen dabei!), die ich zwischen Januar und Mai 24 besucht habe, besuchen konnte.
Es war arbeitsmäßig ziemlich was los, weswegen die Ausgabe 11 noch immer auf sich warten lässt.
Lasst n Abo da, da kommt immer Sommer sicher einiges dazu!

Die Bands / Konzerte auf denen ich Videos gemacht habe:

20.01. Troops of the Sun


27.01. Berlin 2.0
10.02. cages, Canine, in schwerer see
24.02. DKÜ, stoff und Krasser-Fahrstil

23.03. cirque de la merde


27.04. alice & dolores, sickboyz und finding harbours

18.05. ASTRO, debt mountain und bare life
ein paar, die Eingefügten, sind schon online, Rest folgt.

LP: berlin 2.0 – scherbenhügel

Keine Ahnung, warum man sich so einen blöden Namen gibt (Scherz) aber ich bestellte diese Scheibe mit Berlin Diskret. Einfach, weil ich ne Dosis Berlin brauchte.
Hier also nach Monaten des Hörens ein Kurz & Knackig Review zur Scheibe.
BERLIN 2.0 aus Stuttgart machen NDW Post Punk.
Wie schon so manches Mal nehme ich einfach die Platte, lege sie auf. In diesem Fall wohl Seite zwei, denn es geht mit „meine Freiheit, dein Problem“ los.
Sofort haben mich beide Stimmen von Sängerin Elena und Jogges, der da mitsingt. Erinnert mich sofort an KURSCHATTEN, POSTFORD und IDEAL. Und so ein bisschen Post-Hardcore in der Herangehensweise an die Songs. Ich hab echt lang nichts wütenderes gehört, obwohl die Sängerin ja echt einen supermelodischen Stiefel durchdonnert. Super Texte.
Dieser Song endet mit „

keine Panik, Systemabsturz
Highway in die Psychiatrie
mit 10 Treuestempeln Lobotomie
am Bürgertum platzt jetzt der Lack
und dann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab

Traurig, verbittert und zynisch. Bevor ich die ganze Seite lobhudle, drehe ich sie mal eben um und bin schon wieder weggeflasht. Der erste Song „Benzo Heart“, was hauen Berlin 2.0 da nur raus? Spielt da der SLIME-Schlagzeuger Stephan Mahler?
Das repetetive, Dialog-artige in den Texten – ich kann da nicht weghören. IDEAL haben ihre Unschuld verloren, das hört man dieser Band an! Der Sound ist gut, hat aber immer noch genug Rotz und seine ungeschliffenen Kanten. Berlin 2.0 haben so klare, erwachsene, erfahrene Texte.
„kairos“ ist einer Texte. Der ist so spannend, musikalisch so Post-Irgendwas. Da steckt so viel im Songwriting.
Klar, es wird auch Geister scheiden und so mancher wird mit dieser durchgängigen Düsternis, die über der Musik hängt, nicht gleich klarkommen. Hört dann einfach nochmal rein!
Und nochmal zurück zu Elena, sie singt so facettenreich, hat so viel Punk und so viel Herz in sich. Eine große Wut und kann trotzdem auch die etwas poppigeren Nummern wie „Feind am Tisch“ singen.

Flight13.

 

LP: berlin 2.0 – scherbenhügel

Wer braucht sie schon, diese ungefragten Reviews. Die teuren Platten, die ich mir kaufe und euch dann noch vollschwalle. Nun, hat alles seine Gründe. In diesem Fall – einmal mehr – eine Band, die einfach spielen kann und verdammt gut ist.