buch: der lärm der nacht (peter hartinger)

Ein Fotobuch mit Bands aus der Subkultur der 80er Jahre. NRW.

Was fasziniert einen eigentlich an so einem Fotobuch? Ich meine, klar, ich hab es mir gekauft und nun blätter ich darin, doch wieviele Male werde ich das noch tun?
Wenn man so darüber nachdenkt, braucht man es nicht zu kaufen!

Es dreht sich hier speziell um Fotografien von Peter Hartinger und Armin Wonner. Dazu gab es auch eine Ausstellung.
500 Bücher (ich habe Nummer 414) sind erschienen. „auf den Bühnen der Innenstädte in Zeiten des Post-Punk“.
Was ich bemerksenwert und cool finde ist, dass erklärt wird, wie man in dieser Zeit überhaupt Fotos gemacht hat. Beispielsweise legte man sich Aliasse zu.
Armin Wonner war Käptn Nivea und Hartinger war Jan Cux. Es dreht sich ums Fanzinemachen und die Kamera. Welches Equipment nutzt man?
Ohne Blitz geschossen auf einem 400 Iso-Film; entweder mit einer Minox 35PL, einer Konika Autoreflex T4 oder einer Yashica FR1.
Die beiden Fotografen haben diese Fotos gemeinsam in einem Archiv gesammelt.

Es gibt natürlich die „üblichen Verdächtigen“ Die Ärzte, Die Toten Hosen, aber auch nicht nur Punkbands, sondern auch The Pogues, The Fall, Einstürzende Neubauten, Laibach.
Vermutlich alles in Läden geschossen, die es heute nicht mehr gibt. Juz Düsseldorf, Zack Düsseldorf, Venlo OOC, Uni Duisburg, uvm.
Das Spannende, was es in diesen schwarz/weiß-Aufnahmen zu entdecken gibt, sind wohl all die Dinge, die die Musiker in den Händen hielten. Was hatte das Publikum für Klamotten an.
Man sieht schon sehr deutlich, dass man noch sehr weit entfernt ist von dem Reichtum der heutigen Zeit. Dem Hochglanz.
Trotzdem erahnt man, wie bunt das wohl war. Die Shirts, die Locations.
Begleittexte, mal Interview (mit Christoph Blümer, der Konzerte im Zentrum Altenberg organisiert), meist aus einem Zine-Beitrag komplettieren die Fotografien.

Zu bestellen gibt es das hier: Peter Hartinger

LP: ditz – never exhale

(wer es noch nicht beim vinyl-keks gelesen hat, dann hier:)

DITZ – never gehört. Als die sehr einfach aufgemachte Platte auf dem Teller lag, die Nadel in die Rille schlüpfte, die ersten Töne aus den Boxen hüpften: da war es um mich geschehen.
Das geht richtig gut los und hört im Grunde bei keinem Song auf, bleibt nicht stehen, unaufhörlich.
Ich nehme es also vorweg: was für ein tolles Album!

Intro passt schon mal, dann kommt „Taxi Man„.

Ein wirklicher Banger. Das Stück ist ein halbwegs melodischer Noise-Opener.
Es folgen „space/smile“ und „senor siniestro“ die mich erstmal noch nicht so richtig fetzten, bis dann „four“ mit seiner sägenden Gitarre, dem superryhthmisch minimalistischen Drumpattern und den erzählenden Vocals meine volle Aufmerksamkeit hat.
DITZ spielen mit maximalem Minimalismus. Ganz reduzierer Gesang, nur sprechend, ohne irgendwann lauter zu werden, dafür alles um die Sprache herum.
Ein bisschen Synthie, ein bisschen Zerre auf den Vocals, dieser „the Matrix“-Telefonsound. Irgendwie ist die erste Seite verflucht schnell durch.

Und dann kommt Seite zwei (Überraschung!) – da ist kein einziger Song mehr, den ich nicht gut finde!
smells like something died in here“ ist ein so famos cooler Track, erinnert mich an eine Mischung aus den Sleaford Mods und einer Noiseband, die Bock auf Doom hat. Schön schleppend. (future of the left als Beispiel)

18 wheeler“ ist dann ein sehr noisiger Track, der total gut runtergeht. „the body as structure“ und „britney“ eröffnen dann etews Neues, da da ein wenig Post-Punk durch, weil da aus dem Krach doch auch ein paar Melodiebögen herausperlen.
Sehr minimal eingesetzte, sehr gut umgesetzte Ideen. Ein schwerer Bass, wenig Drums, das die Beats dezidiert gekonnt einsetzt. Keiner drängt sich in den Vordergrund und trotzdem maximaler Output.

Keine Ahnung, was die vorher so gemacht haben, ist nicht ihr erstes Album.
Ich hör dann mal weiter!

