LP: v/a – 10 years horstklub (kreuzlingen) against all odds

Der Horstklub ist in Kreuzlingen, was direkt angrenzend an Konstanz in der Schweiz liegt. Am schönen Bodensee, wie man so sagt.
Angefangen hat der Horstklub in einem Keller, klein, eng und schwitzig.
Sie hatten sich zum 5 Jährigen schon eine Compilation gegönnt. Damals noch eine LP. Diesmal eine Doppel LP.
Wenn sie so weitermachen also irgendwann eine ganze Box voller LPs! Ich freu mich schon drauf.

Jedenfalls haben unfassbar viele internationale Bands den Horstklub angesteuert. Irgendwo ein Off-Day, dann dort untergekommen und eine wilde Party gefeiert mit 50/80 Zahlenden Gästen. Oder einfach „nur“ Support für kleinere, tourende Bands.
Auch ich war schon mal dagewesen. Alles DIY, alles ein Kollektiv von Menschen die Bock haben einer grauen Stadt einen bunten Sinn zu geben. Es ist wirklich toll dort!

Kraus Glucke Weltverschwörung aus Konstanz haben den Titeltrack zur Compilation beigetragen. Ebenso gibt es von den Pershing Boys einen „Horst-Track“, auch von Ravage Fix. Und ich glaub auch FVZZ POPVLI.

10 Years, Horst Klub: Immer noch da! So oft schon tot geglaubt aber immer wieder aufgebaut. 10 Years, Horst Klub: ich schau zurück, das war Liebe auf den ersten Drink!

Gute Zusammenstellung, macht wirklich Spaß und ein paar LPs gibt es auch noch zu haben!
Gibt es im Doppelpack also entweder in rot-transparent oder in schwarz. Mit 10-seitigem Booklet. …und ich hatte mir noch die formschöne Tote-Bag dazu bestellt. Ist nicht ganz billig, was an diesen Schweizer Franken liegt….

 

für den Eindruck hier ein Video der Band Lassie.

MC: dvmp – modifizierte schwäche

Hast du Bock auf Geschrei, Gekeife, Gebrüll, Gezeter und dazu Geballer. Eine Drummachine from Hell. Alle Beats werden in eine Umlaufbahn in Lichtgeschwindigkeit geschickt.
Dann bist du bei DVMP ziemlich genau richtig.
Raisermesserscharfe Lyrics mit Rasierklingenriffs.

Superabwechslungsreich, wenn man es denn schafft, sich innerhalb von 1Min49Sek (so lang ist der erste Song „das letzte“) an den sehr guten Sound mit dieser ungestümen Musik zu gewöhnen!
Zwischendurch immer mal elektronische Beats, man wird hin + hergeworfen zwischen Ernsthaftigkeit der Themenauswahl und der Ironie, die darin steckt. Das Unvermeidbare (die Zerstörung des Planeten Erde) und der zu „modifizierenden schwäche“, die man durch persönliche Mit- und Ansprache doch recht einfach regulieren könnte.
DVMP beschreiben das selbst so:

Die Dosis schillernder Abnormität wurde erhöht, die Emotionen arbiträrer denn je kanalisiert, die Grenzen erneut erreicht. Songs über alltägliche sexistische Erfahrungen von FLINTAs, die Ausbeutung menschlicher Gesundheit, den globalen Rechtsrutsch samt seiner zahlreichen horrenden Ereignisse, die Zerstörung unserer Biosphäre und damit das Ende des Planeten Erde. Ebenso gehören Liebe und Resilienz, Widerstand gegen Antisemitismus und das obligatorische Punk-Mantra „Arbeit ist scheisze“ zu den zentralen Motiven dieser 40-minütigen Odyssee durch die von Elektroschrott überwucherte, von Batteriesäure zersetzte Futureviolence-Tundra

Hier also HipHop Beats, dann wieder Maschinengewehr-like-Geballer, das Tempo ist schon echt krasser Shit!
So ne Kombi aus der Schreie aus der Kehle André’s und eben krass schnelle Riffs von Alfi.
Die Texte sollte ich noch besprechen, es sind nur tatsächlich so viele, da könnt ihr doch einfach mal selbst reinlesen bei BC!
Es geht um die Unerträglichkeit des Mackertum, ein Aufruf zur Gottlosigkeit, die Unerschöpflichkeit des Wesen Mensch seinen Planeten zu zerstören. Das alles in verständlichen Formulierungen mit Aussicht auf Besserung!

