review: pADDELNoHNEkANU – my button is bigger than yours

Ihr denkt sicher, ich spinne. Aber es muss mal was persönliches sein.
Ich habe das letzte Album meiner Band pADDELNoHNEkANU mit Tulle (Bass) und Ole (Drums) in 2018 / 19 bei uns im Proberaum aufgenommen. Wie immer, kann man sagen. Die Herangehensweise ähnelt sich jedesmal, und ist doch anders. Neue Mikrofone oder anderes Equipment ist dazugekommen.
In diesem Fall haben wir in unseren Proben, über Wochen, mal einen, mal drei Songs aufgenommen. Je nachdem, wie wir mit ihnen fertig wurden.
Ich hatte Listen mit den Abläufen geschrieben, was auch neu war, dass zum Beispiel der Opener „willkommen im vakuum“ in einer Probe entstand und in der nächsten auf 12 Spuren aufgenommen wurde.
Wieso ich auf unser Album komme: ich habe neulich reingehört und finde die Songs super, nur den Sound hart gewöhnungsbedürftig.
Warum ist der so anders als bei den andern Alben?
In unseren Proben oder auf der Fahrt nach Magdeburg zur Bootstour haben wir Bandintern darüber gesprochen. Ich verschone euch jetzt mit Gelaber von uns: eine alte Email wurde beim Digitalen Frühjahrsputz nach oben gespült. Ein sehr alter Freund, der vor vielen Jahren ausgewandert ist, hatte uns eine lange Mail geschrieben mit Kritik zu diesem Album „my button is bigger than yours“.
Ich habe die nun etwas aufgearbeitet zu einem Review (vor allem die Reihenfolge)

Habt soviel Freude daran wie ich, bitte!

Ich wollte anlaesslich der neuen Scheibe und auch als Fan-Reflektion der ersten 15 Jahre Bandgeschichte eine Top 10 meiner Lieblingslieder anlegen – fiel mir sofort auf das es eine Top 15 werden muss 😉

Filmemacher (s/t)
Troubadour (s/t)
Der teufel und die tiefe blaue see (s/t)
Tauchstation (s/t)
Suedtangente (Wunschkind)
Wie auch immer du heissen magst (Wunschkind)
Fidel Astro (4 Affen 1 Ziel)
Nichts (4 Affen 1 Ziel)
Turmbau zu dubuy (Endlich wieder Deutschpunk)
Hearts fear punkrock (Endlich wieder Deutschpunk)
Der moderne punk
Nicht hier nicht jetzt nicht du
Entschuldige schon mal wegen morgen
Uebel und gefaehrlich
Frei sein

Da könnt ihr mal sehen, wie stark die neuen Stuecke in meinen Lieblings-Top-15 vertreten sind. Das ist eine wirklich geile Schreibe, geil gespielt, geil geknueppelt und hoert sich an als gehoert es alles zusammen.

Es schwingt bei mir bestimmt einen haufen nostalgie und herzblut beim hoeren der Stuecke des ersten Demos (s/t) mit, aber ich glaube trotzdem dass damals ein besonderer ‘Drive’ dabei war, den ihr bislang nicht habt wieder matchen koennen. Mit der neuen Scheibe ging es mir das erste mal seit 2005 so, dass euer Songwriting und auch die Performance diesen Drive wieder irgendwie dingfest machen konnte.
Es ueberrascht mich irgendwie nicht, dass das mit der ausgefallenen Herangehensweise an’s Songwriting geschah, von der du, Felix, mir erzaehlt mal hast. Wie auch immer, es hat gewirkt. Ich glaube, dass ihr mit der neuen Platte euer bisher bestes Werk aufgenommen habt.

Ein klein bisschen zu den einzelnen Songs:
Fuer mich ganz oben steht ‘entschuldige schon mal wegen morgen’. Einfach vom Gefuehl und den Parts. Hoert sich so dermassen authentisch an. Die Mosh-Parts sind fett.

