7inch: aldi ost – aldi ost

Die Single von Aldi Ost heißt genauso wie die Kassette von Aldi Ost. Die hatte ich doch schon. Sind jetzt aber andere Songs drauf.
Ich vermisse sofort einen hinweisenden Aufkleber auf der „neuen“ 7inch.
Aldi Ost nochmal mit sechs Songs. Zuerst denke ich an EggPunk, der grad so bei Arte Tracks gezeigt wurde. Isses aber nicht. Habe ich falsch in Erinnerung (hab ich ja im letzten Review eigentlich schon… jaja).
Also kein Hinweis und falsche Erinnerungen…. da stimmt doch was nicht.

Irgendwie garagige Dead Kennedys gemischt mit guten Sex Pistols. Irgendwo erhaschte ich in „state of the reuinion“ ein kleines Zitat dieser Band (?).
Der Sänger drückt seine Stimme durch eine Distortion. Die Band insgesamt eben sehr garagig, doch auch lärmig, nicht im Sinne der 80er Jahre, wo man die Becken noch mehr scheppern hörte als die Gitarre, nein, das ist schöner hier.
Coole Taktwechsel.
Joah. Gute Sache das, Aldi Ost, ich wünsche mir ein Album mit dem selben Titel.

Erschienen bei Sabotage Records.

LP: cataphiles – shadow self

Cataphiles sind mir mit ihrem ersten, selbstbetitelten Album schon aufgefallen und ich hab mir die Special Edition mit Risoprint-Cover bei Sabotage Records bestellt.
Und dann war ich so ein bisschen überrascht ob der Musik und stellte die Scheibe für eine ganze Weile zurück in den Stapel der Neuentdeckungen „hör ich mir später nochmal an“ geschoben.
Das ist lange her gewesen, als mich die Nachricht erreichte, dass Cataphiles eine zweite LP rausbringen namens „shadow self“.

Zehn Songs sind drauf und der erste Gedanke, die erste Assoziation, die mir kommt ist die musikalische Symbiose aus Fliehende Stürme und Dead Years, beides verdammt gute Bands.
Cataphiles haben ihren eigenen Stil gefunden, wie sie Gitarre, Bass und Drums im Songwriting zusammensetzen. Den Synth und die beiden Gesänge darüber legen.
Die weiblichen Vocals verstehe ich da akustisch wesentlich besser, die male Vocals kommen recht düster.
„underground“ und „the privileged“ sind Songs, zu denen ich nur schwer Zugang finde. Und insgesamt merke ich, dass das fordernde und gelichzeitig drückende Tempo der Songs mich auf eine Art triggern, dass ich unterschwellige Aggressionen spüre.  Auch nach dem dritten Durchhören.
Das liest sich jetzt vielleicht wie eine negative Kritik, nein, als Ganzes sind die Songs echt gut, ein stimmiges Album; ich kann das nur nicht am Stück hören!
Das Songwriting ist sehr klar, kurzer Start und dann recht stringente Parts. Keine zusätzlichen Experimente mit Ausflügen in diverse Genres.
Textlich eher persönliche Geschichten und mehrsprachig. Französisch, deutsch, Englisch. Total gut.
„i dance alone“ ein Favorit!

Schönes Artwork! Mag diesen Schriftzug sehr gern.
Texteinleger.
Erschienen (siehe oben) bei Sabotage Records.

MC: City Boys – no pressure

Gastbeitrag von Joey Controlletti

Leude! Das ist kreativ par excellence, sowas lieb ich ja: Das Album heißt „no pressure“, auf dem Cover ist eine Streichholzschachtel mit Schriftzug der City Boys abgebildet, im Schächtelchen zu sehen ist das letzte Streichholz. Obendrein liegt die handelsüblich Kassettenhülle in einem zusätzlichen Papp-Schuber mit seitlicher Reibfläche, sodass man etwas in den Händen hält, was den großen Streichholzschachteln gleicht, mit denen man beispielsweise Kaminfeuer entzündet. Hübsch! Was sich zusätzlich im Inneren der Kassettenhülle nebst Kassette befindet überlasse ich eurer Neugier und Fantasie.

