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LP: Detlef – human resources

Detlef. – schon lange empfohlen von Tuba (Ben Racken), dann die Band vor zwei Jahren auf dem Gutensglück Festival gesehen. Das hat mich schon begeistert. Gutes Trio mit Spielfreude und Spaß. Ein bisschen zu lang, das Set. Aber was will man machen als Headliner.
Die Ärzte des kleinen Mannes aus Köln, die Hardcore-Punker, die Hammerhead sein könnten, Detlef aber sind. Wie soll ich diese Band beschreiben.
Witzig, zynisch, mal ironisch, abwechslungsreich und doch immer im selben Fahrwasser. Seit nunmehr drei Alben, dieses ist das dritte!

Der Oberbringersatz dieser Platte ist (und das weiß ich schon, bevor ich sie ganz gehört habe)

aber das es dich mal gab
steht nur auf deinem grab

Ich mag die lakonisch, witzige Art von Detlef, dem Gitarristen. Detlef, Bass und Detlef, Drums, singen jeweils auch ein paar Songs. Immerhin brettern sie auch 19 davon auf dieses Album.
Die Texte handeln so im Groben und Ganzen von Loser, die einfach ihr Leben verschwenden. Weil sie so nen normalen Beruf haben, Sandaletten und ne Multifunktionsjacke.
Was mir sehr auffällt, dass Detlef. schon ihre sehr eigene Herangehensweise haben, erfinden das Rad des Punk aber beileibe nicht neu.
An manchen stellen erinnert es mich von der Grundstimmung her an Helmut Cool oder Moltow Soda. Ich hab, ehrlich gesagt, keine Ahnung, mit was ich Detlef. vergleichen soll.

Human Recources wirkt nicht nur lustig, es ist auch kritisch. Im Grunde sind alle Texte kritisch und die Band “hebt” sich dann selbst wieder raus indem sie einen Song singt wie “manchmal hasse ich mich selbst für meine ganze empathie” – klingt irgendwie nach Tocotronic, so vom Titel her, isses aber nicht!
Eher so ein Schlag ins Gesicht, mit einem dreckigen Lachen hinterher; ohne dabei eine Mine zu verziehen.
Sie nennen es gutgelaunten Hass. Und exakt das isses.
Selbstbeschreibungen sind doch manchmal ganz treffend.

Bakraufarfita Records.

KEIN BC-Link. Find ich doof.

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MC: Ferdinand Führer & Autobot – split

Fun Punk im Sound von 100 Kilo Herz. Ferdinand Führer entführt uns in seine Funpunk-Welt, die sich mal ein klein wenig anders anhört als bei so “normalen” Funpunk-Bands.
Es handelt sich hierbei um ein Split-Tape der beiden Bands Ferdinand Führer (sonst auch bei Club Déjà-vu) und Autobot.
Letztere sind eine Kombi aus Ferdinand und André Lux, seineszeichens bester Strichmännchenzeichen von BRD. In Stuttgart sind die Masten jedweder Straße zugepflastert mit seinen Bäppern. Dazu kommt Chris (der Berg) von Helmut Cool, Bastard Royalty und div. andern Kombos, in diesem Fall schwingt er hier die Drumsticks. Am Bass dann Luke von Rakete Fehlstart.

Es geht los mit “Roboterkampf” (Autobot) – Mit Druck geht es nach vorne. Zwei Roboter versprühen Funken.
Das zweite Stück “jede Zelle” hat schon mehr Indie-Einschlag. Den Gesang wechseln die Protagonisten immer durch, deswegen die unterschiedlichen Bandnamen, obschon die selben Bandmitglieder. Es geht um Kleinstadtleben, textlich kann man sich ja in so einer Kleinstadt schon auch mal einsargen. You nailed it!
“Der Veranstalter” ist eine Hommage an die ollen Hippiepunks, die noch einen Laden schmeißen. Und die Bands, die sich mit jemandem rumschlagen dürfen, der Getränkemarken verteilt. Stimmt. Alles.
“Deine Serien” sind ein würdiger Abschluß eines kurzen und knackigen Tapes. Schaut doch mal hier in …. Babylon Berlin rein. Aber allein.

Cover kommt vom famosen Alex Mages. Er hatte auch schon mal ein Cover für die Provinzpostille gemalt, yeah. get it at best label of da germany BAKRAUFARFITA

 

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CeDe Salatschüssel #7: Little Brother / two star review / fire ants from uranus

Little Brother  – mehr punk weniger hölle

EIne CD im Pappschuber. Auf dem Cover ist Tyke drauf, dieser berühmte Elefant. Nicht Nelly, die ist schon tot, glaube ich.
Ist im July erschienen, Dr. Skap Records war so nett, mit ein Exemplar zuzuschicken.