Obwohl ‘nicht hier nicht jetzt nicht du’ mein zweites Lieblingsstueck  ist, frage ich mich, ob es nicht einfach im Uff-ta haette durchgeknueppelt werden wollen. Der Rockbeat nach dem 2.Vers nimmt dem Stueck fuer meinen Geschmack den Wind ein bisschen zu sehr aus den Segeln.
„Uebel und Gefaehrlich“ – da finde ich die Lyrics und wie sie gesungen sind in den Versen besonders stark. Das hebt sich auch so sehr von anderen Dingen, die ihr zuvor gemacht habt, ab.

„Frei sein“, da finde ich auch die Verse cool. Auch, dass sich der Chorus so sehr vom Vers absetzt. Muss man erst mal so einen Refrain finden!
Der moderne Punk – vielleicht mein Lieblingsrocker auf der Platte.

„Scheuch’em auf“: Meine CD-Kisten sind abgepackt im Keller, vom Umzug noch, drum hab ich noch nicht nachgeguckt. Ich glaube aber, dass meine Lieblingsversion von „Scheuch’em auf“ auf einer CD war, auf der handbeschrieben ‘Paddelnohnekanu 2011’ steht. Ich nehme an, dass das die Urversion des Songs war. Das geile war daran war das Geschrei der Worte ‘Scheuch ‘em, scheu ‘em auf! Scheuch ‘em, scheu ‘em auf!’ waerhrend der ersten Mosh-Sektion. Das Lied braucht genau das, finde ich. Es fehlte mir auf der ‘In die Tiefe der Sprung’-Platte und auch auf Version auf dieser neuen Platte.

Rhythmsection: Ich finde es geil, dass nichts Ueberfluessiges von Bass und Drums gespielt wird. Da wirken erstmal die paar geilen Fills die gespielt werden viel staerker und zweitens unterstuetzt das Spiel so umsomehr das Songwriting, die ausgefallenen Taktwechsel und Songstrukturen. Drittens ist’s auch ein Zeichen vom reifen musizieren.
‘Reise’ von EA80, da gibt’s auch gar nichts was nicht gebraucht wird. Was mich auch umhaut bei der neuen scheibe sind die Drum-Fills, besonders die Einsaetze. Der Einsatz zum 1. Vers bei ‘Entschuldige schon mal wegen morgen’ ist grandios, wollte ich mal besonders hervorheben.

Gitarrensoundtechnisch:
Dein Gitarrensound aus den Zeiten des Line-6 Distortion Modeler steckt mir noch immer in den Ohren – Geil.

Dann hattest du glaube ich eine back-to-krasse-basics-Phase, wo du nur Zerre vom Amp gespielt hast? Hat mir rein soundmaessig nicht besser gefallen. Rein Misch-und Zerre maessig hat mir ueberraschenderweise dein Gitarrensound des letzten Jahrzehnts am allerbesten gefallen auf der Notwist Cover-Aufnahme fuer die Jubileumsscheibe.

Zum Abschluss kann ich wiederum mich heute wieder bedanken, dass mich das „geweckt“ hat: es geht nicht immer um Hörgewohnheiten, um „deinen Sound, den du hören willst“, sondern um die Musik und das Songwriting, was eine Band dann eben ausmacht.
Erschienen auf 30 Kilo Fieber Records und Elfenart und dem Bandlabel Krachige Platten.

LP: le havre – so wohl war mir noch nie

Wie schön ist es, von einem Jugendfreund zu hören, dass er eine neue Band hat, wenn man ein Zine macht? Mega! Nämlich gleich aus mehreren Gründen, die darin mündeten, das wir uns auch nach Jahren mal wieder persönlich trafen. Sinnigerweise in einer Kneipe namens Bierbrunnen in Baden-Baden.
Und das gleich noch mit zwei andern lieben, alten Freunden.
Ein Abend voller dummer Sprüche, ernster Themen, Familie und eben Musik.