Coops sind mit: Kim [Bleak Monday], Lena [Captivated / Etterath], Fini & Anna [Black Square], Helen [Shok Güzel] & Nadine [Die Farce Die], smr.tni und Pascal, Iva, Pit [Volume Magazine] & Kaja, Sami [Tyles], Lena und Marc [Maura…but it’s not the name], Maja [Marasm]

Tape gibts bei Puzzle Records. Es ist soooo overwhelming. Ich bin fast erschöpft nach dem Genuß dieses Bretts.
Schon geil. Und die Lyrics wahrlich eine Geschichte für sich.Und im Tape auch alle abgedruckt.

 

LP: dead pioneers – dead pioneers

Zu einer Zeit im Sommer 24 hatte ich einen Link via Bandcamp zugeschickt bekommen mit der Empfehlung mir die Dead Pioneers mal anzuhören. Outstanding Stuff.
Und der mir diesen Release empfahl hatte recht: total abgefahren, total gut!
Vinyl nicht mehr zu bekommen und bisher auch nur über die Band und in Amerika.
Dann trudelte im Herbst der Repress für Europa via Hassle Records, ein Londoner Label, hier ein.
Zuerst übernahm es ein*e Kolleg*in in der Redaktion, stieg aber aus, weil das Themenfeld, welches die Band bespricht, doch ein sehr besonderes ist.

Ich hab gleich „hier“ geschrieen, aber im Grunde exakt dasselbe festgestellt. Wahnsinn.
Klar, ich könnte es auch lassen, warum sollte ich eine Platte reviewen, die schon im Herbst 23 erschienen ist? Die in beiden Versionen ausverkauft ist, egal ob Original oder Repress.
Die schon heiß diskutiert wurde und durch die Presse gegangen ist.
Deren Review vermutlich mehr eine Abhandlung, eine Bachelorarbeit werden könnte, weil das Thema so komplex ist, so viele soziale Aspekte berücksichtigt werden dürfen, müssen, sollten.
Weil Dead Pioneers eventuell an dir vorbeigegangen ist?

Okay, also los:
Sie beschrieben sich selbst als „indigenous fronted“. Eine kurze Eingabe in meine Suchmaschine zeigte mir bspw. einen Artikel der Frankfurter Rundschau. Hej, wenn eine Band mal nicht in kürzester Zeit angekommen, und hoffentlich auch erreicht hat, was sie sagen will!, dann wohl die Dead Pioneers. Ausgabe 175 vom OX-Fanzine ist ein Interview. Tour als Vorband von Pearl Jam.
Ich denke tatsächlich mal, dass genau dort der richtige Platz ist. Nicht wegen der schieren Größe der Crowd die die Band abfeiern, nein, weil sie wirklich Menschen erreichen für ihre Inhalte. Und zum Nachdenken anregen können und werden!
Kommen wir zu den Songs, endlich: sie starten mit „tired“.
Sofort nach Vorne, ein gutes Introriff, welches sich nicht auflöst durch einen besonders kraftvollen Song und weiteres Riffing, nein, durch die klaren Worte, die Sänger Gregg Deal spricht. Unaufgeregt, deutlich.

America is a pyramid scheme and you ain’t at the top!
(…)
Don’t be scared of learning the whole historical story, it’s not going to hurt you
(…)
This structure is a rigged game that breed racism homophobia, transphobia, classism and ableism.
It all makes me so so very tired.

