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review: BIKINIMUSIK – einen Augenblick Wahrheit LP

Bereits Ende 2020 erschien die Platte „einen Augenblick Wahrheit“ von Bikinimusik aus Magdeburg. Vor einer Weile hatte ich schon die famosen Direct Juice im Review, ich bin sehr dankbar, dass mein Freund Tuba mir diese tolle Musik aus dieser verrückten Stadt zukommen hat lassen.

Im weitesten Sinne Indie-Punk-Rock mit viel musikalischem Gespür für die Auslotung der Genregrenzen. Durch die Texte assoziiere ich tatsächlich Such A Surge, die ich in jüngesten Jahren mal hörte. Musikalisch hat das nichts mit Bikinimusik zu tun… oder auch DxBxSx nur weniger „fett“ gespielt, sondern mit mehr Feingefühl.

Gleich der erste Song „die Wahrheit an der Wand“, beschäftigt sich mit dem Gedicht, dass an der Wand irgendeiner Unität stand. Die Band nutzt dieses Gedicht also für ihr klares Statement zu „sexistischer Kackscheiße“.
„Einhornjäger“ beschäftigt sich mit homosexueller Liebe. EIn Song, der mir auch musikalisch runtergeht wie Öl. Erinnert mich an richtig cuule, drive-ige Ideal.
Mit „immer dann“ haben sie ein irre tolles Liebeslied geschrieben. Textlich wirklich superschön.
Vieles klingt nach deutschsprachiger Rockmusik, ein wenig Krautig, Wha-Wha-Klänge, Richtung Ton Steine Scherben. Dazischen mal ein Off-Beat. Wie gesagt: ein Ausloten der musikalischen Genregrenzen.
Bei „Wahrheit“ brettern sie dann auch mal richtig nach vorne. „Küss mich wach“… das tun Bikinimusik!

Seite zwei gibt es mehr Songs, die zum Nachdenken anregen. „BND“, „Blödsinn“ und „Alt+F4, Escape, OK“.
Man mag nicht gleich mit allem einverstanden sein, was sie textlich sagen, es geht hier echt ums Zuhören, Denken und Verstehen. Klar, ein Diskurs kann erst auf einem ihrer raren Konzerte stattfinden. Was das aber hier wirklich besonders macht.
Mit „Hau ab“ lassen sie als letzten Song noch eine klare Message stehen. In Sucksen-Anhalt wünsche ich mir mehr Aufmerksamkeit für diese und ähnliche Bands.
Wer Bock hat auf etwas „anderes“, musikalische Neuperspektive, Provokation, dazu noch selbst produziert, einen phantastischen DIY_Spirit versprühend: Wo ihr die Platte bekommt? Vrmtl per Mail bei Bandcamp.

www.bikinimusik.de

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review: Wreckage Dance – s/t MC

Wreckage Dance tauchen auf am Postpunkhimmel und zünden ein kleines Feuerwerk.
Julian „James“ K. fühlte sich ein wenig einsam in der heißen Phase des Lockdown. Just, als alle zuhause bleiben durften, Distanzen keine Rolle mehr spielten, wurde aus dem Hamburg-Düsseldorf-Göttingen-Projekt Wreckage Dance. Jeder Musiker hat zuhause, bzw. in seinem Proberaum seine Spuren aufgenommen.
Klar, diese Idee hatten einige Musiker, so auch das tolle Projekt Nikola Tesla Pandemie Sessions oder der klasse Sampler des P8 und der Alten Hackerei in Karlsruhe.
Wie auch immer, hier gibt es Post-Wave-Punk auf die Ohren, der tierisch gut abgeht. Der Gesang versteckt sich zwar ein wenig dolle hinter Hallfahnen, die Produktion ist aber echt gut geworden, die Hooks bleiben kleben.
„Stonewall wa a riot“ ist ein super Anspieltipp.