Le Havre sind eine fünfköpgige Band aus Potsdam. Hensch macht Tasten & Geplauder, Andreas sitzt auf dem Drumhocker, Sasch am Vier-Saiter, Nico zupft die Sechs, David drückt am Synth rum und ab und an Gitarre.
Bei Hensch unterschreibe ich die Beschreibung „Geplauder“ nach den ersten drei Sätzen des ersten Songs „flurtür“. Die Band nimmt sich die Zeit, erstmal alle Instrumente vorzustellen.
Eine recht ruhig bebende Stimme erzählt etwas vom Verlorengehen einer Liebe. Getragen, poetisch, ein wenig pathetisch, wenn dann noch die zweite Stimme im Hintergrund den Gesang doppelt. Nach der lange Strophe wird es ein wenig lauter, aber dezent. Ein kurzer Einwurf „es sieht nach regen aus“.
Der zweite Titel „über den pass“, nicht minder voller gefühlvollem Pathos, ist schon etwas drängender, nicht minder erzählend, es dauert etwas, bis mich das cacht.
Ich entsinne mich da an eine Review von Dr. Dexter, die etwas punkiger sind, die aber Assoziationen an Fliehende Stürme weckten. Vielleicht ist das auch hier so. Letztere sind nicht ganz meine Hörgewohnheit. Und die brechen Le Havre auch auf. Es klingt wirklich alles so wohl.
„jetzt“ – manches am Songwriting weckt Bilder, wenn die instrumentalen Parts ihre Momente haben. Post-Punk ist das irgendwie nicht, mehr Post-Rock. Sehr individueller Gesang.
„sergej“ – darf ich erhlich gestehen, verstehe ich nicht. Aber irgendwie zieht es mich hinein. Eine Mischung aus dieser verschorbenen Art, die die Bands von Jens Rachut auch haben. Hier vielleicht am nähesten Alte Sau.
Der letzte Song von Seite A „auftauchen“ holt mich persönlich noch am meisten ab. Dieses bretternde Schlagzeug, die Orgel, cool.

Ich dreh im. Die Platte. Die tiefen Gräben in Familien sind das Thema. Bevor der Song einen sehr besonderen Takt bekommt, wird mit dem Sonntags-Brotmesser etwas Pathosbutter aufs Brot geschmiert. Irgendwie total fies und auch megagut.

diese familie romantisch versoffen
zu früh gegangene hinterlassen ungeklärte fragen
und alle versuchen verluste auszufüllen
überspannen den bogen und treffen nie das ziel
sich tröstend zu verzeihen und die andern zulassen

In „klick klock“ nehmen sie sich wohl selbst etwas auf die Schippe. Hensch legt eine ordentliche Spur Ironie in seine Stimme, die Musik melancholisch fröhlich nach vorne gespielt.
Mit „trotzdem“ gibt es eine kleine, eigenwillige Auseinandersetzung mit Punk vs. Traditionen; die ich sehr gut nachvollziehen kann.
Zwischen zweieinhalb Minuten Spielzeit und fünfeinhalb ist alles dabei. Die Band spannt einen großen Bogen im Songwriting. Das ist nicht so, wie man es erwartet und das ist richtig gut so! Nicht alles muss nach dem selben Schema funktionieren! Und trotzdem brechen sie jetzt nicht total aus und schlagen permanent aus. Das Klavier nervt mich an keiner Stelle, es ist nicht ganz mein Instrument, doch im Gesamtsound der Band hat es seinen Raum bzw. macht es den Sound von Le Havre (druck)voll.
Mit „doch am ende“ verabschieden sie sich, schließen einen Kreis. Post-Rock. Sehr schönes Laut/Leise-Spiel, ein gewisses zerlegen ihres Riffs findet ein Ende in einer der wenigen Rückkopplungen.
Und das ist vielleicht das Wort, welches am ehesten die Lyrics von Hensch beschreibt: sie sind eine Rückkopplung.

