review: BIKINIMUSIK – einen Augenblick Wahrheit LP

Bereits Ende 2020 erschien die Platte „einen Augenblick Wahrheit“ von Bikinimusik aus Magdeburg. Vor einer Weile hatte ich schon die famosen Direct Juice im Review, ich bin sehr dankbar, dass mein Freund Tuba mir diese tolle Musik aus dieser verrückten Stadt zukommen hat lassen.

Im weitesten Sinne Indie-Punk-Rock mit viel musikalischem Gespür für die Auslotung der Genregrenzen. Durch die Texte assoziiere ich tatsächlich Such A Surge, die ich in jüngesten Jahren mal hörte. Musikalisch hat das nichts mit Bikinimusik zu tun… oder auch DxBxSx nur weniger „fett“ gespielt, sondern mit mehr Feingefühl.

Gleich der erste Song „die Wahrheit an der Wand“, beschäftigt sich mit dem Gedicht, dass an der Wand irgendeiner Unität stand. Die Band nutzt dieses Gedicht also für ihr klares Statement zu „sexistischer Kackscheiße“.
„Einhornjäger“ beschäftigt sich mit homosexueller Liebe. EIn Song, der mir auch musikalisch runtergeht wie Öl. Erinnert mich an richtig cuule, drive-ige Ideal.
Mit „immer dann“ haben sie ein irre tolles Liebeslied geschrieben. Textlich wirklich superschön.
Vieles klingt nach deutschsprachiger Rockmusik, ein wenig Krautig, Wha-Wha-Klänge, Richtung Ton Steine Scherben. Dazischen mal ein Off-Beat. Wie gesagt: ein Ausloten der musikalischen Genregrenzen.
Bei „Wahrheit“ brettern sie dann auch mal richtig nach vorne. „Küss mich wach“… das tun Bikinimusik!

Seite zwei gibt es mehr Songs, die zum Nachdenken anregen. „BND“, „Blödsinn“ und „Alt+F4, Escape, OK“.
Man mag nicht gleich mit allem einverstanden sein, was sie textlich sagen, es geht hier echt ums Zuhören, Denken und Verstehen. Klar, ein Diskurs kann erst auf einem ihrer raren Konzerte stattfinden. Was das aber hier wirklich besonders macht.
Mit „Hau ab“ lassen sie als letzten Song noch eine klare Message stehen. In Sucksen-Anhalt wünsche ich mir mehr Aufmerksamkeit für diese und ähnliche Bands.
Wer Bock hat auf etwas „anderes“, musikalische Neuperspektive, Provokation, dazu noch selbst produziert, einen phantastischen DIY_Spirit versprühend: Wo ihr die Platte bekommt? Vrmtl per Mail bei Bandcamp.

www.bikinimusik.de

fanzine: Punk! OI! Ska! #3

Der Monat August ist recht ungewöhnlich um zu lesen. Normalerweise, ich sage nicht (neue) Normalität, liege ich am Badesee und kraule in den Wellen der vorbeischippernden Standup-Paddlern. But not this year. Corona hat das Klima verändert, es regnet ständig.
Für Juli ’21 gibt es also die Nummer 3 von Punk! Oi! Ska! und ich hab ganz vergessen einen Review dazu zu …. ne, eigentlich, es überhaupt zu lesen!
Was mir sofort auffällt ist, dass das Ganze Getippse wesentlich klarer ist. Nicht mehr ganz so viele 😉 dazwischen, keine hahaha’s mehr, oder die 10000 Punkte, mit denen er die Texte füllte. Oder doch irgendwie. Ich habe wahrscheinlich irgendwann aufgehört zu zählen, haha 😀
Das macht den Lesefluss richtig leicht. Auch hat Matze sich entschieden zwischen den Interviews immer wieder Reviews zu bringen. Das macht das wirklich abwechslungsreich.
Einzig nicht sooo abwechslungsreich ist das Cover, welches schon hart dem Underdog ähnelt.

Er hat wirklich viel zu erzählen und streicht keinen einzigen Satz. Die Reviews sind ausführlicher als wir sie mit der Vinyl-Keks-Redaktion je schreiben könnten, hehe. Er beleuchtet ein paar Songs von The Clash „white riot“, wie es zu dem Song kam. Das ist wirklich interessant!
Danach gehts dann erst los mit Interviews!
Diesmal mit und von Generell Daneben, „wie in Lichtenfels das Lagerbier erfunden wurde“, ein paar Konzertberichte. Ist auch alles völlig ausreichender Lesestoff.
Zum Ende freue ich mich total darüber, dass er die famose Singapurer Band Daily Ritual reviewed hat, ich habe sie vor …. einigen Jahren in Mannheim im Juz gesehen und finde sie mit ihrer drei Gitarrenwand einfach mega!

