LP: [hi tereska] – 23:59

Gemeint ist die Laufzeit des Tages, nicht die Uhrzeit.
Ich hab ein bisschen gebraucht, um drauf zu kommen.

Schon soooo lange nichts mehr von [hi tereska] gehört, dass ich mich schon fast nicht erinnerte, wie gut sie sind!
„die wände weiß gestrichen“ war eine ganz großartige CD – schon Jahre her.
Sehr relaxter Melo-Punk, mehr Indie, zwischen Peppone und Grüner Star finden sie ihren Platz; denke ich. 10 Jahre ist die her.
Sieben Jahre sind also seit der EP „zwei takte schneller“ vergangen, nun ein neues Album namens 23:59, selbst herausgebracht und – soviel sei schon verraten – bei Bandcamp mit einigen zusätzlichen Songs gespickt (+5)!

Die Band [hi tereska] ist vor langer Zeit aus der Asche von Einleben hervorgegangen (ein Album was ihr hören müsst!)
Die 10 Songs auf dem Album sind durchweg. Releasetag war schon der 17.01. – am selben Tag wie das Turbostaat Album. Ja, ich hab mir mal wieder Zeit gelassen.
Erste Seite startet mit „underbare jahre“. Als wären sie nie weggewesen sprudelt das melodisch melancholische Riff über mich hinweg.
Sie schwelgen textlich direkt in Erinnerungen.
Mit „vorwärts gehen – rückwärts gehen“ haben sie ein Stück geschrieben, weswegen ich Punk und Artverwandtes mit dieser Attitüde einfach für immer lieben muß! Die Kritik, vor allem an den Mitmenschen, die, wenn diese sie endlich von uns lernten sie zu lesen, einfach zu guten Menschen wachsen könnten.
Der Sound ist durchweg gut gemischt und eben eher schrammeliger Indie als als Punk zu bezeichnen.
Seite zwei ist irgendwie mehr Indie. Etwas poppigere Stücke von bspw Boxhamsters auf ihrer letzten Platte. Bisschen Fliehende Stürme. Hat irgendwie den Charme der 90er Jahre bewahrt, damals war Emo halt noch ohne schwarze Fingernägel und irgendwelcher seltsamen Insta-Reel-(Pl)Attitüden.
Sie hätten also noch eine dritte Seite dazupacken können, mit den fünf „left overs“, jetzt beschließt „spuren im schnee“ die LP. Knappe sechs Minuten.
Den Tag machen sie damit nicht voll 😉
Leider kein Textbblatt, auch kein DL-Code für die ganzen Tracks bei BC.
Nichtsdestotrotz eine der schönsten Scheiben bisher in 2025.

Bei flight13 gibt es die LP. Oder via Bandcamp:

MC: mantarochen – cut my brainhair

Mantarochen, die hatte ich schon mal beim Label it’s eleven records entdeckt, auch reingehört… aber an dieser Stelle ist es versandet.
Nun liegen sie im Kassettendeck und laufen los.

Elektro-Synthpunk. Mantarochen lass mich anfangs im Unklaren über den Titel ihres Outputs, denn das ist echt schser zu erkennen auf diesem blauen Cover.
Via Bandcamp erschließt sich mir dann :

Artwork finde ich aber insgesamt gut!
Einfaches Tape mit Bandnamen, Titel und den 8 Songs.
Die erste Seite finde ich tatsächlich ganz gut. Schön knackiger Bass. Die Vocals ein wenig leise aber auch passend.
Die zweite Seite halten sie das nicht ganz ein, werden ruhiger.
Erinnern mich an Fotokiller, die mag ich.
Mantarochen haben eine gewisse Düsternis, ziehen aber nicht zu weit nach unten zieht. Zwischen Soundscape (durch die entfernte Stimme) und Post-Punk.
Vielleicht ist die Stimme ja auch eher ein weiteres Instrument, denn oft wirken die eingeworfenen Worte mehr, als das man sie verstehen kann.

It’s Eleven Records.

buch: der lärm der nacht (peter hartinger)

Ein Fotobuch mit Bands aus der Subkultur der 80er Jahre. NRW.

Was fasziniert einen eigentlich an so einem Fotobuch? Ich meine, klar, ich hab es mir gekauft und nun blätter ich darin, doch wieviele Male werde ich das noch tun?
Wenn man so darüber nachdenkt, braucht man es nicht zu kaufen!