Nun, was ist da drauf: dreizehn Tracks machen melodischen Deutschpunk. Alarmsignal fällt mir da ein. Eventuell Kotzreiz, aber mit dem Vergleich kann ich auch daneben liegen. “schrammelige Gitarren und schrullige Typen” schreiben sie bei Bandcamp. Aux contraire: das ist top gespielt. Super abgemischt!

Ich muss es wirklich so sagen, wenn man die ersten drei Songs überstanden hat “kopf hoch oder zahl” ist dann ein echter Bringer.
Die Songs sind sehr einfach aber trotzdem gehen da mehr als drei Akkorde und das Songwriting ist echt cool!
“je suis tyke” ist ein megacooles Post-Punk-Riff, aus dem Little Brother ihr eigenes Dings dann machen. Empfinde ich aber als überraschend abwechslungsreich!

So ne Art Ballade jubeln sie und (leider) auch noch unter. Insgesamt unter 30 Minuten, was ne gute Länge für Little Brother ist.
Song 1 “mher punk” und 13 “weniger hölle” erklären uns dann auch den Titel des Albums.
nice.

Fire Ants From Uranus – Pizza Supernova

..bringen uns die “pizza supernova” auf die Erde. Die CD ist im Mai 2023 erschienen. Die Band machen sehr melodischen Punkrock. Um nach den Titeln zu urteilen “keep your trust” oder “legendary summer” geht es so in der Hauptsache um Freundschaft, eine gute Zeit miteinander zu verleben.
Die Gitarre röhrt ordentlich, präzise leitet die Backsection durch das abwechslungsreiche Songwriting. Das Ganze hat etwas breitbeiniges, hat diesen stark amerikanischen Einschlag von Poppunk. Der Sound ist richtig gut, alles top gemischt. Melodiccore Elemente, Pop Punk, teilweise etwas ruhiger, nicht ganz so ruhig wie bspw Überyou, aber die Richtung.
Es gibt ein paar Videos. Schaut mal rein!
Das Coverfoto gefällt mir ziemlich gut. Ist wohl tatsächlich ein Skatestunt, denn er ist extra im Innern der CD aufgelistet. Also so n richtig echtes Foto, kein geschnippelter Schnickschnack.
Erschienen bei 30 Kilo Fieber Records, auch auf rotem Vinyl.

Two Star Review – …wouldn’t pay more than 5.99

Haben das besondere Logo, das sie 5 Sterne haben, aber nur zwei erleuchtet sind. Das ist der bildliche Bandname. Schwierig für die Suchmaschine, aber okay…. 2022 haben sie die Debut EP “.. obsolete, out of date…” rausgebracht (unten) und dann die “…never coming back again…”
Zusammengefasst hat das nun Bakraufarfita Records als “…wouldn’t pay more than 5.99…” das macht also insgesamt sieben Stücke.
Die Band spielt gut abgehangenen Punkrock, Richtung Leatherface, gutes, zügiges Midtempo, spielen aber auch mal so nen Banger.
Laut der Releaseinfo lohnt es sich ein Konzert zu besuchen. Da die Band aus Utrecht kommt, wird das so bald nicht sein, ich werde mich gerne live überzeugen lassen. “obsolte” und “busting clouds” haben gute Parts, die mir reinlaufen, teilweise so ein wenig was New-Waviges. Sobald es da in den Refrain geht fehlt mir aber was… keine Ahnung. Für CDs fehlt mir die Geduld.
Diese ist oke. Two Star Review hört mal rein, lockerer Punkrock mit ner Prise Melancholie und nicht zu abgerockt.
Auch ein super Sound.

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MC: das bildungsbürgertum – die gewaltfrage

Das Bildungsbürgertum tut nur so auf Bildung, dabei sind das voll die Rocker Punks. Hat dafür aber richtig viel Clicks. Mehr so auf Party. Leichte Metalkante.

Dann plötzlich weich und einfühlsam. Halt wie so Bildungsbürger, nur hat ohne Bildung dafür mit ganz viel Meinung:

Nettes Tape hier, würde gerne mehr Songs hier reinkloppen, denn zu sagen habe ich nichts. Ich zähle mich nicht dazu.
Oke, genug blöde Scherze gemacht. Es ist halt eine Gewaltfrage. Und sie haben die Clicks und Zuhörer, ich bin da weit von entfernt.
Apropos. Ich hab da so n Kanal. Da pack ich Livevideos rein.