Bass, Vocals, Songwriting, Production: Julian „James“ K.
Guitars: Henrik
Drums: Friedi H.
Sax: Tayo S.

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review: passionless pointless – s/t MC (plus Fanzine)

Leider inzwischen, as time goes by, in der Rubrik „besser spät als nie“ gelandet.
Was den grandiosen Output des Trios Passionless Pointless nicht weniger interessant macht!
Zuersteinmal empfehle ich bei Insta ein Abo zu lassen!
Dazu gibts auch noch das Label Vinyldyke, welches auch einen Instagram Kanal hat, wo uns Evelyn so einiges von ihrem DIY-Output erzählt, bzw erklärt. Aber mal der Reihe nach.

Passionless Pointless machen mich vom ersten Ton an darauf aufmerksam, dass ich schon ganz schön alt bin. Eine Zeitreise zurück ans Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre, als es losging mit Grunge und Mann eigentlich mehr so Hardcoremucke gemacht hat, mit Moshparts, vielleicht auch, damit das so ein bisschen Hiphopbeats hat, um gefälliger zu werden. Plötzlich saßen 1000 Mädels im Proberaum, wir 15, sie 15, und sie wollten alle Grungerock hören. Und das war doch so ne Emo, Softiescheißmucke, uargl. 
Am Schlimmsten war dieser Chartbreaker „Smells like Teen Spirit“, darauf konnte man nur mit noch mehr Hass in der eigenen Mucke begegnen. Nun, ich war auch eher n Softie und habe es mit einer der ersten Emo-Punkbands versucht, die es wohl so Mitte der 90er gab: Hünersüppchen.
Abgefahrene Zeit, Bands die nur meinen explodierenden musikalischen Kosmos gestreift haben: L7, Hole, laut und bratzig das Ganze!
Passionless Pointless machen an diesem Punkt ihre musikalische „Arbeit“ ziemlich gut, das fetzt wie Sau, ordentlich Distortion drin, ab und an punkig, knackiges Tempo, mit Biss und coole Texte.
Die Band pendelt zwischen Grunge, Punkrock, Heavy Blues Rock. Ich könnte noch Seitenweise schreiben, acht Songs pendeln zwischen zwei und knapp vier Minuten. Das Besondere, zumal die Aufnahmen richtig gut geworden, ist auch das ganze Drumherum. Das beiligende Fanzine enthält nicht nur die Lyrics und ein paar Fotos, alles in s/w, sondern auch die Geschichte, warum sie die Platten auf MC und nicht als LP veröffentlicht haben. 24 Seiten Linernotes. Evelyn, spielt Gitarre und singt, bringt da eine Menge Spirit rein. Sie veröffentlicht auch kleine Videos bei Insta, wie sie auf ihre Riffs kommt, macht Shirts mit Siebdruck, das erwähnte Fanzine und Label Vinyldyke.
Mega liebenswert, 110% DIY. Für mich zusammen mindestens 11 Gründe warum man zugreifen sollte. 

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review: BÜCHSE – Tumulte LP

„Tumulte“ ist ja mal ne Ankündigung für ein erstes Album. Mir sagte die Band Büchse nichts, ich bekam eine unverfängliche, freundliche Anfrage.
Spontan nahm ich mich ihrer an und mein Stapel an zu hörenden Platten wuchs weiter an.
Zeit vergeht.

Ich packe die Platte mal spontan aus, freue mich direkt, ein grandioses Innenleben tritt hervor. Plakat, Platte, Booklet und: guter Musik auf Vinyl.
Ausm Saarland kenn ich nur Pascow. Glaube ich.
Ins Ohr flattern mir aber, zu meiner Überraschung, kein Deutschpunk, nicht mal Ansatzweise Punk, oder doch?, sondern Synthie, Drumcomputer, Gitarre und Sprechgesang.
Mit genau dieser Reduziertheit punkten der Dreier schon mal richtig hoch! Was ein bisschen Elektronik und Gitarren so ausmachen können. Die Lyrics sind sehr menschlich, solidarisch, offen und kommunikativ. Auch das sticht aus der breien Masse weit heraus! Die Texte machen wirklich Spaß. Ich hoffe, euer Mucke kommt im Radio, dass auch mal der Spack von nebenan mal hört wie man Sprechgesang mit Hirn zusammenbringen kann.