Cover ist eine Kaltnadelradierung von Holger. Gemischt und gemastert von Nikolaus Chaos Audio Production. Handnummeriert. 300 Stück.

MC: kurschatten – träume in pastell

Neulich flatterte hier leider nur ne CeDä rein. Lieber Vinyl oder Tape, Freunde 🙂
Egal, die Band ist so gut, ich besprach schon ihr „planeten ohne ringe“ – Tape. Und so ist dies ein Tapereview, auch wenn das blöde Ding auf dem Bild nicht in meinen Kassetten-Spieler passt.
Die Band Kurschatten legt auf jeden Fall n Zahn zu. Großartiger Post-Punk mit hartem New-Wave-Einschlag.

Jedenfalls, diese erste Tape ist schon drei Jahre her und ich bin froh, dass es Kurschatten noch gibt und sie weitergemacht haben. Sie geben den Punk in den Bass-Synthesizer zurück und das rastlose Schlagzeug treibt mal deutlich nach vorne, mal bekommt die Düsternis den Vorzug und wabernde Schläge hallen aus den Boxen.

Zu deutlich werden sie in den Texten, wie bei diesem Genre üblich, werden sie nicht; man merkt aber in oder an vielen Zeilen, dass sie die letzten drei Jahre sehr beschäftigt haben. Bei „Gemüse“ würde ich doch sagen, handelt es sich um eine Metapher für rechte Umtriebe.

Die Songs stark unterschiedlich. Mal knappe zwei Minuten „gemüse“, mal können es uch fast sechs werden „okkultes“.
„träume in pastell“ sind wohl bunter als grau, wie die Musik, die Kurschatten machen. Das wirkt keine Sekunde Grau, eher zwischen Sandsturm und Nebelwand mit Hintergrundbeleuchtung.
Erschienen ist dieses Ding bei Bakraufarfita. Tape bei Jean Claude Madame.

LP: prisonnier du temps – comme un lion en cage

Nachdem ich Jacky von Syndrome 81 angeschrieben hat, dass er eine Solo-LP raus hat, hab ich natürlich zugegriffen. Egal was da wohl drauf ist, es wird gut, denn er ist ein echt guter Gitarrist und Songwriter!

Das Cover ist recht düster gehalten, „prisonnier du temps“ (Gefangener der Zeit) so der Name, „comme un lion en cage“ (wie ein Löwe im Käfig) so der Titel. Und beinhaltet drückenden, eher langsameres Midtempo, Oi-Punk, dem man anhört, dass er der Gitarrist von Syndrome 81 ist.
Acht Songs sind drauf und der Prisonnier du Temps legt los mit dem Titeltrack.
Zwischen knapp zwei und den typischen dreieinhalb Minuten sind die Tracks lang.
Wenn ich die Lyrics richtig interpretiere, mein Französisch ist okay, nicht das Beste, hehe, dreht sich schon das meiste um eine gewisse regionale  Zugehörigkeit. In „la rose blanche“ drückt das ganz gut aus, hier geht es darum, warum die Franzosen schon immer so für ihre Freiheit kämpfen.
Jacky dankt seiner Gang, der Band, seiner Frau, die dieses Projekt wohl auch mit möglich gemacht hat.
Es ist ein Solo-Album, hört sich aber grandios nach Band an, ein sehr lebendiger Sound. Ein toll aufgenommenes Schlagzeug und ein bomben Bass. Die Gitarrenmelodien funktionieren darin total gut. Sie sind recht simpel gehalten. Alles sehr eingängig. Die Chöre recht hoch „gestimmt“.
Folglich gibt es ne Menge Parts, bei denen man mitgröhlen kann. Ich hab aber das Gefühl, dass das gar nicht wirklich beabsichtigt ist, sondern das der Sound, das Gesamtbild, das einfach mitnimmt. Mich holt das total ab. Es sind keine Schlachrufe, der Referain ist nicht das zwingend Mitsingbare.
„sans espoir“ ist der, denke ich, schnellste Song auf der Platte und der Text dreht sich um Menschen, die schwarze Gedanken haben und für die die Zeit stehengeblieben ist. „perdu d’avance“ behandelt Wehleidigkeiten von Couchpotatoes, die immer nur Wunden lecken. Den Titel würde ich damit übersetzen, dass es „den Vorteil egalisieren“ meint, kann aber auch „Anbiederung“ bedeuten.