Es dreht sich hier speziell um Fotografien von Peter Hartinger und Armin Wonner. Dazu gab es auch eine Ausstellung.
500 Bücher (ich habe Nummer 414) sind erschienen. „auf den Bühnen der Innenstädte in Zeiten des Post-Punk“.
Was ich bemerksenwert und cool finde ist, dass erklärt wird, wie man in dieser Zeit überhaupt Fotos gemacht hat. Beispielsweise legte man sich Aliasse zu.
Armin Wonner war Käptn Nivea und Hartinger war Jan Cux. Es dreht sich ums Fanzinemachen und die Kamera. Welches Equipment nutzt man?
Ohne Blitz geschossen auf einem 400 Iso-Film; entweder mit einer Minox 35PL, einer Konika Autoreflex T4 oder einer Yashica FR1.
Die beiden Fotografen haben diese Fotos gemeinsam in einem Archiv gesammelt.

Es gibt natürlich die „üblichen Verdächtigen“ Die Ärzte, Die Toten Hosen, aber auch nicht nur Punkbands, sondern auch The Pogues, The Fall, Einstürzende Neubauten, Laibach.
Vermutlich alles in Läden geschossen, die es heute nicht mehr gibt. Juz Düsseldorf, Zack Düsseldorf, Venlo OOC, Uni Duisburg, uvm.
Das Spannende, was es in diesen schwarz/weiß-Aufnahmen zu entdecken gibt, sind wohl all die Dinge, die die Musiker in den Händen hielten. Was hatte das Publikum für Klamotten an.
Man sieht schon sehr deutlich, dass man noch sehr weit entfernt ist von dem Reichtum der heutigen Zeit. Dem Hochglanz.
Trotzdem erahnt man, wie bunt das wohl war. Die Shirts, die Locations.
Begleittexte, mal Interview (mit Christoph Blümer, der Konzerte im Zentrum Altenberg organisiert), meist aus einem Zine-Beitrag komplettieren die Fotografien.

Zu bestellen gibt es das hier: Peter Hartinger

LP: ditz – never exhale

(wer es noch nicht beim vinyl-keks gelesen hat, dann hier:)

DITZ – never gehört. Als die sehr einfach aufgemachte Platte auf dem Teller lag, die Nadel in die Rille schlüpfte, die ersten Töne aus den Boxen hüpften: da war es um mich geschehen.
Das geht richtig gut los und hört im Grunde bei keinem Song auf, bleibt nicht stehen, unaufhörlich.
Ich nehme es also vorweg: was für ein tolles Album!

Intro passt schon mal, dann kommt „Taxi Man„.

Ein wirklicher Banger. Das Stück ist ein halbwegs melodischer Noise-Opener.
Es folgen „space/smile“ und „senor siniestro“ die mich erstmal noch nicht so richtig fetzten, bis dann „four“ mit seiner sägenden Gitarre, dem superryhthmisch minimalistischen Drumpattern und den erzählenden Vocals meine volle Aufmerksamkeit hat.
DITZ spielen mit maximalem Minimalismus. Ganz reduzierer Gesang, nur sprechend, ohne irgendwann lauter zu werden, dafür alles um die Sprache herum.
Ein bisschen Synthie, ein bisschen Zerre auf den Vocals, dieser „the Matrix“-Telefonsound. Irgendwie ist die erste Seite verflucht schnell durch.

Und dann kommt Seite zwei (Überraschung!) – da ist kein einziger Song mehr, den ich nicht gut finde!
smells like something died in here“ ist ein so famos cooler Track, erinnert mich an eine Mischung aus den Sleaford Mods und einer Noiseband, die Bock auf Doom hat. Schön schleppend. (future of the left als Beispiel)

18 wheeler“ ist dann ein sehr noisiger Track, der total gut runtergeht. „the body as structure“ und „britney“ eröffnen dann etews Neues, da da ein wenig Post-Punk durch, weil da aus dem Krach doch auch ein paar Melodiebögen herausperlen.
Sehr minimal eingesetzte, sehr gut umgesetzte Ideen. Ein schwerer Bass, wenig Drums, das die Beats dezidiert gekonnt einsetzt. Keiner drängt sich in den Vordergrund und trotzdem maximaler Output.

Keine Ahnung, was die vorher so gemacht haben, ist nicht ihr erstes Album.
Ich hör dann mal weiter!