Und so deutlich der Song angefangen hat, so plötzlich findet er ein Ende.
„we were punk first“ startet als klassischer Punksong, der in ein paar Zeilen nach vorne ballert, dann in Spoken Word übergeht. Ja, ein wenig gewöhnungsbedürftig ist es schon.
Doch wer auf der Suche nach etwas Besonderem ist, etwas, dass Worte findet und zum Ausdruck bringt, was 99,9% eben genau nicht sagen, dann bist du hier absolut richtig.
Schwarze haben wohl diesen Proto-Punk mit erfunden. Musikhistorisch ist das sicherlich diskutabel. Am Ende ist das, wie so oft, ja komplett egal, wer es nun erfunden, die, die die Kohle haben, die haben es groß gemacht.
Und ausverkauft.
Ich kann den Indigenous und Blacks nur entgegenrufen: danke dafür, habt ihr super gemacht, denn ohne euch wäre dann die Rockmusik vermutlich immer noch so langweilig, wie sie schon bei Song 135 von Elvis war.
Der Bandname, würde ich sagen, in Anlehnung an The Last Poets, eine afroamerikanische Gruppe von Dichter*innen und Künstler*innen, die in den 1960er Jahren gegründet wurde. Vermutlich sagt es euch aber mehr, wenn ich Henry Rollins als Spoken-Word-Vertreter erwähne – er ist halt ein Weißer.

All diese Feststellungen zusammengenommen führen zu all diesen Ausschlüssen, diesen -ism Begriffen.
Wieder zurück zur Musik:
Einige Stücke sind einfach nur unterlegt mit Gitarren-Sounds. Das ist nicht meganoisig und krass, sondern einfach eine Atmosphäre. Der Sänger gibt nie Vollgas.
„bad indian“ ist ein wahrlich zynischer und harter Track. Gregg erzählt in den Songs über seine Erlebnisse, den Alltagsrassismus, der ihm überall begegnet. „du siehst ja gar nicht aus, wie ein Indianer“.
Er formt in seinen Worten die Sozialkritik um in politische Statements. Ohne je eine hohle Phrase gedroschen zu haben. Er stellt fest, was wir alle wissen und nur in allerkleinsten Teilen versuchen für sie und mit ihnen zu verändern.
Die Selbstreflektiertheit zu besitzen, über sich selbst ironisch zu sprechen und dann einen Text rauszuhauen wie „this is not a political song“. Darin eine Geschichte zu erzählen, aufzuzählen was ersteinmal nur Worte sind, doch wenn man sie in einen Zusammenhang bringt, versteht man, dass es um Minderheiten geht, die von Anfang unterdrückt wurden von Weißen.
Ein fast 5 minütiges Stück, groovy, sehr gut zu folgen, ich habe nie das Gefühl, dass mir hier eine Meinung aufgedrückt wird, ein politischer Wunsch geäußert wird, was ich zu tun habe. Denn was ich zu tun habe, muß ich schon selbst rausfinden.

Zum Ende des Album ein Spiegelbild mit „doom indian“.
Der letzte Track „noone owns anything and death is real“ sowas in der Art wie Bad Brains oder Dead Kennedys. Es geht nur nie ums Gitarrenriff, dass das hängenbleibt. Es ist alles ausgerichtet auf die Vocals.
Die Drums sind etwas offener, guter, satter Sound.
Trotz des einen sehr langen Tracks ist die Platte nur 22 Minuten lang, beinhaltet viele Worte in 12 Songs. Es lohnt all das!

Fantastischer Release. Eine neue Single namens „my spirit animal ate your spirit animal“.
Dead Pioneers sind Gregg Deal – Vocals, Joshua Rivera – Guitar, Abe Brennan – Guitar, Lee Tesche – Bass, Shane Zweygardt – Drums.
Erschienen via Hassle Records.

