LP: marode – risse

Marode überraschen mich mit einem ersten Song, der mich so überhaupt nicht aus den Socken haut. Riff, Songwriting und die Melodie, die ich lang erwartet habe und sie dann auch gegen Ende des Songs in meine Erwartungshaltung platzt. Obwohl, dann ja eventuell doch etwas Überraschendes.
Musik ist da, um gehört zu werden. „Herrlich destruktiv“ diese Band. Die Sicht der jungen Punx auf die alten wird thematisiert. Was sie früher mal alles wollten, was man selbst denn so will und dann ist man überrascht das die Alten, dann doch so werden: Frau, Kinder, Reihenhaus. 
Marode sind ziemlich abwechslungsreich, zwei Männer spielen Gitarre und Bass und singen abwechselnd, während ein Frau die Songs nach vorne kloppt.
Zwischen laut Erzählen oder auch deutschsprachigen Gebrüll, aber auch so sehr schnell gesprochenem Hardcore-Sprechgesang. So Amen81-mäßig. Manche sind total auf den Punkt und superkurz wie „was du willst“ oder „pennen“ „der moment“, andere wiederum auch auf den Punkt und sehr lang „das gruselige Lied“. Wie gesagt: abwechslungsreich!

auf die Seele an der Bushaltestelle
wartet niemand auf die verpasste Gelegenheit
(…)
gestrandete Männer stehen die Braune Flasche zusammen an der Ecke beim Supermarkt
missmutig beäugt von gebundenen Frauen und ihren Männern auf dem Weg zur Arbeit
(…)
Die Buchstaben supper schmeckt nach fahren Wörtern und nach „da kann man halt nichts dran machen“

Das ist mega! Und weiß mich in der zweiten, dritten Runde der Platte echt zu begeistern. Ich hab mich halt von der Haltestelle Geister abholen lassen müssen, aus meinem Reihenhaus, haha.
Toxo und Andi, so finde ich heraus, heißen die beiden Menschen am Mikrofon und den Saiteninstrumenten, wechseln sich also immer wieder ab, was ich langsam aber sicher für gut befinde. Nein, da ist alles gut (wie man heute zu jeder Gelegenheit sagt). Sie haben eine recht eigenwillige Art gefunden, die manchmal sperrigen Texte in ein eigenes Vermaß zu setzen und die richtigen Pausen zu lassen, das man sich nicht verhaspelt bei der Geschwindigkeit. Yeah!
Einzelne Textteile dorthin zu setzen, wo man sie kaum erwarten würde.
Erinnert mich an Tischlerei Lischitzki, Moloch, auch älteres wie Torpedo Moskau, eben Amen81 – halt eher punkig als crustig.
Drei Akkorde durchmischt von Dur bis Moll, leicht windschief manchmal, schrammelig quietschen sie mit rutschigen Schlappen um die Hausecken, wie der leichte Abendwind im letzten Sommerkleid.
Denn die Platte ist schon im Juni erschienen, nun ist es Herbst, ich hatte den Review schon mal angefangen, all die schönen Labels rausgesucht und verlinkt, vergessen auf „speichern“ zu drücken…. boah ey.
Cover ist trist (Artwork von Livia & Kathi), Risse im Boden, doch es wächst noch was, mehr grau als schwarz/weiß, viel Verblichenes. Themen wie „was ist geblieben“ „egoismus bei sich selbst und andern“ „stillstand“ „alkoholmissbrauch“ finden sich auf dem Cover, wie auch in den Texten und Musik wieder. „herrlich destruktiv“ diese Band, Marode, eben.
Der letzte Song plätschert so aus, im Grunde, wie sie mich mit dem ersten Song begrüßt haben, vielleicht eine musikalische Klammer? So etwas wie der Strich, der sich durch das Artwork zieht und alles miteinander verbindet.