DITZ.
Self-Released, in Europa auf schwarzem Vinyl, GB/Australia auch in pink und marbled.
Zweite Auflage in Orange via Bandcamp!

 

MC: quitter – quietism

Das Tape von Quitter hat den lustigen Titel „quietism“. Ein witziges Wort.
Habe es entdeckt beim Konglomerat Kollektiv, welches ich bisher eher als Label mit Screamo / Emo-Bands wahrgenommen hatte.
Habe reingehört und finde Quitter spannend atmosphärisch bis irgendwie befremdlich belustigend.
Habe es bestellt mit ein paar ganz wunderbaren NoAFD-Aufklebern für die Haustür, so im Sternsinger-Style.

Quitter sind sehr tanzbare New-Wave-Synthie-Mucke. Was ich halt gut finde, dass da auch Gitarren dabei sind und nicht nur Synthie.
Die Stimme, der Gesang ist irgendwo melodischer Darkwave und doch in einer seltsamen Tonalität, die ich so eigentlich nur von Joey kenne, von dem ich die Snäxxx-Compilations rausgebracht habe.
Wenn ihr da mal in beides reinhört, werdetihr wissen, was ich meine!
Ich finds total cool!

Quitter macht was er will und schwelgt zwischen New-Wave und Pop und Gitarren-wasweißich.
Erschienen bei Konglomerat Kollektiv gemeinsam mit Rufen Publishings.
Hört mal rein. Macht sicher im Stream auch Bock.
Aber sagt mal: was mögt ihr lieber digital oder analog?

Das Tape ist in einer faltbaren Pappschachtel. Sehr simples Bauhaus-Style Artwork. Oder sowas. Ich hab da echt keine Ahnung.
Es ist ein Weg durch einen Tennisschläger beschrieben.
Ist ein Risodruck.
Schickes Tape auch.
In diesem Fall 640€ haben 100 Stück gekostet. Was vom Kollektiv, wie immer, transparent gemacht wird durch eine Banderole um die Pappschachtel.

video: berlin 2.0 – erlösung

Mal vorneweg ein gutes Stück Musik von Berlin 2.0
Toller Text und die absolute Reduktion auf das Wesentliche mit den Instrumenten ist echt ansprechend.
Weswegen ich das Video poste:
ich hab tatsächlich Schwierigkeiten mit diesem ganzen KI-Kram. Wie geht es euch damit? Findet ihr das gut, dass viele Bands jetzt darauf zurückgreifen, um Inhalte der Texte zu verdeutlichen oder zu überhöhen?

Freue mich auf jeden Fall auf das neue Album, zu gegebener Zeit gibt es auch ein paar Worte dann dazu. Erscheint Anfang August via Kidnap Music.

MC: distant relatives – s/t

Die entfernten Verwandten bringen hier stark englisch angehauchten Post-Punk, der viel über einen tanzbaren Beat gibt darüber eine punkige Gitarre.
Die hat maximum Distortion drauf. Ohne Unterlass werden die Saiten bearbeiten, geschabt, gekratzt, geschlagen. Der Bass ist die Orientierungshilfe. Ein wenig klingt es nach Industrial oder Noise.
Distant Relatives brechen ab und zu die Gitarren mit Halbtonkaskaden aus und bleiben leider, wie bei „desert rose“ eher unangenehm hängen.
Irgendwie ist diese Musik gewollt schmutzig und düster.

Die Songs wirken anfangs etwas gewöhnlich, entwickeln erst nach etwas Zeit, die man ihnen einräumen muss, ihren Sog. Insgesamt finde ich das Tape also ziemlich gut; wenn auch gewöhnungsbedürftig!

Erschienen bei It’s Eleven Records. In einem düsteren Grau gehaltenes Cover. Eine Collage mit dem Satz darauf, dass wir alle entfernte Verwandte seien, die durch selbstgemachte Einteilungen (Klassifizierungen) durch ein Leben gehen, dass es lohnt zu leben.
Die Leipziger Band passt sehr gut auf das Dresdener Label!

LP: incisurat – zurren

Wie angekündigt hier der „zweite Teil“, die nächste LP des Projekts incisurat von EA80 Gitarrist Maul und Girk Dietzel von Gehirn Implosion liegt auf dem Plattenteller und ich war gespannt, wie und wo sie den angekündigten chirurgischen Schnitt angesetzt haben, um eine 40 minütiges Stück Musik in zwei Teilen auf LP zu pressen.

Hier nur ein Teaser, da die Musik dieses Projekts incisurat komplett außerhalb des Streaming-Zirkus stattfindet.