Wie auch immer, Das Bildungsbürgertum ist in diesem Falle / Review, eine Punkband mit ordentlicher Rockkante “olé, olé” geht spannend los. Es geht, klaro, um Fussball. Ich mag die Aussage.
Irgendwie erinnert mich diese Art, Gesang und Songwriting an  …But Alive. Das Bildungsbürgertum schafft es nur, ihr musikalisches Schaffen in einen lakonischen Humor zu verpacken, der so unverschämt leicht daher kommt, dass einem das Schmunzeln doch irgendwie einfriert.
In den sechs Songs geht es nämlich wirklich um “die Gewaltfrage”. Ob nun staatliche oder politische, klar, mit dem angesprochenen Fussballthema ist da eher etwas sozialkritisch vs. persönliches Dabei.
Jedenfalls: abschließend kommt die “Ode an die Zäune”. Der Gitarrensound beißt in den Ohren, soll er auch. Der Song startet wieder fröhlich – bis der Gesang mit den Lyrics um die Ecke kommt – ist schon verdammt cool.
Sollte auf jedem Bierzeltfestival laufen, damit es die Honks auch ins Hirn gehämmert bekommen.

Ja, ernstgemeint. Die ballern den ganzen Tag Kacksexistische Schlagermusik (oder ähnliches) und das zerfrißt auch das Hirn, kein Frage, oder?
Also: Das Bildungsbürgertum sollte genau dahin!
Bis dahin nehmt das doch bitte in eure Playlist auf!

PS: Zweite Seite hat die letzte EP drauf. Zu haben ist das bei der Band oder bei Bakraufarfita.

Zu haben via Bakraufarfita.

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MC: sheeple – faszinosum

Die Band Sheeple kommt aus Dortmund und macht Punk.
Und mit Release #377 erreichen Bakraufarfita Sphären, in die wenige Labels in diesem Format, dieser Szene, Genre, was immer, in die nur wenige vordringen.
Auch ein Wahnsinn, was ich davon schon alles inzwischen besprochen habe!

Nun also Sheeple, sie machen lärmigen Punk. Kann man auch Anarcho-Punk oder Deutschpunk nennen. Ein gechipptes Schaf mit blutendem Auge ist auf dem Cover. “Faszinosum” wartet mit acht Songs auf. Ist eine Kassette, und ich kann nicht gucken, wie lang die läuft. Ich denke, ich gefühlten Minuten, sind es vielleicht 10.
Angepisster Krachpunk der ab und an eine gewissen Melodie aufwartet. Drei Menschen, Pau, Sascha und Josh nehmen sich Instrumente und vertonen in voller Lautstärke all das, was sie extrem anpisst.
Sheeple räumen mit dem Vorurteil auf, “NZS SND DMM”, dass Nazis dumm sind. Es sind keine Springerstiefel tragenden Glatzköpfe mehr. Nein, sie sind Lehrer, studieren Jura und sitzen im Bundestag. Eure Eltern könnten Nazis sein.
Mit “Crowdfunding” wird aufgeräumt.

Aber Sheeple sind auch witzig, sie wollen unterhalten, Lachsmiley.
“öko” ist ein echt guter Text:

nix zu reden und sich trotzdem unterhalten
kein bock auf euch aber trotzdem hingehen

der Fels in der Brandung ist dan ein Oettinger Cola-Bier.
Tatsächlich ist das nicht so ganz meins. Es ist gut gespielt, für ein Demo absolut tippitoppi und genau so, wie die Band ist, ist sie absolut richtig. Aber gecätscht hat mich das nicht.
Wer auf AKJ steht, Pogendroblem und Black Square (ohne die ganze Politik), kann Bedenkenlos zugreifen.

 

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LP: dead end kids – heiß & dreckig

Drittes Album des Trios aus Dresden und Leipzig namens “heiß und dreckig”.
14 neue, selbstgemachte Hitgranaten werden wild in den Raum geschmissen und die Dead End Kids bringen sie alle zur Explosion.
Kann man das so sagen?