 

PS: Ich fragte in der Redaktion rum, wer mir ein wenig zum Thema Indigene Hilfe geben könnte, denn von einem Fettnapf in den nächsten zu treten ist ganz sicher hier der falsche Ort.
Einer unserer Redakteure ist mit einer indigenen Person zusammen. Ich bekam folgende Nachricht:
„die Wahl Trumps ist eine große Bedrohung für die Rechte Indigener (er will mal wieder Land enteignen um dann Fracking zu betreiben und solche Geschichten…) und eventuell ist auch sowas ganz interessant, dass die Rate an Jugendsuizid bei keiner Minderheit so hoch ist wie in indigenen Communitys – dasselbe bei Alkohol und Drogen.
Oder das die sexualisierte Gewalt an indigenen Frauen laut Amnesty International „epidemische“ Ausmaße annimmt. Oder, dass die systematische Unterdrückung bis heute anhält, weil in einigen Bundesstaaten (bei Trump dann wohl noch deutlich mehr) z.b. indigene Schriftsteller*innen zensiert bzw. ihr Bücher schlicht verboten sind. Und das sind nur mal „die größten“ Themen. Du siehst, die Review könnte auch eine Bachelorarbeit werden.
— richtig, ihr habt nun 1000 Worte gelesen —- lasst uns was draus machen!

dieser review erscheint auch beim Vinyl-Keks. Mehr Reichweite und so!

LP: bent blue – so much seething

Bent Blue liegen endlich auf dem Plattenteller. Ein paar Worte dazu:
Warum zum Geier sind die in Europa noch nicht eingeschlagen, wie bei mir?
Jedenfalls bietet sie Coretex an, die letzten beiden Scheiben, halt zu Coretex-Preisen!

Musikalisch bietet gleich der erste Track „born on third“ eine gute Veränderung hin zu dem etwas melodischeren Stil von Turnstile. Wobei sich Bent Blue da wahrlich nicht verstecken müssen. Es passt halt auch zu ihrer Art des Hardcore.
Schönes midtempo- Kopfnicker-Mucke.

Großer Fan, der ich bin, hab den Shit aus Amiland direkt vom Label Indecision Records einfliegen lassen. Aber ich sollte damit aufhören, hier steht (wie bei einigen anderen Releases auch schon) „made in czech republik“. Heißt: die produzieren in Europa, fliegen das nach USA… und wieder zurück.
Ich wollte aber auch die limitierte Test-Press, das habe ich bisher von allen Alben.

Wieder zu den Tracks. Die 11 Songs sind Bombe! Relativ schnell geht es Richtung des ungeschliffenen Hardcores, den ich aus San Diego so mag! Bent Blue springen in ihrem Sound zwischen Indie und Hardcore, diesen Dischord-Touch. Sind in meiner Welt etwas eingängiger geworden, gefühlt nicht mehr ganz so fordernd. Die Drums pumpen richtig, bisschen alte Sick of it All schimmern durch.
Richtig coole Scheibe.

Und nachdem ich nun selbst bei der Verlinkung auf Insta geschaut habe:
Die Band ist in Europe unterwegs:

8.2.25 UK Bristol @ Exchange Basement
9.2.25 UK London @ New Cross Inn
10.2.25 NL Maastricht @ Muziekgieterij
11.2.25 DE Cologne @ Tsunami
12.2.25 DE Berlin @ Neue Zukunft
13.2.25 DE Regensburg @ Alte Mälzerei
15.2.25 FR Paris @ Ess’pace

 

MC: blastrufe BRD

Erschienen ist meinem Schlagzeuger die Kassette Blastrufe BRD und er dachte „hej, das wird geil, das besorge ich meinen Kollegen“.
Als ich die Kassette bekam, wusste ich ja, was auf mich zukommt.
Ich glaube, sie nicht so wirklich.
Egal, Hackebeil Records aus Koblenz bringt uns 17 Deutschpunk-„klassiker“ als Hackebeil-Versionen mit ordentlich Prügel und Geschrei.

Mit dabei, wie sollte es auch anders sein, die mir wohl bekanntesten beiden Yac​ø​psæ und Arnø X Duebel. Dazu ein bunter Reigen an Bands, die mir namentlich nichts sagen, und Deutschpunk-Songs, die ich in der Hauptsache auch noch nie gehört habe.
Hörspaß also sehr einfach: ich muss gar nicht versuchen, das Original wiederzuerkennen.