RilRec, Violent Heartbeat, Racoone Records, Schorrie Morrie Tunes, Attack Records

LP: G31 – die insel der versunkenen arschlöcher

G31 aus Hamburg haben Humor. Weder leben Arschlöcher auf einer Insel (oder nur), noch ist sie versunken; weder die Insel mit oder ohne die Arschlöcher, denn sie leben mitten unter uns.
G31 fragen mich nett an, bei Deutschpunk sollte man nie Nein sagen und so liegt sie nun auf dem Plattenteller, der erste Longplayer!
110% Punkrock das Cover. Schwarz/weiß, skizzenhaft, erinnert ein wenig an die Dead Kennedys Platte „Bedtime for Democracy“. Im Klappcover sind Zeitungsmeldungen über die Band, eindeutig Fake-News, ganz klar, das sieht mein inzwischen geschultes Auge sofort.
Als ich die Platte auflegen stelle ich überhaupt mal fest, dass die Band eine Sängerin hat – und Mitra klingt nicht unähnlich dem, was Marion bei Krause Glucke Weltverschwörung macht – und das ist super! G31 können also fast nichts mehr falsch machen.
Zweiter Song „wir dienen nicht“ ist ein echter Deutschpunk Kracher. Im Promo-Sheet schmeißt die Band ein paar Namen in den Ring, ja Scattergun, Antikörper oder Razzia sollten ein Begriff sein. Und von Antikörper haben sie auch den Gitarristen entliehen; jedenfalls, sie machen Deutschpunk in G31-Art.
Es hat jede Menge 80er Jahre Charme, wird nie total Pogo-tauglich, bleibt also im Midtempo-Bereich, aber abwechslungsreich!
Ein paar Worte zu den Lyrics der elf Songs. „Grüner Jäger“ ist wohl die Ballade der Band und der Text ist so herrlich verranzt! Man muss auch im AJZ nun ein Feuerzeug rausholen und mitsingen, ich hab mich auch hier sofort verliebt!
Ich finde in zwei Songs neue Worte, die ich noch nicht kenne – und das bei einer Punkband! „chao ab ordo“ (heißt eigentlich so: ordo ab chao), der Song heißt „Revolution spielen“ und stoße bei der Kurzrecherche auf die Freimaurer. „who controls the past, controls the future, who controls the present, controls the past“ von George Orwell. Ich denke, ich hab das schon vor Jahrzehnten bei Rage Against The Machine wahrgenommen. Eventuell möchten G31 uns irgendwann aufklären, wieso sie diesen Lateinischen Begriff umdrehen.
Dysotopie ist was? (in den Kommentaren ist Platz 😉 )
Die Scheibe entdet mit einem Zitat eine AfD-ioten mit diesem „Vogelschiß“, der Song heißt „zu schön für dich“.
G31 haben ein leicht ausuferndes Songwriting, man kann jetzt nicht sagen, dass das alles kurze Punksmasher wären. Funktioniert richtig gut!
Erschienen ist die LP bei Sterbt Alle Records. Guter Sound.

Hier ein Livevideo zum Nachtisch:

LP: marode – risse

Marode überraschen mich mit direkt mit/bei  ihrem ersten Song „die Dummen“, der mich sogar nicht aus den Socken haut, weil aber auch alles, also das Riff, das Songwriting und die Melodie, die dann gegen Ende doch kommt, ich lange erwartet habe, mich echt nicht vom Hocker reißt. Es ist sogar so, dass diese Platte bei mir erstmal am Ende des Rezistapels gelandet ist. Erschienen ist sie bereits im Sommer. Aber das ist mehr so Herbstmusik!
Marode spielen laut Eigenaussage „… alten punk in einer kaputten welt. mit gebrochenen stimmen und verrosteten instrumenten. keifen und singen über verwahrloste menschen und zustände.“
Je länger die Platte läuft, umso mehr Licht erscheint aber am Ende des Tunnels, um es mal so dichterisch auszudrücken. „herrlich destruktiv“ zum Beispiel ist ein Song über die junge Sincht der Punx auf die alten Punker. Was sie früher mal alles wollten, was man selber alles will und dann ist man überrascht, dass die Alten dann doch anders werden. Nach dem Motto Ehefrau/Kinder/Reihenhaus leben.

Es ist dann doch ziemlich abwechslungsreich. Zwei Männer singen und spielen Bass und Gitarre. Sie wechseln sich ab, was mal keifend klingt, mal erzählend. Hat was von …but alive, amen 81 oder außer ich. „brügge“ ist dei erwähnte herbstlich angehauchte Punkmusik.
Die Songs sind durchweg kurz, doch meist gibt es viel zu erzählen und die Lyrics echt ausufernd. Was ich tatsächlich richtig gut finde!