Lasst uns mal reinhören!
In meinen Augen haben sie ein Cover, das mich nicht dazu bringen würde, bedenkenlos zuzugreifen. Es sieht total nach Bravo aus, und die habe ich, hatte ich, in meiner Jugend schon gefressen. Irgendwie hat man sie aber doch gelesen. Obwohl das so unerträglich bunt war, und die Fotolovestories und die ganzen Popper – uargl.
Dead End Kids haben silberne Leibchen an und präsentieren uns also ihre Interpretation der Bravo.
Ein bisschen habe ich Angst, dass das auch musikalisch auf Platte passieren wird, wenn ich die Nadel auflege.
“Welcher Typ bist du? Pizza und Glitzer. Finde heraus, welches Dead End Kid am besten zu dir passt.”
Das ist ja irgendwie total drollig, süß. Zum lieb haben.

Ich bin dann schon ganz froh, dass da auf der LP auch Musik drauf ist. Und los geht es mit “Influenza”.
Hardcorepunk-Vorspiel. Halbtongitarren explodieren in eine Melodiccore-Deutschpunk-Melodie.

“verliebt” ist ebenso ein hochmelodiöses Stück. Die Dead End Kids schaffen eine super Mischung, eine besondere Zusammenstellung aus verschiedensten Stilen zu spielen. Hardcorepunk mit leicht metallischem Einfluß, wie bei “Prokastrination” mit dem sehr gut gezockten Metal-Solo.
Die Lyrics sind schlaue, witzige Deutschpunk-Ohrwürmer. Eine Mischung aus Helmut Cool und Krause Glucke Weltverschwörung (ja, wenn schon Namedropping, dann wenigstens was, das euch alle neugierig macht).
Die Dead End Kids habe viel Sozialkritik im Gepäck. Es ist also nicht alles schön und glattgebügelt, nein, man kann ja auch mal klare, ungeschönte Kritik in wohlfeile Worte packen und die mit einer eingängigen Melodie kredenzen.

Dreizehn eigene Stücke und ein Coversong, der da “Frieda und die Bomben” heißt. Haben den die Beatsteaks geschrieben oder Turbostaat; oder beide zusammen? – ich weiß es nicht mehr.
Und wenn man sich den Text wiederum anhört, wird man ja nicht wirklich schlau daraus, denn der Text ist ein wenig kryptischer, im Gegensatz zu dem, was die Dead End Kids machen. Bei ihnen bleibt relativ wenig Interpretationsspielraum, sie sagen schon sehr deutlich, was sie ausdrücken wollen.
Das finde ich richtig, richtig gut. Und total erwachsen, im Gegensatz zu dem erwähnten Artwork. Genau damit spielen sie also, zwischen Adoleszenz und jugendlichem Überschwang.

Alle Songs haben ein echt gutes Tempo, drücken echt nach vorn, die ganze Zeit. Das hat echt Power!
“Kartoffelsalat”, “Verliebt” auch der erwähnte “Prokrastination” passen irre gut in AZ’s oder auf Rock am Merkers, besser als in das Vorprogramm von Die Ärzte.
Aber vielleicht erreicht man dort doch am besten die Menschen, die sich nicht zu viele Gedanken machen, denen die Dead End Kids genau da mal ein ein paar Schilder mit Stichworten hochhalten, um drüber nachzudenken und was draus zu machen.

Gatefoldcover, gelb transparentes Vinyl, Kreuzworträtsel (macht das mal, und schickt der Band n Foto!) auf der Rückseite, käuflich zu erstehen bei JPC
Erschienen bei Rilrec.
Einige neue Videos im Tubenkanal (siehe oben) und ein Interview hier beim Keks.

(Dieser Review erschien schon, ihr ahnt es, beim Vinyl-Keks.)

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LP: 100 kilo herz – akustisch im gewandhaus

(dieser Review erschien schon beim Vinyl-Keks)
Am 03.02.2023 erschien die LP “akustisch im Gewandhaus” von 100 Kilo Herz in den Shops und in euren Ohren; und ich hab keine Ahnung, wo ich diesen Review anfangen soll.
100 Kilo Herz, eine Punkband mit Gebläse-Sektion, die sich durch solidarische, kritische, herz-liche Lieder in unsere Herzen gespielt haben. Die im letzten Jahr einen berechtigten, wie auch von Seiten der Band reflektiert aufgearbeiteten, Shitstorm über sich ergehen lassen hat müssen. Eine (ist das noch?) Punk-Band die, durch die Bläser eben auch musikalisch unausweichlich, hochmelodischen Punkrock machen, mit Reibeisenstimme, Reimschema und Versmaß.
Nun stehen da, außer der ohnehin schon sechs-köpfigen Band, 10 Menschen auf der Bühne, die die Punkmusik der Band in ein akustisches Gewand packen.
Was ich mal vorweg sagen möchte ist, dass es für Punkbands heute wichtig sein sollte, in Locations und vor Publikum zu spielen, was “normalerweise” nichts mit dem Sound anfangen kann. Oder auch nicht unbedingt mit dem permanenten Querulantentum und Gemaule über gesellschaftliche Probleme, der Untergangsstimmung, die permanent durch die Lyrics weht. Und das machen 100 Kilo Herz schon von Anfang an echt gut. An den Stellen, an denen ihr Sound zu seicht wird, ihre Songstrukturen zu überschaubar, erreichen sie hoffentlich genau die Leute, die sonst nicht hinhören!
Und der Inhalt kriecht in ihre Ohren und versetzt ihre Hirne in Schwingung und sie beginnen zu denken. Sich zu engagieren, was immer.