Auch die Antinational Bass Crew habe ich im Review entdeckt, kann auch nur wärmstens empfehlen!

 

fanzine: Rampage #5

Rampage! Yeah. Die letzten Ausgaben haben mich schon begeistert. Es ist wunderbar bunt und ein wenig infantil und so 70s Fotos drauf, ganz viele Punkte und so Hashi Tape oder wie das heißt.
Also im Grunde auch ein Copy&Paste Zine, nur auf eine andere Art und Weise gemacht.
Diesmal mag ich mich einfach erfreuen, an den thematischen Überschneidungen zu mir, bzw. zu den Veröffentlichungen, die bei mit auch mit Freude durchgelaufen sind.
Anfangen mag ich mit den „Stoner Sisters – eine Utopie“. Gott, was habe ich diese KYUSS geliebt. Blues for the red sun. Das ist der richtige Einstieg. Izzo’s Utopie ist, mit bärtigen Männergesichtern auch mit ein paar mehr haarigen FLINTA-Beinen eine Jam-Session zu machen. Treffpunkt Kreativfabrik Wiesbaden. Geile Idee. Ich hatte damals nur Jungs um mich, doch wir haben die „one gig in a year“ Kyuss-Coverband gehabt und das tiefe Tuning und die heavy Riffs, die einen in Grund und Boden wämsen sind schon echt mega. Das Visions titelte 1994 (oder so) „Wüstensöhne machen Fickmusik“. Das gilt für alle Geschlechter!
In den Reviews finde ich das letzte Buch von Jan Off „nichts wird sich niemals nirgendwo ändern“ und die Wavepunker von Fotokiller, deren Demotape bei mir auch einige Runden im Kasi fetzt.
Klar, es gibt noch viel viel mehr zu lesen, alles sehr feminin bzw offen für alle Menschen. Ich finde das groß, ganz egal, ob ich das korrekt gendern kann, oder nicht. Danke für diese schöne Zine!
Gibts bei Facebook oder bei Instagram. Einfach melden, wenn ihr eine Ausgabe wollt.

review: Kalle – ey! LP

Das Kalle Cover spricht schon Bände und sagt mir: das ist also dieser Deutschpunk von dem alle reden. 
Mit Fun vor dem Punk. Vom ersten Moment erinnert es mich an die famosen Helmut Cool, an denen sich ja auch so einige Geister scheiden und das kann man definitiv auch von Kalle sagen.
Kalle sind in ihrem Stil ein wenig metallischer als die Punks aus Stuttgart. Beim ersten Song „Blümchen auf dem Ruhrpott Rodeo“ kredenzt die Band gleich eine Melange aus Punk mit Metalkante und Offbeats. Ob das auf Albumlänge gut geht?
Legen den Grundstein für das Kommende, zu Hörende Album mit dem kurzen Titel „ey“.

Es bleibt sehr abwechslungsreich, sehr lustig, aber auch ernst. Feminismus ist ein Thema, alte weiße Männer, mit dem Fazit, dass man doch am besten lebt, wenn man sich selbst nicht zu wichtig nimmt.
In dieser Kürze belasse ich diesen Review auch, denn über Musik lässt sich streiten, über Inhalte nicht.
Der Sound, die zwölf Songs sind im Frühjahr letzten Jahres produziert worden, top!
Alles richtig gemacht.
Erschienen bei Bakraufarfita auf blauem Vinyl. Da gibts die auch zu kaufen.