In einer fucking räudigen Aufnahmequalität also hier 17 Knüppelbands, wobei der Titel auch bei SCHLACHTrufe hätte bleiben können. Hackebeil, Schlacht, Geknüppel, das assoziiere ich schon zusammen.
Das Deutschpunkschwein wird also geschlachtet und gecovert werden Bands wie Hass, die Goldenen Zitronen, l’Attentat, Knochenfabrik, Inferno, Rawside, und so weiter.
Es werden eben NICHT Feine Sahne Fischfilet und Slime gecovert.
Das Tape ist als atemlose Oper geschnitten, es gibt keine Sekunde Pause zwischen den Tracks, nach fünf oder so habe ich mich in der Liste der Bands verloren.

Ah ! „i hate hitler“ von den Buttocks kenne ich! Yeeees.
circa 17 minuten Musikgenuß für den Connaisseur.
Geiler Shit.

 

7inch: ruina – abismo floral

Diese 7inch habe ich auch schon, wie die Distante, vor einer Weile bekommen. Das war ein Paket von Carlos von Entes Anomicos, den wohl umtriebigsten Labelmacher, den ich je kennengelernt habe. Auch hier eine 7inch, die schon ein Jahr raus ist, deshalb ein kurz & bündig Review:

Ein 4 Piece aus Lleida in Katalonien, Spanien. Die 7inch „absimo floral“ hat fünf Songs drauf. Post-Hardcore, eher Screamo, spielen viel mit der Räumlichkeit, in der sie das aufgenommen haben. Nicht alles klingt also druckvoll und immer auf die 12, sondern in energetischen Momenten hat man das Gefühl, man steht im Publikum.
Was ich wirklich sehr gerne mag an Screamo-Bands.
Musikalisch ist das keine Neuerfindung, die Band harmoniert sehr gut. Die Akkorde klingen eher warm, sie sind nicht so vertrackt wie viele andere. Und dazu brettern sie dann auch ab und an ganz ordentlich los.

Hier präsentiert er uns ein Coop mit sieben anderen Labels. Demons Records, Maybe yes HC, Goldmine Records, Mulisec Records, Dr. Skap Records, Intergalatic Records, Salto Mortale Music und Entes anómicos

 

MC: burt – discographie 2008 – 2023

Ha!
Da hauts mich doch glatt vom Sofa.

55 (!!!!) Songs auf einem Tape. Zwischen wenigen Sekunden Lärm und einer Minute irgendwas ist alles dabei. Und wer viel Kritik hat, der muss viele Songs schreiben. Wer viel Humor hat, auch.
Schönes Artwork. Guter Sound, viele Samples aus wilden Filmen, die haben echt Bock zu spielen!
Klar, gegen später, wenn die Aufnahmen älter sind, wird der Sound etwas dünner, doch nicht minder aggro.
Einmal Growls, einmal Geschrei. Einen Coversong entdecke ich „12xU“. Funktioniert auch.
Wenn man  diese Musik nicht zu ernst nimmt, kann man echt Spaß haben. Da die Lyrics dann doch meist ziemlich ernst gemeint und zynisch sind… wiederspricht sich das ja irgendwie.

Das Tape (gab) es in gelb (diese Version habe ich) und in blau limitiert.

Erschienen bei  Puzzle Records.