Folglich ist es für mich absolut schlüssig, dass sich die Band so in die Herzen eines größeren Publikums gespielt hat, das auch im Gewandhaus sitzt, wo sonst eben klassische Musik gespielt wird. Wo Dirigenten ein Orchester durch den Abend geleiten und nun eine Brass-Punkband steht, die vor einem sitzenden Publikum in weißen Hemden, Fliege und Krawatte ihre melancholisch, kritischen Songs zum besten gibt.

Diesen Song spielen sie auch im Gewandhaus als ersten. Im Text heißt es:

Na klar habt ihr auch Hobbys, man muss ja was riskier’n
Mit Aktien spekulier’n, ein wenig Geld transferier’n
Und ich bin mir sicher, ich kann genau so sein
Alle, die zu wenig haben, vom Restgeld befrei’n

Ist doch genau das richtige Publikum, sofern denn außer Fans auch Menschen dort waren, die sonst die besagte Klassische Musik erleben.
In der Promo heißt das “Punkrock meets Hochkultur”. Als alter Couchpunker kommt mir da schon ein hochnäsiges Lachen aus der Kehle, respektive dem, was ich oben schon schrieb. Also ein lachendes und ein weinendes Auge!
Auch könnte man meinen, da es ja bekanntere Bands gibt, die gerade im Halbjahrestakt exklusive Media-Books rausbringen, dass 100 Kilo Herz eventuell etwas hoch greifen, nach gerade mal zwei Alben.
Wobei die Band es einfach schafft, greifende Hooks und gute Texte in abwechslungsreiche Songs zu packen, und das eben in kürzerer Zeit, als manch andere. Ich kann die beiden Platten “weit weg von zuhaus” und “stadt, land, flucht” wirklich empfehlen!
Wie auch immer, die erste Seite, bzw. die ersten sechs Songs haben mehr Tempo und starten lebhaft in dieses Set. Seite zwei beginnt mit viel Piano zu den Songs “Laternensong” und “Rücksitz”. Sind echte Gänsehautmomente.
Ich finde, dass man schon merkt, dass 100 Kilo Herz noch nicht die 100%-Profis sind. Aber genau das freut mich total, denn abgeklärte Rockbands gibt es echt genug und Punk lebt davon, dass man nicht alles perfekt abliefert! Die zusätzlichen Instrumente, gespielt von Stefan Didt (Saxophon), Jost Elvers (Posaune), Lorenz Fröhlich (Trompete) und Stephan Mühl (Percussion und Ukulele), bringen wirklich eine schöne Farbe in die Musik von 100 Kilo Herz.
Anspieltipps auf dieser Platte namens “akustisch im Gewandhaus” sind ganz klar “an Ampeln” (den mag ich sowieso voll gern und erinnert mich wahnsinnig an Captain Planet – und die sind auch eine ganz große Liebe) und noch “die Guten”!

Zum Abschluss: ganz großen Respekt an die Band, die sich da musikalisch absolut weiterentwickelt hat. Einzelnen Songs nicht nur einfach ein neues Instrument hinzugefügt, sondern auch an der Struktur gearbeitet hat.
Wer weiß, ob sie dieses Akustikset nochmal so aufführen; für dieses eine Mal allerdings wirklich klasse gespielt und mit maximaler Leidenschaft vorgetragen.
Könnt ihr hier live erleben:
20.01.23 Bitterfeld, AKW
21.01.23 Husum, Speicher
27.01.23 Zwickau, Kein Bock auf Nazis Festival
26.05. – 27.05.23 Kronach, Die Festung Rockt
24.06.23 Münster, Vainstream Rockfest

Das hier präsentierte Mediabook mit LP und Booklet gibt es bei Coretex.
Die Version im Gatefoldcover bei JPC
Erschienen bei Bakraufarfita Records. Aufgenommen im Rahmen der Reihe “Leipzig klingt weiter”.