Vom Cover lächelt mich sowas wie ein Gesicht an. Lichtpunkte sind die Augen, die Regenrinne die Nase und der Bordstein der Mund? Wie auch immer.
Eine Karte liegt bei mit den Künstlernamen Tin Ikarus (Gitarre, Vocals) und Kire hat den Krach, die Geräusche beigetragen.

Das Stück ist unterteilt in verschiedene Parts, wie eine Art klassisches Stück, ein Opus (ist das der korrekte Ausdruck?). Natürlich wäre es geil, das Ding mal am Stück zu hören.
Klassische musikalische Elemente in Form gebracht durch New Wave und Post-Punk. Man muss das anhören, ich ringe nach Worten.
Diesen Output finde ich irgendwie dadurch auch besser, als den ersten Output „drifting“. Gefällt mir echt gut. Zwischen reduziert, Noise und dem „fallen-lassen-können“.

Gibt es beim Majorlabel. Erschienen auch via Bellerpark Records

video: phileas fogg – kometengift

Es ist morgen und ein Video platzt hier rein.
„kometengift“ von Phileas Fogg.

In den besten musikalischen Momenten ist die Kraftwerk-Referenz wohl unüberhörbar.
Letzte Woche traf ich Kalle Stille auf einem Konzert in Stuttgart und er war so voll des Lobes und sprach von Rheingold. Ja, auch eine sehr gute Refernenz für den veränderten Sound von Phileas Fogg.

Vor drei Wochen war es „küssen“, welches mich ob der KI ein wenig verstörte aber inhaltlich sehr gut gemacht ist.

Der erste Clip besticht durch seine fantastische Basslinie, die unaufhörlich laufen konnte, Endlosband. Poetisch.

Fest steht, dass die 10 Songs, die ich mir gleich am Stück reinziehen werde, heute als LP und digital rausgekommen sind.
Ich freue mich, die Bande am Sonntag auf dem EA80 Konzert in Karlsruhe zu treffen…. und als ob das irgendwie Magie wäre, ist es ziemlich genau 6 Jahre her, ihr letztes Album und unser zufälliges Treffen bei EA80 in Esslingen.

Leider verpasse ich ihr Releasekonzert, denn ich spiele selbst.
05.04. diakonissenbunker in der rosenbergstrasse 23 in stuttgart

MC + 7inch: cold summer – cold summer & altlasten

Hatte mir schon ewig vorgenommen, das Tape zu besprechen, denn mir hat es gefallen.
Allerdings hatte ich es auch erst im Spätsommer in Berlin im bis aufs messer Plattenladen käuflich erworben!

Cold Summer – s/t demo.
Es startet mit einem hart geilen, ins Hirn fräsendes Gitarrenriff. Düster, Post-Punk, kalt und treibend.
Der Sound ist ein wenig mumpfig, zumindest auf meinem Tape, ein dennoch überraschendes Release, denn Cold Summer haben schon ihren eigenen Sound gefunden.
Die Gitarren, für Post-Punk auch eher selten mit zwei Gitarren, spielen total gut mit- und gegeneinander.
Und wenn man schon so nen alten Style wiederaufleben lässt, kann man das Rad ja nicht neu erfinden, aber versuchen seine Möglichkeiten schon auszuschöpfen! Cold Summer fügen dem diese gute Gitarrenschrammelei bei! Mit ner ersten Auflage von 150 Stück auf Tape ist das schon auch ne Ansage; doch wenn man sich die Liste an Konzerten im letzten Jahr anschaut, dann weiß man, dass die Band echt was reißen will!

Jetzt ist vor kurzem irgendwann die 7inch „altlasten“ via it’s eleven records in Coop mit Kink Records erschienen. Letzteres Label hatte auch das Tape als Coop mit Jean Claude Madame rausgebracht.

Vier neue Songs auf einer schwarzen 7inch. Selbst aufgenommen im Proberaum.
Gibt es eine Weiterentwicklung?
Ich find cool wahrnehmen zu können, dass es zwei Gitarren sind. Sie sind allerdings so gut hörbar, dass ich die Drums nur wahrnehme, den Bass gar nicht (fast nur hörbar, wenn er allein spielt) und der Gesang so verhallt irgendwo rumwabert, dass ich schon etwas verdutzt bin. Das Tape vom Sound her schon ähnlich, aber nicht so!
Ich übertreibe etwas.
Dennoch, erschließt sich der Sound erst beim zweiten, dritten Hören. Da muß man dran bleiben.
Die Gitarreneffekte haben sich leicht verändert, finde ich.
Textlich weiterhin sozialkritisch, die Menschheit hinterfragend. Die Melodiebögen sind teilweise einer punkig, beatorientierten Spielweise gewichen. Und auch insgesamt etwas düsterer und man könnte schon auch sagen noisiger.

Cool. Ein Cold Summer weht durch die Anlage.