DITZ.
Self-Released, in Europa auf schwarzem Vinyl, GB/Australia auch in pink und marbled.
Zweite Auflage in Orange via Bandcamp!

 

MC: quitter – quietism

Das Tape von Quitter hat den lustigen Titel „quietism“. Ein witziges Wort.
Habe es entdeckt beim Konglomerat Kollektiv, welches ich bisher eher als Label mit Screamo / Emo-Bands wahrgenommen hatte.
Habe reingehört und finde Quitter spannend atmosphärisch bis irgendwie befremdlich belustigend.
Habe es bestellt mit ein paar ganz wunderbaren NoAFD-Aufklebern für die Haustür, so im Sternsinger-Style.

Quitter sind sehr tanzbare New-Wave-Synthie-Mucke. Was ich halt gut finde, dass da auch Gitarren dabei sind und nicht nur Synthie.
Die Stimme, der Gesang ist irgendwo melodischer Darkwave und doch in einer seltsamen Tonalität, die ich so eigentlich nur von Joey kenne, von dem ich die Snäxxx-Compilations rausgebracht habe.
Wenn ihr da mal in beides reinhört, werdetihr wissen, was ich meine!
Ich finds total cool!

Quitter macht was er will und schwelgt zwischen New-Wave und Pop und Gitarren-wasweißich.
Erschienen bei Konglomerat Kollektiv gemeinsam mit Rufen Publishings.
Hört mal rein. Macht sicher im Stream auch Bock.
Aber sagt mal: was mögt ihr lieber digital oder analog?

Das Tape ist in einer faltbaren Pappschachtel. Sehr simples Bauhaus-Style Artwork. Oder sowas. Ich hab da echt keine Ahnung.
Es ist ein Weg durch einen Tennisschläger beschrieben.
Ist ein Risodruck.
Schickes Tape auch.
In diesem Fall 640€ haben 100 Stück gekostet. Was vom Kollektiv, wie immer, transparent gemacht wird durch eine Banderole um die Pappschachtel.

7inch: zona 84 /w torpedo mayer Split

Torpedo Mayer aus dem Rheinland und Zona 84 aus Argentinien teilen sich diese 7inch bei Pauli Punker Records.
Die beiden Bands haben sich kennen + liebengelernt und sind nun verheiratet auf Tour unterwegs.

Zona 84 habe ich doch schon das ein um andere Mal wahrgenommen.
Kein unbeschriebenes Blatt. Machen melodischen Party-Punk. Ihr Seite heißt „rosario“. Ihre Songs „los enganados“ (die Betrogenen) und „una oppotunidad“ (eine Gelegenheit) sind auch in einem recht gediegenem Tempo. Letzterer erinnert mich tatsächlich an etwas italienisches wie Adriano Celentano oder so. Ein wenig schlageresk.

Man hört das Torpedo Mayer ausm Norden der Republik kommen. Und ihre Seite betiteln sie mit „rheinland“
77er Punkrock, gediegenes Tempo, witzige Texte auch. Gonokkoken sind übrigens der medizinische Fachterminus für Tripper.

Die 7inch kommt im schweren Pappcover. Kein Textblatt.
Erschienen via Pauli Punker und auch dort zu haben!

LP schubkarre – sand im getreide

Von Schubkarre aus Marbach am Neckar habe ich die LP „sand im getreide“ (nicht: getriebe – ausführlich gegen Ende der Folge 15 des Plattenschau Podcasts) bekommen und verschmaust.

Die Band gibt es schon ein paar Tage, noch nicht allzulange, man merkt an jeder Ecke, dass sie das was sie tun, mit viel Herz machen und DIY.
Schubkarre machen recht…. klassischen Rock. Doomig, der Gesang ähnlich Fauli von Krasser-Fahrstil und doch auch ein bisschen Friedemann von COR.
Schubkarre ist eine recht junge Band, die sich irgendwie noch nicht ganz gefunden haben im Stil, aber allen Mut zusammengepackt haben, ins Studio gegangen sind, um eine Platte zu produzieren!
Heißt: man muss sich in den Sound reinhören, damit man sich nach ner Minute dann auch fallenlassen kann und beginnt, zuzuhören.
Intros haben sie wie Metallica in den 80er Jahren, lang und ausgiebig steigt man in die Lieder ein! Allein die letzten beiden Tracks „eure eigene Sklaverei“ und „was brauchst du noch“ sind je knapp 7 Minuten!
Sie haben eine experimentelle Art und Weise an ihren Sound ranzugehen, das merkt man eben auch daran.