An der funktionsfähigen Reibfläche könnt ihr Cowboys, Cowgirls und alle dazwischen und darüber hinaus eure Streichhölzer entzünden um Zigarren, Zigaretten aber auch Kerzen zu entflammen, jetzt wo die Tage wieder kürzer werden.

Womit wir bei der Musik wären. Ist es Country, ist Punk? Ist es ein Spin-off der fünf fröhlichsten Minutemen Lieder? Es ist unüberhörbar, dass die City Boys schon lange in ihrem musikalischen Kosmos zu Hause sind, der mir selbst leider noch völlig neu ist, so dass ich euch hier keine Referenzen nennen kann. Aber hört selbst!

Der erste Titel, Pizzagate, lässt mich erstmal an Pizza denken, weniger an eine so betitelte Verleumdungskampagne aus dem Jahr 2016, die bezeichnend ist für diesen irren Scheißezirkus, der das begleitet was vielleicht ein Epochenwechsel in unserer Geschichte ist. Aber cool bleiben, die Gitarre kommt frisch und bringt uns locker-lecker abwechselungsreiche Akkord- und Melodiefolgen. Die Bass-Gitarre erfreut mit lebendigen Läufen, das Schlagzeug legt die grundsolide Basis. Der Sänger erzählt uns in unaufgeregter Manier Geschichten, von denen ich ich immer mehr hören will.

Hört es auf dem Weg zur Arbeit – ob in eurem Pickup Truck oder eurem Polo… oder im Bus, während die Sonne über nebelverhangen Feldern aufsteigt.

Mit „Play with the wolves“ und „time travel accidents“ wird die Atmosphäre etwas düsterer und gleichzeitig sehr stimmungsvoll, als tauchten Gewitterwolken auf am Horizont.

Oder besucht ein Live-Konzert der Band in eurem lokalen selbstverwalteten Jugend- und Countryzentrum und schunkelt mit eurer Nebenperson zu den Hits der City Boys. Vielleicht habt ihr Glück und sie bringen ihren Orgelspieler mit!

Auch ich bin durchaus ein Freund der harten Musik und schnellen Tempi. Aber ich muss auch mal die Seele Baumeln lassen. Und wenn auch Ihr auf etwas Linderung hofft, lasst die City Boys in euer Herz und den lieben Gott einen guten Mann sein und KAUFT KAUFT KAUFT – no pressure – die No Pressure.

Herausgegeben wurde das Tape in Eigenregie der Band, ohne Label.

LP: petrograd – abc (reissue)

Ein weiterer Reissue der mich erreicht ist die Platte „abc“ von der Band Petrograd.
Sagte mir bis dato nüscht, aber es geht gleich richtig gut los. Melodischer Punkrock mit englischen Texten aus Luxembourg.
Nach 25 Jahren hat „abc“ einen neuen Release erfahren durch Sabotage Records. Remastered!
Band ist wohl wieder oder noch unterwegs. Habe sie im P8 leider verpasst!

Es geht los mit einem Pianointro, und ich muss gestehen, ich hatt eirgendwie volle Power Hardcore erwartet, dass mich erstmal so gar nicht abholt.
Bei „he calls it freedom“ und „october“ fällt mir direkt auf, dass der Gesang etwas zu leise ist, im Verhältnis zu den extrem fetten Gitarren.
Der Musik macht das keinen Abbruch. Ich hab das Gefühl, ich kenne diesen Sound, diese Spielart. Wart ihr mal in Baden-Baden?

Dieser Emo-Sound, Leatherface, gepaart mit vielen musikalischen Ideen, ist sowas typisches für die 90er, auf dem Weg in die 2000er. Es gibt auch einen reinen Elektro-Track.
Wilde Mischung!
„100 acre woods“ finde ich echt arg.
Aber im Gesamtbild der Platte funktioniert das! Mal flott, sehr melodisch, die Stimmen wechseln sich ab. Petrograd machen Indie-Punk, Emo-Hardcore.
„reminder“ ist in seiner Einfachheit, auch in den Lyrics, nämlich das die Welt wunderschön ist, komplett abholt! Ordentliche 6 Minuten 13. Yeees!
Diese ungewöhnliche Herangehensweise braucht bei mir schon dann den dritten Durchlauf, um wirklich anzukommen, aber genau dazu ist ja Musik da, finde ich, dass sie nicht immer sofort zündet. Ist ja bei der Liebe genauso, zwinker!