Jacky singt stimmlich recht gedrückt, der Prisonnier du Temps dürfte Mensch gefallen, der grad Pascow abfeiert, aber das Roughe und Unbändige ein wenig vermisst. Direkt bei Bandcamp zu bekommen.

LP: abermals – reasons to travel

Ich glaube in diesem Leben werde ich kein Musikhistoriker mehr. Woher kenne ich welche Band, warum hab ich die angeschrieben, oder doch sie mich?, woher habe plötzlich eine Platte im Briefkasten. Es geht mir natürlich nicht ständig so, doch ab und an.
Im Falle von Abermals, lege ich die Platte auf, überlege, woher ich die Band kenne. Ist gut möglich, das Chris (Gitarre und Gesang) und ich uns bei Filmaufnahmen mal kennengelernt haben. Seine Tätigkeit bei Abermals wir dadurch dann irgendwann in meine Timeline gespült und ich schaue und höre mit.
In der Recherche finde ich seine alte Band Tidal. Kenne ich ihn doch schon länger?
Jedenfalls haben sich Abermals in 2020 gegründet und in 2023 gibt es ihr erstes Album „reasons to travel“ als Vinyl-LP und CD zu kaufen.
Sie haben im Januar einen ersten Track mit Video veröffentlich „Amadeus“

Mich erinnert der erste Song „you“ an U2 (Joshua Tree), so ein bisschen wenigstens. Dieses Gitarrenriff, ich hab sofort Gänsehaut.
Was sie aber richtig gut machen und sozusagen ihren Sound ausmacht, ist dieser grungige Post-Punk. Mit Druck gespielt, nicht zu verspielt, emotional, abwechslungsreich. „Amadeus“ ist da schon ein Anspieltipp. Ebenso „segunda inspección“.
Und die Selbstbeschreibung der Band trifft es auch ganz gut, dass sie von sich sagen, das Abermals ein Trio ist aus Menschen, die schon zu lang Musik machen, zu viele Bands gehört haben und auf zu viele Styles abfahren. Punk, Grunge, Powerpop, Alternativ.
Die erste Seite ist da schon mal echt ein Knaller!

Auf Seite zwei „verstecken“ sich dann die eher ruhigeren Tracks. Erinnern mich an manch Dischord-Bands mit „belong“ und „trippin‘ out on LED’s“.
An der ein oder anderen Stelle merkt man bei diesen Songs, dass es die Band noch nicht so lange gibt, egal wie lange sie, jeder für sich, schon Musik machen. Denn manches ist noch nicht ganz rund. Kann natrülich auch gewollt sein, der Sound ist insgesamt auch nicht total glatt gebügelt. Ich mag das wirklich gerne. „never done“ ist ein to-taler Emo-Hit. Danach „notice“ und ich bin wieder bei Assoziationen von Fugazi oder der deutschen Band Fluid to Gas. Bisschen düster, bisschen windschief, experimenteller; zum Abschluß gibt es einen ruhigen Instrumental-Track „golden“.

Die Platte kommt ganz klassisch: Cover, Platte.
Schade, dass kein Beiblatt oder so dabei ist, die Hauptsache ist drauf: Musik.
Und die ist gut! Zieht euch das!