CeDe Salatschüssel #3 – Triggercut / Inwiefern / Neckarions

Trigger Cut – rogo CD / LP

Ralf, der Gitarrist der Band, schrieb mich an, klar hör ich auch mal Noise. Ist nicht so ganz meine Welt, aber wenn es fetzt, dann ist das schon auch mal sehr geil. Trigger Cut haben hier mit einer brachialen Gewalt die Beats und Töne ins Aufnahmegerät gezimmert, dass das sofort Spaß macht und nach vorne treibt. Die Band spielt nicht nur geradeaus, sondern zerlegt auch ihr eigenen Strukturen wie am Ende von „coffin digger“.
Der Song „hooray hooray“ glänzt durch elegische Momente, was im kurzweiligen Noise schon echt cuul ist.
Insgesamt ist die Präzision mit der hier die Backsection Bass und Drums die Beats vor- und zerlegen ziemlich smooth, die hallige Gitarre schrabbelt nicht „einfach“ Noisekaskaden darüber. Der Sound ist super produziert, hat ein gewisses Alleinstellungsmerkmal, auch der Gesang ist im vergleich zum letzten Release noch ne ganze Ecke besonderer geworden. Er unterstützt nicht nur durch rhythmitisiertes Sprechen, sondern gibt auch mal einen Hauch von Melodie zum besten!

Klar, die Musiker sind keine Unbekannten, doch beeindruckt es mich immer wieder, wie die Noise-Szene ihre Bands supportet. Der lärmende Dreier spielt seit circa 2018 zusammen, hat schon über 4000 Follower hier. Die erste Auflage CD’s und LP’s ist ausverkauft. Wenige der Zweiten sind noch bei Bandcamp zu haben. Das Ganze im Eigenvetrieb!



Inwiefern
– Rendevous mit der Realität CD

Hui, da kommt mal wieder eine kleine CD (jaja, ich weiß, daß ist das Foto vom Vinyl-Keks. Hab die CD, wie es sich gerhört, irgendwo verschlampert) reingeflattert vom Label Bakraufarfita aus Dortmund und Berlin. Und wieder einmal mache ich mir Gedanken um diesen unaussprechlichen Namen. Ist das sowas aus einem Horrorfilm? Wenn mal drei Mal hintereinander Brakraufarfita sagt, dann wird man von teuflischen 5 Liter Dosenbierdosen erschlagen? (Ich spreche meine Reviews ja immer erstmal in meine Sprach zu Text App. Diesmal kam das raus: Backcover Fieta Kakao Favorita Backraum verfickter) Schon mal irgendwer ausprobiert?

Zu Inwiefern 😉
Ich nehme es vorweg: im Grunde könnte ich das Gleiche schreiben, wie beim Review zu „irgendwas ist immer„. Mach ich aber nicht.
Die Band hat ne klare Weiterentwicklung gemacht, sie machen alles wie letztes Mal nur in etwas besser. Also: bessere Performance im Video, bessere (Punk)Melodien zu den selben drei Akkorden, bessere Zusammenarbeit mit total bekannten Künstlern (Luise Fuckface von den Toten Crackhuren im Kofferraum), bessere Ansprache an den Hörer mit zeitlosen Themen wie Saufen, Bausparvertrag und der Wende. Alles mit Iro-nie. Ob das heute noch jemand lustig findet? Sind doch alle so polarisiert in ihrer Wutblase.
Im Booklet zur CD sind alle Texte drinne, man kann Kleinode entdecken wie:

wegen dir ist Baywatch zu Ende
wegen dir war 90 die Wende
Cheeseburger vom Boden
ist ganz klar eine Option
filmreife Performance
ich glaub du hast das Hasselhoff Syndrom

Ich hatte erst neulich in einem andern Review diese Erinnerung aufblitzen von einer blinkenden Lederjacke und The Hoff, der „i’ve been looking for freedom“ trällert. Vor der Mauer. Wäre ich damals auf der anderen Seite gestanden, hätte diesen kapitalistischen Haiopei als erstes gesehen und gehört, ich hätte die Mauer noch höher gebaut… oder ihm die Jacke geklaut. (ich schreibe das nur wegen des mauen Witzes und des schlechten Reims)
So, genug für heute über diesen Release geschrieben.
Gibts auch als LP. Texte, Melodie, Spaß inne Backen. Was sie machen, machen sie richtig.
Zu hören bei rotzify.