Schöne Platte, wirklich. Abwechslungsreich. Danke für diesen Re-Release!
Gibt es bei Sabotage Records.
Bestellt dort was, er hat auch immer gute Cheapos am Start!

LP: zuckerbecker – retortenstadt

Ein Blick in die Retortenstadt bringt 8 Post-Punk und Wave-Perlen drauf, die sich hart lohnen anzuhören. Zuckerbecker aus Zürich haben ein neues Album! Yeah.
Erstmal tauchen wir, in den ersten drei Songs, in eine dystopische Betonwelt ein. „isolation“ „kompliz“ und „distraction“
Vor allem fällt mir beim englischen Gesang auf, dass dieser sehr unterkühlt ist. Dafür äußerst spielfreudige Gitarren!
Zwischen typisch leiernden Gitarren des Delay im Post-Punk und den klirrenden, der anderen Seite des Post-Punks, denn das ist, was Zuckerbecker machen!
Der Bass und die Drums das Beatfundament, leicht angezerrt und Delay, türlich. Der Gesang liegt hallend über allem, ohne dabei überpräsent zu sein. Es gibt so einige Breaks, die der Musik Reibung geben!

„retortenstadt“ ist schon das spannendste Stück, finde ich! Der deutsche Gesang gibt sofort Melodie, die mitzieht; dazu der Synthie sind schon einfach geil.

Die drei Stücke auf der zweiten Seite fetzen dann doch irgendwie mehr.
„retortenstadt“ „trabant“ und „contamination“ wecken mich auf, bevor es mit „corporation“ wieder etwas dystopischer endet.
Alte Sounds in neuerm Gewand. Sehr präzise gespielt.

Sie spielen ein paar Konzerte:
10.10. baden
11.1.0 kreuzlingen
24.10. varese
25.10. verona
26.10. bologna
21.11. köln
22.11. lippstadt
12.12. schaffhausen

Erschienen via Mörtel Sounds und Supermarket Entertainment.

7inch: tics – unmirrored gaze

Tics haben eine neue 7inch raus und sie heißt „unmirrored gaze“ und ist eine EP.
Zuerst einmal muß ich feststellen, dass das Artwork bemerkenswert struktuiert ist! Es ist von hugguespzzl, der wohl tendenziell von der Atlantikküste (Bretagne) in Frankreich kommt und recht viel macht für Bands wie Syndrome 81 und Meat Shirt.
Nun, das Besondere ist: es ist einfach nur ein Coverfoto drauf, da stehen auch schon direkt, wer das gemacht hat, auch die Titel, die „normalerweise“ auf der Rückseite stehen. Wo es aufgenommen und gemixt wurde.
Auf der Rückseite dann zwar auch noch das Label, auch die Texte.
Das gibt dem Artwork schon einen besonderen Look.

Tics hatte ich abgespeichert als so artsyfartsy Noisepunk oder so. Eine, die mir so gar nicht gefallen hat.
Bei der Recherche stelle ich fest: ne, das ist die gar nicht. Hab ich irgendwie falsch abgespeichert. Also ran an die Musik:

Tics sind recht angenehme Vertreter einer noise-wavigen Art und Weise Punk zu spielen. Ein paar Sprenkler Alternative. Recht eingängig und melodisch.
Die ersten drei Songs sind auf deutsch gesungen und wurden bei Thomas Götz (Tomateplatten) in Berlin aufgenommen. Bisher kam auch alles von ihnen dort raus, diesmal sind sie zu Mörtel Sounds gewechselt. Auch ein sehr gutes Label!
Letzter Song ist auf englisch und im Wohnzimmer aufgenommen. Das klingt auch so und dieser Track ist ein netter Rausschmeißer.
Insgesamt vier gute Songs auf einer gut aufgemachten 7inch.