LP: das format – das format

Hamburger Schule? Sowas wie Die Nerven? Mag ich eigentlich nicht so….
Das Format. Ich mag ja Post-Punk. Und ich mag Bands, die in diesem Genre mehr experimentieren als im Punk oder Deutschpunk. Mit Instrumentierungen und Sprache, mit Geräuschen; in diesem Format.
Der erste Song von Das Format „liegen lernen“ cacht mich direkt, aber der zweite! ha! „mutter“ beginnt mit laidback Lyrics und haut dir aber sowas von einen pumpenden Beat dahinter!
Man muss richtig feiern darauf, zappeln. Lyrics und Gitarren bleiben aber so laidback. Es ist fantastisch!

Dein Vater sagt: Deine Mutter sagt,
deinem Charakter fehlt das Geländer
Dein Vater sagt, deine Mutter sagt
deine Schuhe, sie sind zu schmutzig
Sie sind so schmutzig wie deine Gedanken

Dazu diese großartigen Lyrics!

In „lichtmaschine“ wird dann ordentlich experimentiert, das klingt nach Erstgenannten, da steig ich kurz aus.
Jedenfalls nutzt das Trio Das Format ihre ganze Bandbreite von Möglichkeiten! Damit kann man eine ordentliche Wall of Sound produzieren kann!

Auf Seite eins wird man mit dem Track „14:30“ ordentlich runtergekocht.
Es geht aber in etwas so weiter. Ich fang schon an, den überbordenden Wutcharme des Anfangs zu vermissen.
Es bleibt oft repetitiv.
„panoramarestaurant“ ist dann endlich wieder ein Banger. Zieht im Tempo nicht so sehr an, dafür hat er diese kalte Wut, die eher auf einer philosophischen Ebene angelegt ist.
Das Ende der Platte ist so beschrieben:

Wenn das deine Lösung ist
Will ich mein Problem zurück

I love it!
Mit minimalem Aufwand maximales Ergebnis.
Das Format

Erst der zweite Release. Der hat es aber in sich! Unbedingte Kaufempfehlung!
Das Artwork empfinde ich als ansprechend, wie auch irritierend.
Im Innenteil ist dann das leere Treppenhaus.
Es gibt den Aufbau der Band im Studio und den Hinweis, dass es mit Fördergeldern bewerkstelligt wurde.  Initiative Musik. An dieser Stelle für die Art Musik ist das total angebracht. Punkmusik – eher nicht.

PaulaPaulPlatten.

Dieser Review erschien auch schon via Vinyl-Keks.

LP: tu la llevas – s/t

My Ruin ist ja inzwischen schon auch recht breit aufgestellt, was die musikalischen Erzeugnisse anbelangt.
Da gibt es Metal, Hardcore, NewWave, PopPunk, irre.
In diesem Fall hat Rosi mir mit dem ok nein Album, noch tù la llevas mitgeschickt. Sieben Songs Emo / Alternative drauf.
Ein Trio, was wohl in Deutschland lebt (Hamburg), und aus Griechenland, Spanien und Italien kommt; soweit ich das oberflächlich recherchiert habe. 
Sie singen auch auf Spanisch.
Die ersten beiden Songs „terremoto“ und „los jazmines“ sind etwas fordernder als der dritte „jonas“. Der Vierte ist nur ein Skit, aien instrumentales Zwischenstück namens „schellingstrasse 75“ – ich gehe mal davon aus, dass es der Ort der Freiheit ist: der Proberaum.
Der Sound ist insgesamt etwas schmutziger, klirrender, was die Gitarren anbelangt. Fast schon ein weng übersteuert wirkend, wobei fast keine Verzerrung auf den Saiten stattfindet.
Sehr entspannte Musik in meinen Ohren. Und das längste Stück auf dieser Scheibe mit sechs Minuten.
Letztes Stück „rivas va hacia madrid“ gefällt mir wieder richtig gut, was tù la llevas formen die Atmosphäre in ihren Songs in ihrer Einfachheit. Das ist das spannende an der Band.
knapp über 25 Minuten Musik in einem sehr schlichten Artwork. Die Farbwahl finde ich aber wiederum echt gut!
Ihr Bandname, so schreiben sie, „Tú La Llevas is spanish for „you got it“ and our answer to Yo La Tengo“ (wobei das dann wiederum in etwa dasselbe bedeutet)

Ich würd ja nun gern selbst was über „file under ____“ schreiben, aber ich kenne keine vergleichbaren Bands.
Zitat vom crossedXletters blog: „…Standstill, Catarata, It’s Not Not, Schedule, Heroes Del Corazon (haha), Madee oder Maple (auch haha, die haben doch alle gar keine bis wenig spanischsprachige Songs) erinnern? ..:“