Neckarions – the rise of …. CD

Ich nehme an, mit dem Eindruck des Coverpics im Hirn, es handelt sich um Außerirdische, die auf dem Planeten Erde zu Besuch kommen und in Menschengestalt uns gut abgehangenen Midtempopunkrock kredenzen. Erschienen bei dem vielfältigsten Label in Bayern:  30 Kilo Fieber Records! Los geht’s mit „fight the Fight“, einem Titel den ich nicht wirklich catchy finde. Der Song ist auch gefühlt zwei Minuten zu lang.
„the rich get richer“ wird dann schon klarer, was die musikalische Ausrichtung und die Aussagen der Band anbelangt. Ein wenig disharmonisch, zarte Anleihen aus dem Hardcore.
Midtempopunkrock, der mich an Bad Religion erinnert, der Sänger aber eher Richtung Jello Baifra tendiert.
Große Namen sind also gedroppt. Überzeugt euch selbst.
Aufgenommen, gemischt und auch das Artwork ist einwandfrei. DIe Songtitel wie auch Texte in deutsch und meist auf englisch.
Zum Abschluss gestehe ich noch, dass mich die Musik der Neckarions (ey wart mal… die Band kommt aus Stuttgart und hat den Flussnamen „Neckar“ abgewandelt. Das isses, oder?) in laueren Momenten an Iron Maiden erinnert. Das finde ich nicht so erhellend. Gejammer auf hohem Niveau, wenn man alle Namen zusammen nimmt. Bad Religion, Dead Kennedys und Iron Maiden.
Nächstes Jahr also die Stadiontour!
Zu haben bei Bandcamp oder beim Label!

fanzine: Hansa Zeneca #1

Hansa Zeneca. Schon der Name brachte mich wirklich zum Lachen. Sehr sehr geil! Der Look erinnert mich derbe an das Rübenmus-Fanzine, ich mag es sehr. Mehr gute Gründe dafür, das Heft sofort durchzublättern kann es also nicht geben.
Eine erste Ausgabe darf ja auch reletiv viel experimentieren, ausprobieren, wo die Reise denn hingehen könnte. Hier ist alles von der ersten Seite an schon sehr cool gemacht.
Wie immer finden sich ein Stapel Bands wieder, die ich kenne, andere halt auch gar nicht. Überraschenderweise finde ich neben bekannteren Bands wie Todeskommando Atomsturm und Mülheim Asozial die Band Theilen in einem Interview. Habe neulich erst ihr Demo für den Vinyl-Keks reviewed. Es konnte scheinbar kein gemeinsamer Termin für ein Interview gefunden werden und so haben sich am Ende zwei Bands gegenseitig interviewt Marode (Düsseldorf) vs. Theilen (Köln). Auch eine schöne Idee, kurzweilig und witzig.

Die beiden Rubriken „Punk wohin? Köln“ und „Punk wohin? Wuppertal“ gefallen mir gut. Wie auch: es gibt ganz wenige, ausgewählte Fanzinereviews, keine endlosen Kolonnen von Buchstaben zu Band XYZ. Ich persönlich finde, ein Blog reicht für all die vielen Rezis, ins Heft kann man wirklich nur Stories und Interviews packen. Man hat dadurch ja auch gleich mehr Platz für ebendies.
Ein Interview ist mir auch besonders gut aufgefallen im Hansa Zeneca, Joe & the Shitboys eine queer-vegan-shitpunkband von den Färörinseln. Ja, da gibt es Punkmucke. Und wie man damit dort rumkommt, erzählt die Band im Interview. Die Band wäre absolut was fürs Swingkid-Fanzine, Gunter sucht ja immer weltweit nach Exotenbands und hat schon diverse Länder aufgetan, die die meisten nicht mal auf der Landkarte finden würden.

Macht Spass! Ich darf fast sagen „klassisches“ A5er. Viel Lesenswertes, hoffentlich bald wieder.
Gibt es bei Racoone Records, auch einigen anderen Lesestoff, wie auch Vinyl. Sowie bei Tanz Auf Ruinen.