Cooler Song und cooles Video von Büchse über Coming of Age aufm Dorf.
Saarland in schlau.

Insgesamt echt mutig, so nem alten Punker die toll aufgemachte und gespielte Platte zuzuschicken. Ich springe also vom Tellerrand in einen Rap und Indierock-Gebräu, welches ich so noch nicht gehört habe. Aber meine Old-School-Freunde hören heute auch noch Such A Surge und zahlen viel Geld für deren LPs; for what?
Manche Musik ist halt zeitgemäß und kommt über diese Zeit auch nicht hinaus. Vielleicht weil sie zu experimentell und zu speziell ist.
Bei Büchse hab ich echt Hoffnung. Ein paar gute Musiker mit viel Phantasie für Story-telling und dieses in gute Lyrics verpackt. Gönnt euch.
Da geht noch was.
Das Chartpunklabel Bakraufarfita jedenfalls passt schon mal wie die Faust aufs Auge.

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buch: GARY FLANELL – angst vor blauem himmel

Angst vor blauen Himmel“ ist der Titel von Gary Flanell’s zweiten Werk nach „Stuntman Unterwasser“. Er selbst ist oder war Fanzine-Macher (Renfield-Fanzine), Musiker, DJ. Euch ist er hier bekannt durch seine famose Split-MC rebok. Yeah. Es finden sich 35 Kurzgeschichten und Gedichte auf 207 Seiten, das ist ne ganz ordentliche Zusammenstellung, bzw ein respektabler Output.
Es geht um melancholische Lappen, DJs, die ihr Programm zusammenstellen, trotzdem ein nie zufriedenes Publikum haben, pubertierende Punks und andere, völlig absurde Geschichten. Völlig, nein, sicher nicht; da steckt jede Menge Leben drin!
Gleich die erste Story „Vom Verschwinden einer Fluse“ ist schön schräg, kurzweilig, punkig, ein toller Opener! Weil Fluse anders gemeint ist, als es der Titel verrät.
Die Kurzgeschichten sind mal kurz, erstrecken sich über eine Seite und mal etwas länger, wo sie dann auch mal 5-7 Seiten füllen. Mit diesem „was sie schon immer nicht wissen wollten“, schließe ich die kleine Story an, dass ich das Buch letzten Spätsommer gelesen habe und gerade am Badesee lag, als ich diesen Review in mein Diktaphon sprach. Das höre ich am Rauschen der klitzekleinen Badewellen, die all die Menschen machen mit ihren Gummidingern, wenn sie sich darauf rumwälzen. Das abgefahrenste Teil, an das ich mich erinnere, ist eine Badeinsel auf der mindestens vier Personen sitzend Platz haben. Aufblasbar und groß wie der 7-Meter-Raum vor einem Fussballtor.
Ein Gedicht, welches sehr heraussticht und noch erwähnt sein soll: „Michelle Piccoli Am liebsten ess ich Polizisten“. Wirklich ein Amusement, dies zu lesen.
Ich finde Gary hat einen richtig guten, eingängigen Stil. Es macht richtig Laune seine Geschichten zu lesen! Abwechslung ist immer da, manches mal geht es recht ruppig zur Sache, mal erzählt ein Wal Witze. Ja.
Danke für diese Buch. Wünsche euch auch maximales Lesevergnügen!

Buch gibts von und bei der Edition Subkultur. Und natürlich auch woanders. Da mach ich nur keinen Link für.
Hier sein Facebook-Link.

PS: Ich bin also froh, meine Audionotizen nochmal durchgesehen zu haben, nun steht es geschrieben: kauft dieses Buch.