Diese 7inch ist schon im Januar erschienen. Huch, kann mir gar nicht vorstellen, dass die schon so lange bei mir liegt, aber… man weiß ja nie bei mir. Denke aber, ich habe sie mit der Zuckerbecker LP zugesandt bekommen, die demnächst auch eine Review bekommt!

 

LP: berlin 2.0 – kaltental

„kaltental“ ist ein stiller Vorort – so könnte dieser Text beginnen.
In Stuttgart gibt es, denke ich, keine ruhigen Vororte, es leben dort einfach unfassbar viele Menschen auf eingstem Raum mit unfassbar vielen Autos. Jedenfalls so mein Eindruck aus den paar Monaten meines Lebens, die ich dort verbracht habe. Klar, meist im Kessel. Da wo irgendwie alle rumlummeln.

Wie auch immer, das wird etwas länger hier:
ich hab tatsächlich drauf gewartet, was da an neuen Songs kommen wird. Hörte von Besetzungswechseln. Dann Studio.
Dann kamen die ersten Singles. Erst „keine erlösung“, was auch der erste Song auf dem Album ist -ein super Opener. Ein, so sieht es aus, teilweise KI-generiertes Video, und ein Lied, dass klar den Gedanken von der Hitsingle des Vorgängeralbums aufgreift.

getaktete Schritte
10000 am Tag
Bauch Beine Bindungsstörung
Homeoffice im Sarg
Gibt es Wi-Fi in der Hölle

Guter Song, „irgendwie wird das anders“, dachte ich so bei mir.
Also wartete ich die nächste Single, den nächsten Song ab.
Und da waren sie: die Keyboard-Bläser. Gepaart mit Hardcore-Shout, dann Pop. Irre.
Präzise Lyrics.

Und Sängerin Elena als moderne Jeanne d’Arc.
Als dann das Album hier eingeflattert kam, aufwendig gestaltet, schaut sie ernst aber melancholisch in die Kamera.
Das ist schon ziemlich cool.

Poetische, linke Texte, die die momentane, nicht nur weltlichen, sondern auch sozialen Konflikte echt richtig gut widerspiegeln, auf den Punkt bringen.
Sei es in „AZ“ – eine Aufforderung!
Oder in „pflugscharen zu schwertern“

endspiel ideologie
erst kommt die angst
dann die regression
ein ganzes volk braucht therapie

hin zu einem Song über die französische Revolution „1789“

sie haben das geld
und wir die guillotinen

„panzerliebe“ ist ein wirklich spannender Song, doch je länger die Platte läuft, desto mehr spüre ich, dass Berlin 2.0 einen geradezu ausufernd anderen musikalischen Weg sucht, den sie mit „scherbenhügel“ begonnen haben.
Übrigens „scherbenhügel“ auch eine klare Remineszenz an Stuttgart, den Monte Scherbelino, ein Berg, der aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs besteht.

Dazu vertonte die Band gemeinsam mit dem Freien Chor Stuttgart einen Text von Ingeborg Bachmann, in der Vertonung von Siggi Brüggemann, das Lied „ich denke über gewalt nach“-
Diesem ganzen Abwechslungsreichtum bin ich eigentlich total zugeneigt. Bin da schnell zu begeistern und bin am Ende dieser Platte seltsamerweise beim Wort „sperrig“.

Total gut gespielt, gemischt, ein Hauch von NDW, als Post-Punk werden sie hoch gelobt. „vergesst alles, was ihr dachtet, über Post-Punk zu wissen – Berlin 2.0 zünden die Endstufe in der Punk-Evolution“. puh…..
Wo packen wir das also hin?
Die beiden Songs an Stelle zwei und drei sind gute, rockige Nummern, aber Punk?
Elena haut echt richtig einen raus mit der ganzen Bandbreite ihres Könnens, was wirklich mehrere Runden braucht, bis ich mich dran gewöhnt habe.