review: Piefke – Probleme LP

Piefke. Erstmal darf mir das oberfamose Artwork ins Auge stechen, ist ja bei einer LP auch nicht verwunderlich, dafür isses gemacht! Eine Zeichnung von eng an eng liegenden Plattenbau Wohnungen eines Hochhause, das keinen Anfang hat und kein Ende. Dazwischen gequetscht Bandname und Titel des Albums „Probleme“. Passend.
Das Album beginnt mit einem Song, der in zwei Teile geteilt ist. Einen zu Beginn, einen als Rausschmeisser auf Seite zwei. „Probleme I“ nölt mich direkt an, als würde ich Loser Youth hören. Etwas weniger Schrammel, etwas mehr Refrains zum Mitsingen. Ein wenig 80er Deutschpunk mit Hardcore Bassgedengel. Die beiden Teile sind also die erzählerische Klammer des Albums, es geht um die wahren Probleme und nicht die, die man persönlich hat und für Probleme hält.
Erinnerung an die starke Scheibe von Knud Voss. Norddeutsche Schnoddrigkeit.
Ab Song Nummer zwei geht mir der Style von Piefke ein wenig auf den Sack, hm, vielleicht weil zu fröhlich, zu viel Solo in der Gitarre. Aber lass mal laufen. Der Vierer hat nämlich hörbare, erlebbare Freude am Spielen! Ah ja! Ich habs: das ist ein wenig wie Front in Highspeed. Ohne den apokalyptischen Teil in den Front’schen Gitarren.
In jedem Fall haben sie eine besondere Art, an ihre Songs heranzugehen: bei  „Schablone“ machen sie aus einem super Bassriff einen 90er Jahre Deutschpunksong. Und bei letzterem steigen dann eigentlich viele aus, weil es einfach kein Kompliment mehr ist…. in diesem Fall schon.
Deutschpunk, Rock, maximale Spielfreude, leicht einfältige, repetetive Refrains.
Die Herangehensweise könnte ich jetzt mit die Ärzte vergleichen, mach ich baer nicht.  Ich vermisse einen Song. Ich weiß nicht genau welchen, aber irgendwie fehlt er, Titel hab ich vergessen, habe die Platte ja auch nur einmal gehört. Na gut, ein zweites Mal bei bandcamp. Vielleicht auch…, auch egal! Scherz beiseite, den hat sich wohl die Band selbst erlaubt, denn das Label schreibt „Das Album liefert 13 bis 14 Lieder in weniger als 27 Minuten.“
Eventuell steckt ja hinter dem Song „nachts um 3“ eine gemeinsame Geschichte von Band und Label?
Alles auf den Punkt gespielt, die Songs haben sicherlich keine Überlänge, mir gefiel das auch schon beim ersten Album „Menschenmühle“. Sie können ihre Instrumente punkgerecht schrubben, und das spielen sie auch echt voll aus. 
Ich fühle eine Weiterentwicklung zur „Menschenmühle“, super Klasse, abwechslungsreiches Album. Mit herzlichen Grüßen an die Band. Schöne Schörts auch. Gibts alles hier zum shoppen: bakraufarfita Records in Coop mit Auspuff Records.

fanzine: Letzte Oelung #2 (drei vollendete Kurzgeschichten)

Mal nur lesen. Keine Bilder, keine Musik dazu.
Karl Knochen schreibt drei Kurzgeschichten, Konsti macht das Artwork. Und bevor ich mich den Geschichten des Autors widme, erst das Artwork.
Die „letzte Oelung“ erscheint wohl ein mal im Jahr, jedenfalls, lief es bisher darauf hinaus. Es gibt eine Art Nachwort, denn „Addendunm“ bedeutet, es wird etwas angehängt. Im Grunde verstehe ich es nicht, haha, das ist mir zu intellektuell.
Diese 21 Seiten fallen mir aus dem eigentlichen Heft entgegen. Nein, es ist schon ein kleines Buch, denn es ist mehr Hard- als Softcover. Print auf sehr schwerem Karton. Das Cover ist von Regina Zindler. Ist aber wohl erst der dritte Akt. Die ersten beiden Akte befinden sich in einem A5er Zine mit einem extra-schmalen Einband, auf dem eingeladen wird mit „mach’s dir gemütlich“. Auch dieses Artwork ist sehr minimalistisch aufgemacht und auf gelben Karton gedruckt. Ich mag das wirklich sehr. Eine wilde Mischung aus Reclamgelb und Kunstpunk.

Denn das ist in den Geschichten: melancholischer Punkrock.
Die erste Story über Majo, ein junger Mann, der damit klar kommt, dass er halt mit Hoffi unterwegs sein kann, nicht mit Saskia. Sie nimmt in der Berufsschule nicht wirklich wahr, stelzt mit Plateauschuhen an ihm vorbei. Hoffi und Majo neigen dazu, Einzelgänger retten zu wollen. Enden werden sie in einer recht unübersichtlichen Situation, aus der es keine Rettung mehr gibt.

Und als ich das erste Mal dieses Jahr die Hitze am Badesee aushalte, über die verlorene Ente, die Majo und Hoffi finden, lese, marschiert dieser Dauerbewohner des Badesees an mir vorbei.