PS: Wer nun in diesem Review vermisst, dass ich mich mehr äußere zu den Vorwürfen gegen den Ex-Gitarristen der Band (2021 bereits aus der Band ausgeschlossen), der kann sich sehr gerne das Statement von Rock am Berg Merkers vom Sommer des letzten Jahres durchlesen (und den Links dort folgen). Inzwischen hat sich einiges getan. Die Band und auch ihr Label Bakraufarfita haben sich konsequent um Aufklärung und Aufarbeitung bemüht. Ich habe da einiges mitgelesen, denke, die Band und die Crew machen das sehr gut und sind mit ihrer Art & Weise damit umzugehen wesentlich näher am Menschen und Geschehen, als so manch andere; hier nenne ich keine Namen.

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CeDe Salatschüssel #5 – Love Rockets / Borsti Ukulaila & Rodi / Fuffzehnsechzehn / oxmo /exat

Ich durfte hier mal wieder ein paar CD-Releases sammeln, bis ich mal beim Nachbar einen Abend an seinem Endgerät verbracht habe. Respektive auf Festplatte gezogen und mit in die Ferien genommen. Ich sitze also hart in der Sonne, während ich all die Songs durchhöre!

The Love Rockets – (this ain’t no) Rocket Science
Da ich Experte für Rock’n’Roll-Musik bin, hat Bakraufarfita keine Kosten & Mühen gescheut und mir die Debüt-EP der Berliner Band The Love Rockets zukommen lassen. Es langweilt mich; am Ende höre ich da die immergleichen Riffs und Bemühungen, den Würgegriffen der Gitarre noch die allerkleinste kristalline Struktur auszupressen.
Ich bin ehrlich: The Love Rockets gelingt das ganz gut. Die fünf Tracks sind ziemlich flott, verzichten auf unnötigen Pop, bringen dafür lieber cachy Hooks und Mitgröhlrefrains. Auch bleiben die Songs eher kurz & knackig als sie mit übflüssigem Sologedudel zu füllen.
Technisch top, gut aufgenommen!
Gibt es hier!

Borsti Ukulaila & Rodi – split CD
Akustischer Ukulelenpunk. Kurz gefasst: sechs Songs von Borsti Ukulaila. Viele Fragen ans Leben, an Beziehungen, feiern, persönlich! Sie hat echt ne coole Stimme! Es ist, denke ich, allen klar, bevor man das in den CD-Player legt, weiß man, das die Musik wohl recht reduziert ist.
Die Texte sind klar und deutlich, so wie es sich auf dem Wagenplatz eben anhört. Ein sehr gutes Beispiel ist das “(viele viele bunte) smartphones”. Super Statement. Deswegen gibt es auch nur diese Aufnahme auf CD, kein Video, kein Stream.
Gefällt mir richtig gut! Ist aber auch keine Konzert(vorband)-Musik, eher etwas für ein schönes Zusammensein, Lagerfeuer, Wohnzimmer.
Rodi von 100 Kilo Herz bringt da sechs komplett andere Tracks auf die CD. Er spielt Westerngitarre und hat seinem Sound dann doch noch zwei, drei Effekte hinzuzufügen. Seine Stimme ist wohl bekannt und klingt mit seinen Songs super-melancholisch. Auch er hat hier mehr emotionale Songs am Start, als politische. All das passt auch eher auf die Strasse oder ans Lagerfeuer. “wo bist du jetzt” teilt er sich stimmlich mit Borsti Ukulaila. Mit “Königinnen” bringt er uns eine sechs-Minuten-Akustiktrack in die Ohren. Vow. Mutig. Sozialkritisch.
Sicherlich zuhause aufgenommen, erschienen im März 2022 bei bakraufarfita.

fuffzehnsechzehn – ihr schönsten lieder CD
Crossover-Metal-Punk. So das Intro. Es geht weiter mit “jupp”. Ein Buchhalter ist die Identifikationsfigur. Witzigkeit zwischen Detlef und so Rockpunk. Ich kann damit nicht so gut. Insgesamt gut aufgenommen, gespielt und vorgetragen. Auch mit Ska-Punk kennt man sich aus und spielt den Song sehr abwechslungsreich und abgeklärt. Textlich ist das ziemlich safe nicht so wirklich ernst gemeint und hat eher Feier- und Mitgröhlcharakter. Kompliment an euer Anschreiben! Aufkleber, Zip und Zup, ne ganze Kiste voll! Insgesamt 15 Songs. Dreiviertelstunde Spielzeit.
Erschienen im Oktober 2022 im Eigenrelease auf CD. Digital kam das wohl schon 803 Tage vorher digital raus. Die Band glaubt an sich, gebt ihr ne Chance!