Im Ganzen ist das gar nicht mal schlecht, es fehlt so ein bisschen der Zündfunken, der hoffentlich im nächsten Release überspringt.
Das Herz am richtigen Fleck, die Gedanken in die richtige Richtung unterwegs, noch nicht ganz geradeaus; ausgereift.
Ein nicht uninteressanter Release einer Band, die hoffentlich noch etwas vor hat!

Platte kommt mit Textbeileger. Schwarzes Vinyl. Direkt bei der Band bei BC!

video: berlin 2.0 – erlösung

Mal vorneweg ein gutes Stück Musik von Berlin 2.0
Toller Text und die absolute Reduktion auf das Wesentliche mit den Instrumenten ist echt ansprechend.
Weswegen ich das Video poste:
ich hab tatsächlich Schwierigkeiten mit diesem ganzen KI-Kram. Wie geht es euch damit? Findet ihr das gut, dass viele Bands jetzt darauf zurückgreifen, um Inhalte der Texte zu verdeutlichen oder zu überhöhen?

Freue mich auf jeden Fall auf das neue Album, zu gegebener Zeit gibt es auch ein paar Worte dann dazu. Erscheint Anfang August via Kidnap Music.

MC: distant relatives – s/t

Die entfernten Verwandten bringen hier stark englisch angehauchten Post-Punk, der viel über einen tanzbaren Beat gibt darüber eine punkige Gitarre.
Die hat maximum Distortion drauf. Ohne Unterlass werden die Saiten bearbeiten, geschabt, gekratzt, geschlagen. Der Bass ist die Orientierungshilfe. Ein wenig klingt es nach Industrial oder Noise.
Distant Relatives brechen ab und zu die Gitarren mit Halbtonkaskaden aus und bleiben leider, wie bei „desert rose“ eher unangenehm hängen.
Irgendwie ist diese Musik gewollt schmutzig und düster.

Die Songs wirken anfangs etwas gewöhnlich, entwickeln erst nach etwas Zeit, die man ihnen einräumen muss, ihren Sog. Insgesamt finde ich das Tape also ziemlich gut; wenn auch gewöhnungsbedürftig!

Erschienen bei It’s Eleven Records. In einem düsteren Grau gehaltenes Cover. Eine Collage mit dem Satz darauf, dass wir alle entfernte Verwandte seien, die durch selbstgemachte Einteilungen (Klassifizierungen) durch ein Leben gehen, dass es lohnt zu leben.
Die Leipziger Band passt sehr gut auf das Dresdener Label!

LP: gypsy rufina – mason type III

Am 16.01.2025 habe ich mir einen Instoregig angeschaut, der bei Dixigas Records in Karlsruhe stattgefunden hat.
Tom Mess hat aufgespielt und einen alten Freund mitgebracht, mit dem er schon viele Kilometer abgespult hat.
Nämlich den Singer-Songwriter namens Gypsy Rufina. Wir tauschten ein paar Worte aus in der Kälte der Nacht und er gab seine Platte ein paar Tage später an Tom, der sie mir dann zu seinem Releasekonzert in die Hackerei mitbrachte.
Wie auch immer, mich hatte die Musik an dem Abend nicht so geflasht, wie sie es tatsächlich gerade auf der LP schafft.
Wunderbar. Ganz abwechslungsreich und sehr gut aufgenommen und eingespielt.

Das Cover ist ja sehr simpel und übersichtlich.
Ich denke, die Aufklärung kommt im Song „roof of clouds“ warum er Schweirigkeiten mit diesem Knie hatte. Oder auch in „screws in my bone“.
Mir gefällt der unterschiedliche Style zwischen Singer und Songwriter Mucke. Leicht psychedelischen Anleihen „motel 6“.

Auf Seite 1 geht es Songwriter-mäßiger los. Mehr Geklampfe. Auch mal ein wenig Zerre auf der Stimme.
Gypsy Rufina erzählt Geschichten, die er unterwegs erlebt hat. Wohl am deutlichsten in „swiss prison“ abzulesen.

Wirklich ein schönes Album. Texteinleger, schwarzes Vinyl. Selbstproduziert und mit Kill Mill Records und Road Sweet Road Records.

Hier der Link zu einem Song des besagten Gigs bei Dixigas Records.