Die grauen Häuser werfen Schatten auf die Seele, an der Bushaltestelle wartet niemand auf die verpasste Gelegenheit

Gestrandete Männer stehen wie braune Flaschen zusammen an der Ecke beim Spar-Markt, mißmutig beäugt von gebundenen Frauen und ihren Männern auf dem Weg zur Arbeit

Die Buchstabensuppe schmeckt nach faden Wörtern und nach: Da kann man halt nix dran machen, ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, nur harte Arbeit

Das „gruselige Lied“. Megagut!
„Bizarroworld“ total angepisst und das Rad wird hier im Sinne der 80er Jahre nochmal in 1Min04Sek ordentlich im Kreis gedreht. „pennen“ ist sogar noch kürzer. Toxo und Andi wechseln sich da echt super ab, während sie von ihrer Drummerin nach vorne geprügelt werden.
Wütender Drei-Akkorde-Punk mit ab und an rechts dystopischen Lyrics, die aber nicht in totaler Düsternis münden.
Auf die ganze Länge der Platte funktioniert das super! Man gewöhnt sich an windschiefe Rumpeligkeit. „falsch und klein“ ist ein super Anspieltipp.

Sie reimen konsequent alles und passen das auch noch in ein Versmaß, da hat jemand bei den Gedichtinterpretationen gut aufgepasst, wobei auch das nicht zu oll daherkommt. Sie haben eine sehr eigenwillige Art & Weise dann Textteile dorthin zu setzen, wo sie sonst keiner singen würde, wo man sie nicht erwartet. Marode machen also Musik wie viele Bands schon vor ihnen, und suchen die Abwechslung, das Eigenwillige in derart Kleinigkeiten.
Diese Drei-Akkorde-Wut mit den passenden Texten ergeben ein rundes Gesamtbild!
Zwischen den Themen „was ist geblieben“, Egoismus in der Gesellschaft, Stillstand, Alkoholmissbrauch bleiben „Sätze mit aber“, was einen wirklich guten Schlusspunkt setzt. Plätschert so aus. Habe das das Gefühl, dass diese Song eine erzählerische Klammer darstellt. Wie der Strich, der sich durchs ganze Booklet zieht, zusammenführt, zusammenhält. Am Anfang ist das Ende und umgekehrt.

Fünf Labels RilRec, Raccoone, Attack Records, Schorrie Morrie Tunes und Violent Heartbeat haben „Risse“ herausgebracht. Klasse Artwork! Viele Risse im Beton, viel Verblichenes.

LP: donner – doch kaputt

Endlich wieder Deutschpunk. Donner schmettern ordentlich in Reibeisenstimmlage durch diese Mini-LP. Acht Songs präsentiert die Band.
Insgesamt wirkt das Gesamtkunstwerk doch etwas frisch. Die Songs sind zwar alle durchweg gut gespielt und vor allem vom Dreiklang Studio und BaxxBeatMusic in Aschaffenburg richtig gut aufgenommen. Seit circa 2017 (da kam der erste Release) haben sich „zu einer Punkband entwickelt, die klassische Punkriffs mit eingängigen Melodien vereint.“ So die Eigenaussage und ich antworte: stümmt.
Beim ersten Durchlauf bleibt allerdings nur hängen, dass jedes Lied gleich konstruiert ist. Klassische Punkriffs hin oder her. Kleine Fussnote: die Worte „klassisch“ und „Punk“ in einen Zusammenhang zu bringen ist aus musikalischer Sicht schon echt witzig.
Die Texte sind persönlich, sozialkritisch, (mehr) zwischen Hoffnung und (etwas weniger) Wut. Obwohl die harten Chöre schon sehr fordernd sind und im Mob vor der Bühne ganz sicher die ein oder andere Faust in der Luft geschwungen wird. Pogo tanzen und mitgröhlen kann man bei Donner auf jeden Fall, denn ein Gespür für eingängige Hooks ist ihnen definitiv nicht abzusprechen!
Wenn ich beim zweiten Durchlauf überlege, welchen Song ich herausheben sollte. Sie sind sich zu ähnlich, deswegen aber keineswegs schlecht. Mir würde die Schublade Punkrock mit Oi-Kante gut gefallen. Ich weiß nur nicht, ob die Band das auch so sieht.

Erschienen im Mai 2022 bei Noise To Help Records wobei dieses Label wohl eher dem Hardcore zugetan ist und auch noch recht neu. Ich bin gespannt, was da noch so kommt. Gibts beim Label oder bei der Band hier auf:

MC: Faust X Bein vs. Knastwaffe

Faust X Bein streiten sich mit Knastwaffe.  Zuerst die Faust X Bein – Seite. Es steht drauf „Deutschpunk“, ja, stimmt. Texte sind recht simpel, die Musik ist…. Deutschpunk. Ordentlich nach vorne gespielt, ein wenig rumeplig. Themen sind: Häuserbesetzung, DIY; Handywahn, Bombenterror (hier geht es um den I.Weltkrieg) waren und Bombenterror. Ich finde es … gut… Deutschpunk ist per se cool. Band kommt aus dem musikalisch sehr schönen Magdeburg.
So richtig zündet es aber gerade nicht.