Keine Ahnung, ob er inzwischen von verschiedenen Leuten unterschiedliche Namen bekommen hat. Er kann wohl nicht mehr fliegen und hat sein zuhause gefunden. Im Winter ist es still, im Sommer wird er überflutet von menschlichen Leibern, dünnen, dicken, verbrannt betrunkenen, Tangahintern, Kindern, Möchtegernlustigen, die ihm hinterherlaufen und ihn versuchen zu foppen.

Über die zweite Geschichte „Kosmos Garten“ verrate ich euch nichts. Die dritte im Addendum „Senfgas oder keine Selbstverständlichkeit“ ist eine Story über Jeka und Senfgas. Wer das ist, der diesen Spitznamen verdient, erfahrt ihr, wenn ihr sie lest. Klar, oder?

Mir gefällt der Schreibstil von Karl Knochen sehr. Diese leise, leichte Melancholie, das Verlorensein der Protagonisten, ohne dabei Loser zu sein. Die außergewöhnliche Alltäglichkeit, in diesen kleinen Kosmen.
Zum Schluß darf man sich über einen letzten Witz freuen, ein paar Notizen eintragen.
Wie schon erwähnt ist die Grafik , der Druck sehr hochwertig. Konsti hat auch einen eigenen Blog gafas del rigor cassettes.
Das Heft ist für 3,50€ zu bekommen beim Autor selbst. Bei Kink Records in Heidelberg und dem The Needle and the Damage done Plattenladen in Leipzig.

review: KaputKrauts – quo vadis, arschloch? & strasse kreuzung hochhaus antenne

Ich könnte schwören, ich habe eines meiner ersten Reviews, damals war der Blog der Postille noch bei Blogsport, über die „Strasse, Kreuzung, Hochhaus, Antenne“ der KaputKrauts geschrieben. Doch mein Hirn scheint sich zu täuschen. Ich finde es nicht. Nirgendwo, nicht auf der Festplatte, einfach weg!
Wie kann etwas im Internet verschwinden? Verschwörungstheorien besagen, dass alle gespeichert wird.
Kurze Einleitung, denn im Grunde gibt es schon eine Menge zu erzählen zu diesen famosen Platten!

Angefangen hat die Band mit der Split LP „Bombing your Kleinstadt“ und, gefühlt, damals mit Nein Nein Nein Massstäbe in Sachen intelligenten und eigenständigem Punk gesetzt. Massstäbe, die ich bis heute noch bei keiner Band wirklich wiederentdeckt habe.
Dazu kam, dass sich die KaputKrauts permanent auf Achse befunden haben und man sie wohl jedes Jahr ein bis zwei Mal in seiner Nähe live erleben konnte.
Es kam der erste Longplayer „quo vadis, arschloch?“, der 2008 bei TwistedChords erschien. Ich bin damals noch nicht so sehr auf die Band eingesteigen, mir war das zu ernst gemeint. Ich hatte die feine Ironie zwischen den Zeilen noch nicht erkannt.

„making punk a threat again!“
tausend mal gehört, tausend mal ist nichts passiert
daily terror – coverbands
tausend mal gehoert, und niemals interessiert

ein haufen kotze in den nacken der gesellschaft
oder zumindest vor den aldi oder so
ein haeufchen elend vor dem bahnhof deiner kleinstadt
eine in selbstmitleid ertraenkte rebellion
(aus „gemütlichkeitspunk not dead“)

Sehr sehr viele Konzerte später, ich erinnere mich daran, das die Band sich auch aufteile auf diverse Städte und proben mehr oder weniger vor gemeinsamen Konzerten stattfand? Erschien 2012 dann der zweite, und momentan letzte Longplayer, mit dem seltsamen Titel „Strasse Kreuzung Hochhaus Antenne“. Im Zusammenhang mit dem Cover macht das irgendwie Sinn, der Gesamtzusammenhang fehlt mir heute noch.
Jedenfalls: es gefielen mir durchweg alle Songs, die immer tiefgründig, zweideutig eindeutig ins Gesicht.
„erlebniskosmetik“ „im netz und doppeltem boden“ „das mag alles stimmen, ich glaube es nicht“
Musikalisch ein Freude. Spielerlebnis, eine Melodie nach der anderern wird zersetzt und geradezu verbrannt, Idee werden nicht geklaut, sie werden am Fliessband gezündet und zur Explosion gebracht. Und Pascow haben doch sicher hier ein paar ihrer Gitarrenmelodien gezockt, oder?
Quasi der Ideereichtum von Japanische Kampfhörspiele nur ohne Grindcoregeballer.