Also alles in Allem: total gutes Album. Spitzen Riffs. Super Songwriting.
So richtig gezündet hat es bei mir aber bisher noch nicht. Was aber ganz besonders an der Überschwenglichkeit aller Werbetexte liegt. Ein ganz klein wenig tiefer stapeln kann man schon. Dann haben die himmeljauchzenden Fans & Kritiker noch Luft nach oben.

Gibt es bei Flight13 in gelbem Vinyl.
Bei tanteguerilla in rot (ausverkauft)
und eine schwarze Version.

 

LP: Bambix – what’s in a name (reissue)

Zum 25-jährigen Jubilat bringen Bakraufarfita Records ein Reissue der Bambix Scheibe „what’s in a name“ auf unsere Plattenteller.
Bambix hatten in den vielen Jahren, in denen sie durch Europa, Amerika und Südamerika getourt sind, immer wieder Besetzungswechsel und am Ende blieb immer Wick Bambix, die Sängerin, Gitaristin und Texterin übrig. Sie macht inzwischen solo Musik, ab und an mit einem zweiten Gitarristen.
Ich darf ehrlich gestehen, da ich in den 90ern aufgewachsen bin, dass mich diese Art melodisch und schnell gespielter Punkrock nie interessiert hat. Vor allem haben Bands, die ordentlich Geld damit verdient haben, dafür gesorgt. Das sind ja in der Hauptsache amerikanische Bands gewesen. Nicht Bambix!

„what’s in a name“ ist ein Album, welches in 13 Menschen mit Geschichten aufgeteilt ist. Es geht in jedem Stück um einen andern Menschen, „julie“ und „amy“ cachen mich da in der ersten Runde des Hörens am meisten!
Vor allem gehen alle Geschichten darum, weiterzumachen und zu kämpfen für das, an was man glaubt!
Und mit dem Song über Amy, die der Kopf des Labels Daemon Records in USA ist, ehrte sie damals eines ihrer Vorbilder – und dann veröffenlichte Amy die dritte Bambix Platte „what’s in a name“ tatsächlich auf ihrem Label.
Was ich in meinen Jugendjahren empfand, nämlich das all diese Melodic-Punkbands quasi gleich klingen, kann ich heute sagen: doch, ich höre einen Unterschied! Ich wollte wohl damals nicht.
Bambix stechen durch den wirklich tollen weiblichen Gesang raus. Wick spielt auch noch echt geile Riffs und haut nicht die üblichen Hooks raus. Ab und an ein bisschen NO FX, recht poppig, schafft es ihre Melodien in schöne Bögen zu spannen. Also nicht einfach „nur“ ein Riff und eine Melodie dazu, diese Melodien werden dann auch weitergezogen ins nächste Riff.

Ein schöner, für mich überraschender, Reissue. Keine Ahnung, ob die Platte damals steil gegangen ist, verdient hätte sie das auf jeden Fall!
Ursprünglich erchienen bei Vitaminepillen Records, ein wirklich bekanntes und umtriebiges Label aus NRW (glaube ich). Auf jeden Fall kam auch Knochenfabrik bei ihm raus – und einige andere heute noch spielende Bands!

Gibt es also bei Bakraufarfita in schwarz/weiß marmoriert, gelb und schwarz. Wick’s Solo-Platte könnt ihr gleich mitbestellen 😉
Natürlich gibt es die Platte auch im gut sortierten Plattenhandel.

Review kommt auch beim Vinyl-Keks. Yeah!

das aus der jugend – für immer niemals sein wie ihr

Plötzlich sprang mich so ein witziger Bandname an. Demotape von Das Aus der Jugend. Klar, ich habe erstmal Haus gelesen und mich dann auch über meine eigene Blödheit amüsiert.
Wer öfter mal von mir hier liest weiß, ich steh auch Wortspiele, Wortverdrehungen und Wortakrobatik.
Letzteres ist ja ein seltenes Gut im Punk und wurde lange als Studentenpunk abgetan.
Ehrlich gesagt habe ich das Demotape schnell weggelegt, weil es mir viel zu Indie war – und dann kam die Anfrage mit der ersten Platte und ich bin ja auch begeisterter Hörer von Weiterentwicklungen. Also her damit, rauf auf den Plattenteller.