Apropos zünden: Knastwaffe, scheinbar ein Projekt?, da es sich um ein zwei Personen Stück handelt, Schleppe und Koma musizieren. Die beiden haben ganz schön Frust abgelassen. Hier geht es wesentlich härter zur Sache, mehr Hardcore, düster.
Das Tape ist supercool aufgemacht, besprüht, klasse Einleger, alles stimmungsvoll zusammengetragen von Zehnagel Records. Mir liegt hier die Frustrationslatte ein wenig zu hoch. „Play Deutschpunk or die“

LP: Cruor Hilla – Warten auf den Kater

Erstmal ein fettes „Sorry“ für den superspäten Review! Habe diese Platte schon im Herbst letzten Jahres bekommen, als sie, damals schon mit starkem Delay, dem Presswerk abgepresst wurde.
Cruor Hilla haben schon die ein oder andere CD rausgebracht und nun vagen sie den Schritt ins Land des Vinyl. I like!
Es ist der vierte Longplayer namens „Warten auf den Kater“. Den Zustand kennt der ein oder andere vielleicht doch: viel trinken und nichts passiert. Warten also.
Eventuell kennt ja der eine oder andere den Zustand nicht, dafür aber schon eines ihrer Werke ,hat die Band schon mal live gesehen? Denn wer Cruor Hilla kennt weiß, dass sie eine sehr Fun-punkige Seite haben, ohne dabei dem Flug Brieftauben beizuwohnen, eher abzuschneiden.
Der erste Song „Steuerfahnder im Großbordell“ der die Platte eröffnet, ist gleich so einer. Die Band war so liebenswert, mir Texte und Linernotes mitzuschicken. Hier: „auf der Suche nach einer Textidee fanden wir im Proberaum noch ein Hamburger Abendblatt mit dieser Überschrift. Der Rest ist Geschichte.“
Doch außer Funkpunk, weiß man auch die Berliner Melancholie zum Ausdruck zu bringen. Mit dem Videotrack „nach der Party Depression“ – der mir auch wahrlich am besten gefällt, soviel kann ich vorwegnehmen:

Insgesamt ist die erste Seite abwechslungsreich wie das sonst Bands auf zwei Alben verteilen. Es ist alles da: Funpunk (ja, ich weiß, ich erwähnte das bereits), Punkrock, ein wenig 70er Jahre Rock (?), ein paar Off-Beats eingemischt – apropos: die Aufnahme, Mischung und das Mastering habt die Band selbst übernommen! – dabei trifft Cruor Hilla immer den  richtigen Ton und hat coole Texte im Gepäck. Das Großstadtliebeslied „ich gehe nicht nach Hause“ ist auch ein schöner Anspieltipp für die VErliebten unter euch.
„Zeit braucht Zeit“ ist ein wenig…. hm. Wir sind Helden – mäßig. Nein. Quatsch: an Strg_Z erinnert es mich. Ganz tolles Album, welches hier vor ner gefühlten Ewigkeit zum Review kam.
Abwechslungsreich macht auch der immer wieder wechselnde GEsang von allen drei Bandmitgliedern, Felix, Till und Christian. Von der Platte haben sie 300 Stück machen lassen, greift zu!

Cruor Hilla geben auch wieder Konzerte und schreiben Vinyl“S“ leider falsch 😉 und ja, ich bin ein Nerd.

fanzine: No!Pop:Mag #1

Noch ein neues Fanzine am Fanzinehimmel. Gut?
Oder nimmt das doch Überhand jetzt?
Nein, das kann es nicht mehr.
Man darf zwei Sachen nicht aus den Augen lassen: zum einen gab es in den 80/90ern hunderte dieser Zines auf einem hart unübersichtlichen Markt.
Inzwischen gibt es noch, mh, ich würde sagen drei Dutzend. Und jedes ist anders. Punk, Feminismus, Oi, Short Stories, alles dabei.
Eike, der schon lange eine Radiosendung selbigen Namens macht, No!Pop:Mag bei Radio Osnabrück, bzw. kommt sie auch bei Punkrockers Radio, hat sich also drangesetzt ein Copy&Paste Zine zu machen. Klar, es wird heutzutage schon mit einem Grafikprogramm gearbeitet, dennoch: es ist selbst gedruckt und geheftet.
Wie Eike selbst im Vorwort so klar sagt: die Urform der Kommunikation im Punk ist nicht die Bravo oder das Spex (gibts doch nicht mehr, oder?), sondern seit jeher das selbst zusammengeschnippelte und – geklebte Fanzine.