oxmo – wer willst du sein CD
Hiphop-Punk-Rock mit Bläsern. Das Cover schreckte mich erst ein wenig ab. Doofes Lama, spuckt einen doch nur an.
Jedenfalls: aus Konstanz. Yeah! Ba-Wü-Power auf einem Berlin-Dortmunder-Label.
Die Band beschreibt sich selbst so: “Vier Verrückte namens OXMO organisieren sich in selbstkreiertem Cocktail-Core mit Elementen aus Sprache, Gesang, Gitarren, Trompete und Tasten. – Hip Hop flirtet mit Punk und anderem Zeug. – Klingt komisch? Soll’s auch sein.”
Ich gehe mal auf unsere Definition von “komisch” ein. Komisch im Sinne von lustig ist diese Musik schon, allein durch die Vielfältigkeit der geradezu überbordenden Ideen. Auch die Lyrics haben eine Witzigkeit, Ironie, die sehr passend zur Musik ist. Wenn OXMO auch noch versuchen würden wirklich ernste und politische Texte zu machen müsste sich die Musik auch anpassen, right?

Nach dem nicht nur sehr langen, sondern auch Ideenreichen Opener “Victory”, schließt sich nahtlos “prince of the senseo” an. Es wird die Punkcombo Mülheim Asozial zitiert und Autotune verwendet. Es folgt, Zitat “viel zu fröhliche Musik über Arschlöcher”.

Wie gesagt, die Band beweist guten Humor und bringt dich zum Schmunzeln, Tanzen und Freuen.
12 Songs, irrwitzige Songlängen von (in der Spitze) 6 Minuten “in den strassen von new ravensborough” bis zu extrem sozialkritisch, politischem “kim jongs jungs”. Irgendwo zwischen Such a Surge und Büchse.
Erschienen bei Bakraufarfita im Mai 2022.

exat – ein herz für punkrock
Zum Abschluss diesen neuen CD-Salats kommt al Dressing der vierte Release von Exat obendrauf.
Die Band bringt Punk’n’Roll auf die Plastikscheibe und hat das Video “united” im Petto:

Mir geht es allerdings nicht unähnlich der the Love Rockets – ich hab da wenig Gefühl für diese Musik.
Das Trio aus Lüneburg ist nun auch bald seit 20 Jahren unterwegs und hat (laut Text von “united” schon Höhen & Tiefen erlebt). Musikalisch gehen sie richtig gut nach vorne, sind definitiv mehr Punk als Rock. Das Roll hört man klar an den Gitarrenriffs raus. Der Bass spielt gute Rock’n’Roll- Lines dazu.
Zwischen Sozialkritik (schöne neue welt / durst nach freiheit) und humorvollen Texten (für nancy (freundin von sid, you know 😉 ) & der letzte an der bar) für die Punk-Partyhasen alles dabei.

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MC: lügen – III

Ich bin traurig; nimm die besten Momente von Oma Hans, von Oiro, dann gibst du einen ordentlichen Schuss minimalistischen NDW-Punk dazu. Garnierst da musikalische Mahl mit cleveren Texten als Topping. Mit so viel Inhalt versehen, dass man einen Moment braucht, um da richtig reinkriechen zu können. 
Das ist insgesamt keine schwere Kost, eher manchmal etwas sperrig, was Lügen da so machen; vielmehr: machten.
Denn die Band hat sich mit diesem Release aufgelöst.
Einige haben schon ihre kleinen Reviews, ihre Texte des Bedauerns zu dem Verschwinden von Lügen zum Ausdruck gebracht, ich frage hier nach dem Warum!
Ich weiß, Warum-Fragen zu stellen ist nicht schlau, man bekommt meist keine zufriedenstellende Antwort.