Und was von Flight13 Records kommt kann nicht Fail gehen, meistens, die LP heißt „für immer niemals sein wie ihr“. Wisst ihr jetzt was ich meine? Das ist schon mehr Wortakrobatik. Könnte ja auch nur „niemals so sein wie ihr“ heißen. Wäre aber ein veränderter Sinn und das „immer“ im Satz ohne das „so“ hat sowieso 1000 Mal mehr Wucht.
Und dann guck dir die drei Typen auf dem Cover an! Ich glaub ihnen das. Dieses Setting, in dem sie sitzen, eiskalt ad absurdum geführt; dennoch nicht unmöglich, dass sie das cool finden.
Deshalb werden sie niemals, niemals sein wie ihr. Und ihr nicht wie ihr, oder?

Der angeschnittene Zwetschgenstreusel (übrigens ist gerade in unserer Gegend, so zwischen Bühl und Freiburg sowas von Zwetschgenzeit!) zieht sich dann ganz wunderbar als Reminiszenz an die Beatles auf die Labels weiter: Seite A vollständig, Seite B das abgefutterte Blech.

Während ich das instrumentale Klavier-Intro der Platte anhörte, las ich auf dem Textblatt die Lyrics und empfand sie direkt als gut. Ja, wirklich: gute Lyrics. Witzig. Hintersinnig.
„Künstler aus Süddeutschland“ – „die SPD schiebt ab“ und „Mollies aus Champagnerflaschen“ sind direkt Hingucker und bergen schöne Scherze.
Ja, schön, den Punk kann auch schön.
Schön laut, schön rotzig, schön Fun, Arme in die Luft.

Ich denke kurz, so für ca. 3 einhalb Minuten habe ich Gelegenheit dazu und dann kommt der dritte Titel „ich will dein Hundi sein“ – och neee. Echt jetzt?
Da hab ich mich schon so gar nicht abgeholt gefühlt. Ich hatte sofort „Waldheims Pudel“ von K.G.B. in den Ohren und The Neglected „my dog he licks me to keep my body clean“ – das sind so Songs um einen Song gemacht zu haben. Bleiben kleben wie der feuchte Tropfen einer Nektarine auf dem Küchenboden. Sehr alter Kram, der, in der Hoffnung darauf, das sich nicht „Schimmelkulturen aller Fächer vereinigt euch“ dahinter klebt, nicht mehr in diese Zeit passt.
Aber Das Aus der Jugend möchte uns da sicher ihre Sichtweise näherbringen. Dochdoch, als Künstler aus Süddeutschland hat man in der Geburtenlotterie gewonnen und verspielt nun den Gewinn.
Sie wirken jung, haben aber wohl all die Klassiker der deutschen Musikgeschichte wie Schwämme aufgesogen und nun wird mit Reibeisenstimme rausgeprügelt, was nicht mehr länger in der vollgestellten Studentenküche vor sich hinschlummert.
Ein paar Songs sind irgendwie zu lang, dennoch alles klar, verständlich und äußerst amüsant.

Seite B, das leere Blech, schau dir jetz amol a, was aus derre Jugend worre isch (<— das ist Badisch, oder sowas in der Art) folgt ein Ein-Minutenkracher auf den nächsten. Kaum Luft geholt, geht der nächste Track los. Alle drei Jugendlichen singen, so ist es ordentlich abwechslungsreich und „fick mindestlohn“ ein geiler Hardcore-Refrain. „glockengeläut“ nimmt ein wenig das Tempo raus, um dann mit „wir bauen uns ein haus“ einen Rock’n’Roll-Smasher rauszuhauen und zurecht die Keule gegen Nazi-Opas zu schwingen.
Ey, wenn die wirklich so unverblümt und direkt auch auf den Straßen rumlaufen würden, dieses Aus der Jugend, dann wäre hier einiges echt geradegerückt. Ich höre da eine permanente Wut in den all der Fröhlichkeit!