Die erste Ausgabe also ist pickepackevoll mit Bands. Die einen kenne ich, da sie schon einige Zeit unterwegs sind, wie die Burger Weekends (Pop-Punkrock & Roll / Bubblegum Punk Band from Osnabrück) oder Neon Bone (Poppunk). Neu sind mir die Wild Sandals (Beach Pop Punk straight outta Meppen!!!) oder Shitty Life (Chitarrino Power Punk from Parma, Italy).
Ein superklasse, informativer Comic von Mental Rabie erklärt uns das aktuelle Zusammenspiel, respektive -leben unserer kapitalistischen Gesellschaft. Das ist vielleicht nicht neu – wie Fanzines und Punkrock, hüstel – aber wirklich gut.
Auf seinen ausgiebigen Streifzügen durch das Internet findet Eike whl so einiges, was ihn interessiert.
Die Interviews sind kurz und knackig, stellen die Band vor, reduziert auf zwei bis drei Seiten maximale Informationsdichte!
Ungewohnt für Punk.
Ein bisschen Werbung, Reviews von Fanzines und Tonträgern komplettieren die Ausgabe, die irgendwo einen Zahlendreher in den Seiten hat. Man muss ein wenig hin- und herblättern.
Insgesamt: ich freue mich auf Ausgabe #2.
Zu haben per Mail

ich habe heute keine review für dich LP / MC out now.

Boah ey. Was hat sich hier angestaut?
Ich versuche es kurz zu fassen.

Mein Job hat es, auch pandemiebedingt, dazu gebracht, dass das Telefon nicht still steht. Viele Angebote, ich arbeite beim Film, zeitabhängig beschäftigt.
Nun habe ich seit Anfang Juli durchgearbeitet. Bin nicht am Ende meine Kräfte, aber am Ende der Zeit, in der ich (fast) nichts anderes machen kann als Keine Musik, Keine Reviews, Kaum Musikhören…. lauter K’s.
Ab und an doch mal eines. Der übriggebliebenen Zeit abgerungen.
Hört sich hart Kapitalismusorientiert an, isses aber nicht. Ich könnt auch Nein sagen und nicht arbeiten gehen. Mit Kindern aber kaum eine Option und außerdem liebe ich meinen Job leidenschaftlich.
Deswegen liegt auch hier ein fertiger Sampler für die Printausgabe #8. Nur mit der Grafik bin ich noch nicht durch. „Herbst 21“ steht auf dem Cover, das habe ich schon gedruckt…..

Wie auch immer: wenn bei anderen die Winterpause herrscht, gibts hier die nächsten Tage wieder Reviews, ich habe unfassbar viel zu lesen, danach kommt wieder Musik.

Yeah.
Weiterhin schöne Weihnachten und einen Guten Rutsch.
Ich mach mir erstmal n Bier auf; und leg ein paar witzige Scheiben auf, die ich extra für diese Tage besorgt habe. (nur wham lasse ich aus! Ich habe es tatsächlich geschafft diesen beschissenen Song dieses Jahr KEIN einziges Mal zu hören. Nicht im Supermarkt, im Radio, in der Tanke oder sonstirgendwo. Geiel – dann ist Platz für andere Ohrwürmer. Was waren denn eure?)

review: TISCHLEREI LISCHITZKI – wir ahnen Böses LP

Tischlerei Lischitzki. Der Name allein ist Gold. Wann, mein Gott, wann hab ich die Band das letzte Mal gehört? Die Split 7inch mit den leider schon verblichenen Grizou vielleicht? Oder war es „Halt die Kladde“ – auch ein schönes Ding. A6 Ringheft mit allen Texten und ein Tape dazu. Das war 2013. 63 (!!!) Songs zum Download mit Lyric-Buch.
Nun sind wir im 20ten Jahr der Tischlerei angelangt und es gibt ein neues Album!
Manche Bands sind einfach toll, weil sie einfach bleiben, einfach ihr Ding machen.