Lügen fragen nicht warum. Sie stellen fest. Respektive Sabrina, die Sängerin und Texterin, macht das sehr deutlich mit ihren Texten. Gegen die Menschen, die meinen, der Staat zu sein und dies durchdrücken wollen. Die Trauer um Menschen, die zu früh aus dem Leben scheiden.
Für mich der, wie soll ich das sagen, berührendste Text, der mir selbst am meisten gibt, weil man als Mann noch so sehr versuchen kann im Familienkonstrukt mit Partnerin und Kindern der Partnerin viele Freiheiten zu lassen, man scheitert oft genug selbst daran. In “selbstunterschätzungssyndrom” beschreibt Sabrina jene Frauen, die diesen familiären Weg nicht genommen haben, und für diesen auch schlicht und ergreifend auch gar nicht kämpfen wollen oder müssen.
Sie wollen so sein dürfen, wie sie sind und dabei selbst auf keinen Fall unterschätzen müssen.
10 Songs voller Botschaften, dahinter kleine Geschichten.
Drittes Album, eine 7inch, von 2016 – 2022.
Lügen – III

Es ist nicht alles Freude. Das muss es auch nicht sein. Kritik ist keine Freude. Deswegen können manche Aussagen ganz schön nach unten ziehen. Man darf sich aber nicht nach unten ziehen lassen; so sehe ich das zumindest.
Und stehe sozusagen staunend vor den klaren, wenig freudigen, wenngleich treffenden, Aussagen von Sabrina.

deutschland, wenn ich durch deine straßen geh
bin ich mir sicher, dass nichts hier sicher ist
außer dass tot
ein lebensstil sein kann
(outro)

Dieser Song “outro” befindet sich in der Mitte, sehr weise an Position fünf gesteckt.
Zum Abschluss, ich ende mit einem Track der 7inch, die ich hier mal reviewed habe, mit dem Video zu “Pauls Penis” entdeckt. Ein Song, der mit dem Alt-68er-Patrichariatsmissverständnis aufräumt, “freie Liebe” ist nämlich eine Einbahnstrasse.

Lügen verabschieden sich mit den Worten “Bullerbü is immer noch abgebrannt und nichts muss bleiben wie es ist.”
Zu haben ist das Tape bei Bakraufarfita oder auch Raccoone Records.

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MC: the Melmacs – good advice

Zwischen Rockpop (ich hab keine Ahnung, wie man das nennt) und Poppunk schwelgen die the Melmacs in sehr fein produzierten Songs.
Hits sind, meiner Meinung nach, “saturday night” und “planet melmac”. Die beiden Songs veranschaulichen sehr gut die Herangehensweise der Band.
Während “saturday night” eine ganz wundervoll melancholischen Basslauf hinter extrem repetitiven Lyrics versteckt, kommt der “planet melmac” daher, als wäre er aus einem 60er Jahre Film gefallen.

Die Band aus Leipzig gibt es noch nicht gar so lang.Scheint aber einen maximal kreativen Lauf zu haben. Kann man ja auch ganz gut anhand des Videos sehen, Zitate fallen ihnen auch nicht schwer.

Das ist ziemlich kurzweilig. Und ohne diese Nummern, die immer mal eingestreut sind, würde mir der doch sehr poppige Sound leicht durchrutschen. Da bleibt wenig hängen, wenn da… ja wenn da nicht….
Also: gut!
Kaufen. Tape gibt es mit Button und einem anderen Cover als die LP.
Hier und hier.
Selbstverständlich erschienen für den Garant der punkig guten Laune: Bakraufarfita. V.Ö. am 30.09 (und ich habs geschafft, rechtzeitig, vuhou!). Tapelabel ist Tape or die. LP-Coop mit Wanda Records.

Eigenbeschreibung noch hintendran:

The Melmacs give you top notch PowerPop-Punk, combining jab jab guitars with a jub jub keyboard, pow pow drums and a boomboom bass that will butter your parsnips! A terrific potpouri, very nice, very evil, stabbing you in the back, blowing out your earwax, rising the sun with it‘s bare hands. Helmets and slippers required – Welcome to Planet Melmac!

UPCOMING SHOWS:
———————-2022———————-
15.09.2022 – München, Feierwerk w/ Kotzreiz, Pestpocken
17.09.2022 – Stuttgart, Juha West w/ Kotzreiz, Pestpocken
18.09.2022 – Göttingen, Musa w/ Kotzreiz, Pestpocken
03.10.2022 – Leipzig, Manfreds w/ Missstand
11.11.2022 – Dresden, Chemiefabrik w/ Pissed Ones, Strg+Z
18.11.2022 – Bautzen, DIY w/?
19.11.2022 – Erfurt, Tiko w/?
02.12.2022 – Hamburg, Indra Musikclub w/?
03.12.2022 – Hannover, Monster Records, w/?
———————-2023———————-
06.01.2023 – Berlin, Schokoladen, w/The Not Amuesd
07.01.2023 – Jena, Alster (Kneipe)
28.01.2023 – London w/ The Speedways