LP: judy & the jerks split /w shitty life

Shitty Life aus Italien, genauer aus Parma, haben „nur“ vier Songs auf ihrer Seite.
Im Gegensatz zu Judy and the Jerks habe ich sie noch nicht live gesehen. Dafür hatten sie dieses geniale Artwork der „switch off your head“ total angesprochen, blind gekauft und erfreut.
Shitty Life machen auch Garage Punk, machen das etwas more laid back als die andere Seite der Platte.
Die Band, die von sich selbst sagt „whoever wins, we lose“ spielen eben nur vier Songs in knappen 7 Minuten Spielzeit.
Der zweite Song „lost in my haze“ ist musikalisch das, was man sich bei DEN Göttern des Garagepunk abgucken kann (the hives), zwei Gitarren, die ab und an mal gegeneinander spielen. Auch hier, furztrocken, der Bass geht die Oktave nach oben, alle steigen wieder ein. Shitty Life machen es aber so, wie ein Shitty Life halt auch klingen muss.
Gefällt mir total gut, diese Platte. Und da ich diese Seite der Platte eigentlich als zweites gehört habe (und nur hier im Review Chaos stifte), fällt mir auf, wie man die Texte in Reihenfolge lesen kann, ohne zu „stolpern“. Egal.
Die Vocals sind nicht weniger verzerrt, dafür ist das Tempo etwas reduzierter und der Sound dadurch definierter und die Vocals besser zu verstehen. Textlich geht es ums Verlieren.

und Judy and the Jerks aus Hattiesburg. Irgendwo in der USofA(rseholes)
Zuerst habe ich diese Seite laufen lassen, zehn Songs Vollgas auf die Fresse Garagepunk gibt es hier.
Keine Pause zwischen den Tracks, dazu eine Unübersichtlichkeit bei den Texten, da auf der Rückseite der LP zwar Nummern für die Songs angegeben sind, diese aber nicht bei den Texten auf dem beiligenden Blatt stehen. Also muss man die Titel vergleichen.
Da die Geschwindigkeit hoch ist, der Gesang, leider, zu leise gemischt ist UND keine kurze Pause zwischen den Tracks, lass ich ziemlich schnell alle Fünfe gerade sein und höre einfach nur zu.
Es ist exakt das, was ich erwartet habe. Fun, Garage, mit dem Arsch ins Gesicht springen.
Die zehn Songs spielen in unter 10 Minuten und sind fucking flott durch. Der letzte Song mit seinem lärmigen Beginn „wolves of the summer“ ist mein Anspieltipp.
Wenig Zerre auf der Gitarre, dafür doch ein Haufen Rückkopplung, die Drums übersteuert (!!!), der Bass furztrocken. Zwischendurch ein kurzer Banger, bevor es die Band wieder auf die Bahn zieht.
Der Output von Judy and the Jerks seit 2017 ist recht hoch und ich gehe davon aus, das zeimlich bald Nachschlag kommen wird.

Erschienen bei Refuse Records.

LP: GO! – impact

Da ich ein Konzert dieser mich schon seit über 30 Jahren begleitenden Band besuchen konnte im Juli (in der Printausgabe 12 mehr dazu) und ein Interview mit Mike Bullshit führen durfte, hier der laaaaang vor mir hergeschobene Review dieser weiteren Zusammenstellung von 7inches, die GO! in den letzten 20 Jahren veröffentlicht haben.

Das waren nur zwei, zwinker. 2006 veröffentlichten sie nach 15 Jahren „reactive“ und direkt in 2007 dann „what we build together“. Um danach wieder für mehr als ein Jahrzehnt von der Bildfläche zu verschwinden.
Bei mir tatsächlich nie. So einfach und schnell die Songs von GO! wirken und sicherlich auch geschrieben sind, so schnell vergißt man sie aber auch nicht.
Die wenigen Worte, die oft in den Lyrics zu finden sind, sprechen eine klare Sprache.
Vor allm pro! – nicht contra. Einen so herzlichen Menschen wie Mike BS trifft man auch nicht allzuoft.
Ich will jetzt gar nicht groß auf die Geschichte der Band eingehen, die könnt ihr an anderen Stellen nachlesen.
Mir geht es tatsächlich um die Nachhaltigkeit, die eine solche Band, die 1990/91 ihren Peak hatte, noch heute hat.
Sonst wären sie nicht ausgerechnet nach Deutschland gekommen, um ein paar Konzerte zu spielen.
Um nächstes Jahr eine kleine Spanientour zu machen.
Dort sitzen wohl die die-hard-GO!-Fans.
Via grabaciones viscerales ist diese Compilation der beiden 7inches und eines Liveauftritts im Radio (2006) erschienen.
Beteiligt sind auch Rat Monkey Records, Viladecans Hardcore und Little Jan’s Hammer.