Eine unfassbare Melancholie erfasst mich beim Hören der ersten Gitarrentöne. Die Akkorde, die Melodie steht fast still, hält die Zeit an. Gänsehaut!
Die Energie, die Wut, der Zorn, der in dieser Punkmusik steckt, erinnert mich total an eine Band aus Mönchengladbach. Jedenfalls zeitweise. Die Texte und der Gesang von Ralf sind wesentlich mahnender, anklagender und wesentlich konkreter! Jeder Mensch hat einen Namen, wenn er sich an sie „Wolfgang Mirosch“ erinnert. Ein Platte zum Reinhören, Festfressen, Graben. Das war erst Seite eins!

Und ich darf feststellen, dass die Tischlerei Lischitzki mich reingelegt hat! Ich dachte nämlich, dass die Seite 2 die Seite 1 ist; weil auf dem Label das Logo mit dem Zirkel und dem Hobel ist. Zusammen sieht es halt aus wie ein „A“. A, wie „Ausgetrickst“!
Ich halte es immer noch so, dass ich eine Platte erstmal einfach auflege. Nein, ich staubsauge nicht dazu, einfach mal laufen lassen. Keine Texte lesen, kein Cover anschauen, nur die Musik.
Also: die Platte geht los mit einem super Intro und der darauf folgende Song „Konzertanfrage“ ist ein wunderbarer Song über all die Booker:innen, die Bands einfach buchen, ohne deren Backstory gecheckt zu haben.
Betrifft ja auch genug Bands, die einfach ein Venue suchen und dann eine Überraschung erleben, mit welch schlimmen Bands sie die Bühne teilen dürfen. Gutes Thema!

(und statt eines Videos gibt’s hier ein älteres Interview bei der großartigen Sendereihe von Punkrockers Radio: Kopfpunk):

Ich mag kein Wort über Weiterentwicklung verlieren oder Namedropping betreiben. Die Tischlerei Lischitzki ist was ganz besonderes und hat ein tolles Album auf einem ebenso gefühlt ewig existierenden Label veröffentlicht: Elfenart.
Die Band spielt richtig gut zusammen, nach vorne, nehmen auch mal Tempo raus. Der Song „Feldpost“ ist die Erklärung für den Titel der Platte. Der erstmal Zeitaktuelles vermuten lässt. Das man hinter allem, zumindest vielem, Böses vermutet, bzw. wenn man vorausschauend denkt schon Böses ahnen kann, hinter dem was irgendwelche Leute so erzählen. Aber gemeint ist die Frage nach dem „Warum“. Warum haben Soldat:innen, obwohl sie so viel Leid erlebt haben, zugefügt und selbst durchlitten, Fotos nach Hause geschickt, auf denen sie lächeln?

Alles an diesem Album ist anregend. Ich erwähnte es ja schon. Es ist ein wenig düster und hat eine Traurigkeit inne, ist dennoch nicht melancholisch; mit hellen Momenten. Steht für sich.
Gibt es hier: Elfenart. Und die Band macht lieber, statt buntes, limitiertes Schnickschnack-Vinyl, eine Soliaktion für die Seenotrettung!
(dieser Review ist auch bei Vinyl-Keks erschienen)

review: Kalle – ey! LP

Das Kalle Cover spricht schon Bände und sagt mir: das ist also dieser Deutschpunk von dem alle reden. 
Mit Fun vor dem Punk. Vom ersten Moment erinnert es mich an die famosen Helmut Cool, an denen sich ja auch so einige Geister scheiden und das kann man definitiv auch von Kalle sagen.
Kalle sind in ihrem Stil ein wenig metallischer als die Punks aus Stuttgart. Beim ersten Song „Blümchen auf dem Ruhrpott Rodeo“ kredenzt die Band gleich eine Melange aus Punk mit Metalkante und Offbeats. Ob das auf Albumlänge gut geht?
Legen den Grundstein für das Kommende, zu Hörende Album mit dem kurzen Titel „ey“.

Es bleibt sehr abwechslungsreich, sehr lustig, aber auch ernst. Feminismus ist ein Thema, alte weiße Männer, mit dem Fazit, dass man doch am besten lebt, wenn man sich selbst nicht zu wichtig nimmt.
In dieser Kürze belasse ich diesen Review auch, denn über Musik lässt sich streiten, über Inhalte nicht.
Der Sound, die zwölf Songs sind im Frühjahr letzten Jahres produziert worden, top!
Alles richtig gemacht.
Erschienen bei Bakraufarfita auf blauem Vinyl. Da gibts die auch zu kaufen.