Die Kritik an der Generation, die Boomer, kriegt ordentlich auch ne verbale Keule:

ich esse Steak, ich trinke Wein,
ich bin ein altes, reiches, weißes Boomer-Schwein
ihr seid so faul, großes Maul
von nichts n Plan eure Armut kotzt mich an
„eure Armut kotzt mich an“

Als wäre das unbedingt berechtigte Kritik an den herrschenden Verhältnissen.
Aber in meiner Jugend habe ich das auch so schon gehört, nur das das Wort Boomer darin nicht vorkam. Es hat sich also nichts verändert. Das ist echt arm.

„Das Aus der Jugend“ ist das sehr gute, wilde Ende dieser Platte und beinhaltet nochmal das anarchistische Komplettpaket theatröses Chaos über Chaos, Piano, dummes Geschwätz über Fußball.

Das Artwork, und all seine wilden Ideen, komplettieren ein Gemälde mit Rahmen, auf Betriebstemperatur und unter einer Minute.
Kaufempfehlung.

Flight 13.

 

dieser ausfürhliche Review ist bereits beim Vinyl-Keks erschienen.
Mit freundlichen Grüßen!

 

LP: chivála – boato

Chivàla aus Bari, einem schönen Ort in Italien, machen emotive Hardcore, manche würden auch sagen Screamo, wobei Chivàla bei Weitem nicht so hart sind, wie die meisten Vertreter dieses Genres.
Ihr Cover erinnerte mich erstmal an die Noiserocker von Ditz, die ich für den Vinyl-Keks und hier neulich rezensiert hatte, machen aber ganz klar einen anderen Sound, eher Richtung Cages aus Stuttgart beispielsweise.
Hatte diese schöne Scheibe zugesandt bekommen und erstmal für den Vinyl-Keks eine Review geschrieben – bis mich Kollegin Arnika anschrieb und meinte „warte mal, ich hab die Platte zum Review hier“. Saugut. Also in Kürze gibt es eine schöne Rattster-Review-Story von ihr!

Die Platte heißt „boato“, was Deepl mir als „brüllen“ übersetzt. Ich lasse mir auch noch die weiteren Titel übersetzen, denn mein Touri-Italienisch bringt mich hier kein Stück weiter.
„requisiten“, „den körper zum zittern bringen“, „herz aus stein“, „lässt nichts zurück“, „wir werden nichts sagen“ und „am ende des rennens“, um final mit dem „geräusch von fußspuren“ (rumore di passi) zu enden.
Sieben Stücke sind das, die ich recht abwechslungsreich und erzählerisch wirken.
Anfangs spricht der Sänger auch noch recht viel, bis dann doch mal ein Ausbruch kommt; der aber verhalten bleibt. Kein Geschrei und Gekeife. Oder sagen wir: kaum.

Ihre Chöre erinnern mich gerne und oft an die famosen Lypurá aus Karlsruhe.
Im ersten Song „ogetto die scena“ sieht sich der Sänger / Dichter wohl als Monster, der sich aus dem Spiegel anstarrt. An manchen Stellen (sofern deepl ein gutes Tool ist, Sprachen zu übersetzen) klingen seine Worte sehr melodramatisch. Er wird die Kulisse sein für all jene, die Geschichte schreiben. Wie in einem Roman von gestern, wird er all jenen, die nicht dageblieben sind zum Abschied zu winken.

Fünf Männer machen also Chivàla aus. Der Sound der Platte gefällt mir richtig gut. Auch, dass das Spiel der Gitarren nicht zu vertrackt ist, noch einen sieben / achteltakt irgendwo reinschiebt, um wild zu sein. Es passiert aber auch nichts Unerwartetes. Manchmal gibt es schon den ein oder anderen Ausbrecher aus dem sehr schön, fast poppigen Gitarrengewand.
Läuft richtig gut durch die Platte von Chivàla.

8 Labels. Kann schon fast sagen „die üblichen Verdächtigen“ was Screamo / Emo Mucke anbelangt in Europa.
Shove Records, through love records, Pike Records, zilp zalp records, Fireflies Records, Stonehenge Records, Friendly Otter, no funeral.

Lieder bleiben auf dem Cover Fettfingerspuren übrig. Kleinigkeiten, die einen schon mal ärgern können.