Kurz zur Musik.
Ich emfpinde die Songs noch immer, auch als ich mir die 7inches das erste Mal durchhörte, als ein wenig kraftloser. Sie sind viel besser gespielt und auch meist besser aufgenommen. Liegt eventuell auch an den Vocals von Mike, die more laid back sind.
Wobei trotzdem einige Überraschungen warten, wie zB das „too religious“ mit einer wahsinns Line und tollen Gitarren aufwartet, die fast schon Emo sind.

there’s no god in your side
there’s only you

Da ich zu diesen Die-Hard-Fans gehöre, kann ich sagen: ich besitze die komplette Discographie an 7inches und die drei Compilations.
Dies letzte Compilation nun, hatte mich überrascht. Irgendwie hatte ich geahnt, dass was kommen könnte, da Mike BS ein Buch mit all seinen Fanzine-Ausgaben des „bullshit monthly“ rausgebracht hat. Ebenso ein Projekt namens TxWxOx (two worlds one) – was es als Lathé Cut gab und dann auch noch als Shape-Vinyl. Ebenso die Veröffentlichung der allerersten Band SFA (die ich mit Brendan an den Vocals später sehr geliebt habe), die ihre räudigen Demos von 1987/88 auf Vinyl gepresst haben. (!!! alles für lau zum Download)
Ihr versteht… da musste was kommen.
Das das gleich mit ein paar Konzerten verbunden ist, hätte ich nicht gedacht.

Nun, here we GO! – ja, sie hatten einen Impact auf mich.

LP: artificial peace – complete session november 1981

Diese Platte wurde mir vom Dischord-Algorhythmus bei Bandcamp kredenzt und ich hab dann über einen Drittanbieter für gebrauchtes Vinyl zugeschlagen.

Ich lauchste rein und dachte „aha“! Da haben also bspw auch die Beastie Boys anfangs ihren Sound gefunden.
Es ist ein Re-Release einer Band, die es gerade mal ein Jahr gab und hießen Artificial Peace.
Sie haben eine Session in 1981 aufgenommen, 17 Songs!
Die Tage hatte ich erst Bad Anxiety reviewt und kann ganz klar sagen, dass man das musikalische Rad nun wahrlich nicht mehr neu erfindet, nach über 40 Jahren Punk und Hardcore. Aber: zeitgeschichtlich ist es inzwischen doch manchmal ganz cool, in die alten Platten mal reinzuhören und ab + an etwas zu entdecken.
Für mich also Artificial Peace.
Amerikanischer Hardcore. Ian MacKaye hat einige Worte dazu in die Linernotes gepackt und bezieht sich und Minor Threat schon auch auf eben diesen Sound dieser Band.
Die Mucke macht schon hart Bock, weil es noch so rough ist, trotzdem gut gespielt, kein Gerumpel. Voller Ideen und jugendlichem Witz sprüht.
Nicht so angekartete Scheiße wie heute oft. Wo man schon weiß: ah! jetzt kommt der Beatdown.

Da isses schon cool, das Dischord seine Archive öffnet und uns nach und nach genau diese Sache „rüberschieben“ und sagen: hör da auch mal rein!
Da gibt es sicher noch 1’000’000’000 Bands, die irgendwann, irgendwie unterwegs waren und irgendein Re-Issue bekommen.
Bin gespannt, wann den 80er-Guys die Puste ausgeht, weil sie aber auch jedes Livetape noch auf Vinyl gepresst haben.
Dann müssen sie an die 90er, die Zeit in der Vinyl mal komplett vom Markt verschwunden war.
Dann die Frage, ob es nicht ausreichend wäre, das einfach nur digital zu veröffentlichen, da dieser Release eigentlich ja nur an Sammler rausgeht.

Ich hab das Stück hier, Release 2010, auf rotem Vinyl.
Mir gefällts immer noch.

PS: lasst mich wissen, was ihr denkt!