Erschienen in Coop Engineer Records (UK), Sell The Heart Records (USA), Memento Records (Germany) & Runaway Records (Spain) on CD and LP

MC: tv cult – s/t

TV Cult beginnen mit dem „Hong Kong Song“. Garagepunk, nach vorne gezimmert, es dreht sich inhaltlich um die rosige Zukunft mit Plastik. Unsere Welt eingehüllt in Plastik. Präsentiert von einer etwas höheren Stimme.
Mit „running man“ kommt im Anschluss ein ganz angehangener, rockiger Smasher. Eine tiefe Stimme erzählt etwas über:
Mensch versucht ja verzweifelt ein kleiner Teil des Internets zu sein, wobei man ja, seien wir ehrlich, weniger als ein Rädchen in irgendeinem System ist, eher ein Mykrometer, im Grunde ist man aber genauso wenig, wie die, die sich für groß halten.

follow me
i’ll follow you
cause that’s what followers do

In „videodrome“ werden die beiden Stimmlichkeiten dann gepaart. Ich nehme mal an, dass es sich um den selben Sänger handelt?
Das Spinnennetz des Videodrome in dem man gefangen ist. Man versucht den Kanal zu wechseln, aber man ist verdammt, immer das Gleiche anzuschauen.
Wieder etwas flotter kredenzt. 77er Punkrock. Die Gitarren sind maximal aufgedreht, es wird ordentlich gequäkt und gequiekt.
Aber gekonnt und dezent, nicht nervig.
Der letzte Song „oubliette“ ist eine gute Mischung aus den beiden Stimmlichkeiten, nun bin ich mir sicher, dass es sich um einen Sänger handelt. Hier ist nur die tiefere Stimme zu leise gemischt; man könnte fast sagen: sie versteckt sich in der Dunkelheit. Eher ein post-punkig, ruhiger Song. Er zieht mich mit in die Tiefe.
Der Bass dengelt seine Achtel dazu. Ein herrlich hingerotztes, rausgedrückte „i’ll throw you in my oubliette“!
Womit das Tape schon endet und wiederholt sich auf Seite zwei.
Mit den Worten „all my friends are dead“ schließen TV Cult den Reigen ab.

Erschienen via Mörtel Sounds.

MC: starships – demo 2021

Von Erai aus Berlin habe ich mir was bestellt (später mehr dazu) und Peter schickte mir etwas, völlig unkommentiert, mit: eine MC der Band Starships. Ist das Demotape der Band und sie haben mich total überrascht.
Starships haben ihr Demo in 2021 aufgenommen, auch eine Berliner Band, und sagen von sich, sie machen „punk-whatever“.
In meiner Welt hat das wenig mit Punk zu tun, viel Indie-Schrammel und hat ne Menge hörbarer Einflüsse aus dem Post-Hardcore, ein bisschen Emo. Erinnert mich an die wundervollen Tiger Magic – eine ganz klasse Band mit zwei wundervollen Releases; da fällt mir auf, dass ich die auch schon zu lang nicht mehr habe laufen lassen – nicht ganz so melodisch.

Sehr cool eingespielt, man hört, dass es ein Demo ist, jedenfalls mache ich das an der Menge des Halls auf der Aufnahme fest. Ich denke, dass das die Band schon bewusst so gesetzt hat.
Starships, da ich keine weiteren Infos habe, belasse ich es dabei, lohnen gehört zu werden. Tape gibts via Bandcamp.

MC: potato fritz – asbest of plus one

Potato Fritz, eine Kassette, die ich ganz schnell und kurz besprechen möchte.
Eine großartige Noiserockk-Band die sowas von unter dem Radar fliegt und das schon seit ner Ewigkeit. Schaut mal in deren Discographie rein! Bisher hatte ich sie hier nur mal im Review für ihre Split 7inch mit den famosen Fluid To Gas.
Potato Fritz begleiten mich seit ihrer „baumwollitze“ LP, auf der ein herrlich wunderbarer Krach ist; die ist von 2005, die Band gibt es aber schon seit vrmtl. Mitte der 90er. Ich mag die wahnsinnig punkige Herangehensweise, den maximalen Krach, den sie produzieren.
Erschienen ist hier eine MC-Compilation von 22 Songs bei Fidel Bastro. Songs, die zwischen 1995 und 2008 „mostly in Hamburg“ aufgenommen wurden.