Weitermachen!
Kaufen des Tapes hier:
Coop von Black Cat Tapes und Twisted Chords.
Pappschuber. A4 Faltblatt mit dem Covermotiv, DL-Code.

review: Fotokiller – Demo MC

Ich liebe Tapes! Habe ich das schon mal erwähnt? Ich liebe Tapes, bzw. ich liebe sie wieder.  Über dieverse Umzüge dachte ich, und da war dann das Tapedeck auch noch ka.p.u.t.t., „ach, schmeiß doch die Alf-Kassetten endlich weg (und den andern Kram auch)“. Ein paar wenige Mixtapes und Demos habe ich behalten. Einen Schuhkarton voll. Maximal.
Und nun werden meine beiden Tapeschubladen im Plattenschrank immer voller und voller mit coolen Sachen. Und ja, ich nehme es vorweg, auch dieses Tape findet hier einen Platz!

Die Tape-Täter-Szene hat sich wieder geöffnet, für mich ganz klar mit großer Hilfe von Bandcamp. Vielleicht war sie nie weg, ich habs halt nur nicht mitbekommen. Inzwischen habe ich drei funktionierende Decks und vier Überholungsbedürftige hier stehen.
Hier geht aber um Fotokiller. Band aus Berlin, die so nett war, mir ein wenig Gebäck ins Promopäckchen zu backen. Der musikalische Dreier hat sich 2018 gegründet und probt seither, Eigenaussage, in einem unansehnlichen Plattenbau ohne Kiosk oder Toilette. Kenn ich. Also das ohne Toilette proben. Um etwas noch aus ihrem fantastisch formulierten Infowisch zu zitieren:

… dafür aber in repräsentativer Gewerbegebietslage im pulsierenden Berliner Szenebezirk Lichtenberg herumsteht und dort wertvolle Grundstücksfläche für dringend benötigte Yogastudios, Bioläden sowie Seifenmanufakturen blockiert, welche mit an sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in spätestens 20 Jahren auch an diesem Flecken betonveredelter Erde herbeigentrifiziert werden.

Diese selbstgetippte A4-Seite wird aber ab einem bestimmten Punkt sehr ernst. Die drei Bandmitglieder, Sofy, Damon und Matze, die schon in Bands wie Hatehug, The Dead Pony Kids oder auch Derbe Lebowski und Femme Krawall spielten, machen keinen Hehl daraus, die letzteren beiden aufgelöst zu haben, wegen eines misogynen Gitarristen.
Ihnen geht es nun in erster Linie darum, die feministische Kritik innerhalb wie außerhalb der Punkszene zu unterstützen, bzw zu vertreten.

So, jetzt aber zur Musik!
Der Sound erinnert mich brutal daran, Achtung Zeitreise, dass man vor 25 Jahren noch auf einem Tascam 488 oder ähnlichen Aufnahmegeräten mit schlappen zwei Mikrofonvorverstärker seine Songs aufgenommen hat.
Das klingt so räudig und so begrüßt mich dann dieses Tape! Fotokiller klingen nicht frisch und modern, keine getrimmten Gitarrenspuren oder sauber gespielte Drums. Die musikalische Ausrichtung ist jetzt auch nicht so unbedingt 21 Jahrhundert.
Was keineswegs rumpelig klingt, nein, ich würde sagen „besonders“. Die ersten beiden Songs ziehen ruch und beim dritten „Isolation“ nimmt die Band Fahrt auf, spielen richtig cool zusammen!

Je länger man sich reinhört, desto mehr zuckt das Tanzbein. New-Wave, ein bisschen düster, ein bisschen punkig. Flanger auf dem Bass, eine begleitende Gitarre, kurze Melodien heitern die leicht gedrückte Stimmung auf, irgendwie Verzerrung auf dem Schlagzeug (ich sag nur: Tascam 488, haha!) und eine ganz klasse Stimme.

Erinnert mich an Hi-Tereska, ach ne, Namedropping spar ich mir, dafür hat die Band auch zu viel Spielerfahrung. Einige Eltern des New-Wave-Punk der 70er/80er Jahre könnte ich noch nennen, aber macht euch selbst ein Bild.
Apropos, die Texte sehr bildhaft.
Anspieltipps sind „Babel of tongues“ und „City lights“.
Der Nächste Release kommt hoffentlich bald. Wer ein Tape möchte, vermtl die Band selbst mal bei FB oder Bandcamp anschreiben.