Es geht los, überraschenderweise, mit einem leicht windschiefen Indie-Song, weibliche Stimme, ein… Liebeslied.
Danach wird ganz ordentlich weggedonnert.
„asbest of plus ein“ hast diese Compilation, 55 Stück auf MC.
Die zarten Melodien, die aus der Gitarre ab und an herauskommen, die lakonischen Texte, die darüber liegen: ihr werdet es lieben! Das alles wird komplett zerstört, wenn Bass und Schlagzeug dazu kommen. Geil!
Die Hamburger Schule mit dem notwendigen Krach und Punk und Druck in ihrer Musik haben, der allen andern Bands irgendwann abhanden gekommen ist.
Zwischen superkurz und viel zu langen Songs ist alles dabei.
Potato Fritz liefern. Lauschet!

Einen Teil gibt es bei der Band direkt (link oben) oder bei Fidel Bastro. Viele sind es nicht mehr. CD gibts auch oder Bandcamp (siehe unten).
Cover von Mighty Michael Imhof, er macht einfach famoses Artwork!

 

LP: frachter – bad sterben

Frachter, eine Band aus Weimar, wo liegt das eigentlich? Ein Ort irgendeines Dichters, glaub ich, da kommen Frachter her, die schon in 2016 ihr erstes Demo veröffentlichten.
Mich erinnert das sofort an Kitt Wolkenflitzer, Herr Paulsen und das Zeitproblem oder Lygo. Nicht ganz so „schreiig“, mehr Indie, mehr Emopunk,
aber von vorn:

Der Frachter legt ab mit dem ersten Track der Platte Bad Sterben. Der lakonische Gesang von Jochen, dem Sänger und Gitarristen von Keine Zähne im Maul aber La Paloma pfeifen kommt mir in den Sinn; dabei ist Weimar tatsächlich weit weg von Flensburg oder Kiel.
Sie haben auf jeden Fall die „richtigen“ Vorbilder, die sie in den Titeln auch benennen, wie Graf Zahl oder ….but sterben zum Beispiel. Das ist schon alles hoch melodisch und hat doch so einige schöne Textzeilen, viel Ironie zwischen und in den Zeilen.

denn perfekt ist nur der tod

die Tischdecke bleibt kleinkariert
genauso wie die Köpfe
(Atacama)

Das gefällt mir richtig richtig gut, was die Band da macht. Abwechslungsreiches Songwriting! Die Songs „zylinder“ und „keine szene machen“ gehen ineinander über, durch ein Break ins andere.
In Letzterem dreht es sich um eine Liebeserklärung an eben die eigene Szene, davon ein Teil sein zu dürfen, sich sicher fühlen kann, aufgehoben. Was man kreativ und subversiv erschaffen kann. Im letzten Satz bekommt das noch einen Twist, ein klein wenig erhobenen Zeigefinger, denn ob der Jugend der Band ist das entschuldbar:

eine Szene nimmt eine Menge in Kauf
weil sich das einfach besser verkauft
aber hey alles cool
ich will keine Szene machen
es war schon immer so
und dabei sollten wir es belassen

So ein kleiner Wink, dass eben auch eine coole Szene ins Konservative abrutschen kann; eingefahren wird. Sollten wir es also belassen?

Die Worte gebe ich mit auf den Weg.
Ein paar Shows spielen sie auch, schaut mal bei FB.
Album ist am 17.02. erschienen. Mein Review so ähnlich auch beim Vinyl-Keks.
Käuflich zu erwerben direkt beim Label gunner-records.
Ein Video gibt es zu „homo faber“ – ein Track, der mich nun an Captain Planet erinnert. Das Album kann echt nur gut sein, wenn ihr auch nur annähernd etwas mit den genannten Bands anfangen könnt!

und ganz aktuell gibt es noch einen Clip zu „schnauzbert“