LP: v/a – 10 years horstklub (kreuzlingen) against all odds

Der Horstklub ist in Kreuzlingen, was direkt angrenzend an Konstanz in der Schweiz liegt. Am schönen Bodensee, wie man so sagt.
Angefangen hat der Horstklub in einem Keller, klein, eng und schwitzig.
Sie hatten sich zum 5 Jährigen schon eine Compilation gegönnt. Damals noch eine LP. Diesmal eine Doppel LP.
Wenn sie so weitermachen also irgendwann eine ganze Box voller LPs! Ich freu mich schon drauf.

Jedenfalls haben unfassbar viele internationale Bands den Horstklub angesteuert. Irgendwo ein Off-Day, dann dort untergekommen und eine wilde Party gefeiert mit 50/80 Zahlenden Gästen. Oder einfach „nur“ Support für kleinere, tourende Bands.
Auch ich war schon mal dagewesen. Alles DIY, alles ein Kollektiv von Menschen die Bock haben einer grauen Stadt einen bunten Sinn zu geben. Es ist wirklich toll dort!

Kraus Glucke Weltverschwörung aus Konstanz haben den Titeltrack zur Compilation beigetragen. Ebenso gibt es von den Pershing Boys einen „Horst-Track“, auch von Ravage Fix. Und ich glaub auch FVZZ POPVLI.

10 Years, Horst Klub: Immer noch da! So oft schon tot geglaubt aber immer wieder aufgebaut. 10 Years, Horst Klub: ich schau zurück, das war Liebe auf den ersten Drink!

Gute Zusammenstellung, macht wirklich Spaß und ein paar LPs gibt es auch noch zu haben!
Gibt es im Doppelpack also entweder in rot-transparent oder in schwarz. Mit 10-seitigem Booklet. …und ich hatte mir noch die formschöne Tote-Bag dazu bestellt. Ist nicht ganz billig, was an diesen Schweizer Franken liegt….

 

für den Eindruck hier ein Video der Band Lassie.

MC: dvmp – modifizierte schwäche

Hast du Bock auf Geschrei, Gekeife, Gebrüll, Gezeter und dazu Geballer. Eine Drummachine from Hell. Alle Beats werden in eine Umlaufbahn in Lichtgeschwindigkeit geschickt.
Dann bist du bei DVMP ziemlich genau richtig.
Raisermesserscharfe Lyrics mit Rasierklingenriffs.

Superabwechslungsreich, wenn man es denn schafft, sich innerhalb von 1Min49Sek (so lang ist der erste Song „das letzte“) an den sehr guten Sound mit dieser ungestümen Musik zu gewöhnen!
Zwischendurch immer mal elektronische Beats, man wird hin + hergeworfen zwischen Ernsthaftigkeit der Themenauswahl und der Ironie, die darin steckt. Das Unvermeidbare (die Zerstörung des Planeten Erde) und der zu „modifizierenden schwäche“, die man durch persönliche Mit- und Ansprache doch recht einfach regulieren könnte.
DVMP beschreiben das selbst so:

Die Dosis schillernder Abnormität wurde erhöht, die Emotionen arbiträrer denn je kanalisiert, die Grenzen erneut erreicht. Songs über alltägliche sexistische Erfahrungen von FLINTAs, die Ausbeutung menschlicher Gesundheit, den globalen Rechtsrutsch samt seiner zahlreichen horrenden Ereignisse, die Zerstörung unserer Biosphäre und damit das Ende des Planeten Erde. Ebenso gehören Liebe und Resilienz, Widerstand gegen Antisemitismus und das obligatorische Punk-Mantra „Arbeit ist scheisze“ zu den zentralen Motiven dieser 40-minütigen Odyssee durch die von Elektroschrott überwucherte, von Batteriesäure zersetzte Futureviolence-Tundra

Hier also HipHop Beats, dann wieder Maschinengewehr-like-Geballer, das Tempo ist schon echt krasser Shit!
So ne Kombi aus der Schreie aus der Kehle André’s und eben krass schnelle Riffs von Alfi.
Die Texte sollte ich noch besprechen, es sind nur tatsächlich so viele, da könnt ihr doch einfach mal selbst reinlesen bei BC!
Es geht um die Unerträglichkeit des Mackertum, ein Aufruf zur Gottlosigkeit, die Unerschöpflichkeit des Wesen Mensch seinen Planeten zu zerstören. Das alles in verständlichen Formulierungen mit Aussicht auf Besserung!

Coops sind mit: Kim [Bleak Monday], Lena [Captivated / Etterath], Fini & Anna [Black Square], Helen [Shok Güzel] & Nadine [Die Farce Die], smr.tni und Pascal, Iva, Pit [Volume Magazine] & Kaja, Sami [Tyles], Lena und Marc [Maura…but it’s not the name], Maja [Marasm]

Tape gibts bei Puzzle Records. Es ist soooo overwhelming. Ich bin fast erschöpft nach dem Genuß dieses Bretts.
Schon geil. Und die Lyrics wahrlich eine Geschichte für sich.Und im Tape auch alle abgedruckt.

 

LP: dead pioneers – dead pioneers

Zu einer Zeit im Sommer 24 hatte ich einen Link via Bandcamp zugeschickt bekommen mit der Empfehlung mir die Dead Pioneers mal anzuhören. Outstanding Stuff.
Und der mir diesen Release empfahl hatte recht: total abgefahren, total gut!
Vinyl nicht mehr zu bekommen und bisher auch nur über die Band und in Amerika.
Dann trudelte im Herbst der Repress für Europa via Hassle Records, ein Londoner Label, hier ein.
Zuerst übernahm es ein*e Kolleg*in in der Redaktion, stieg aber aus, weil das Themenfeld, welches die Band bespricht, doch ein sehr besonderes ist.

Ich hab gleich „hier“ geschrieen, aber im Grunde exakt dasselbe festgestellt. Wahnsinn.
Klar, ich könnte es auch lassen, warum sollte ich eine Platte reviewen, die schon im Herbst 23 erschienen ist? Die in beiden Versionen ausverkauft ist, egal ob Original oder Repress.
Die schon heiß diskutiert wurde und durch die Presse gegangen ist.
Deren Review vermutlich mehr eine Abhandlung, eine Bachelorarbeit werden könnte, weil das Thema so komplex ist, so viele soziale Aspekte berücksichtigt werden dürfen, müssen, sollten.
Weil Dead Pioneers eventuell an dir vorbeigegangen ist?

Okay, also los:
Sie beschrieben sich selbst als „indigenous fronted“. Eine kurze Eingabe in meine Suchmaschine zeigte mir bspw. einen Artikel der Frankfurter Rundschau. Hej, wenn eine Band mal nicht in kürzester Zeit angekommen, und hoffentlich auch erreicht hat, was sie sagen will!, dann wohl die Dead Pioneers. Ausgabe 175 vom OX-Fanzine ist ein Interview. Tour als Vorband von Pearl Jam.
Ich denke tatsächlich mal, dass genau dort der richtige Platz ist. Nicht wegen der schieren Größe der Crowd die die Band abfeiern, nein, weil sie wirklich Menschen erreichen für ihre Inhalte. Und zum Nachdenken anregen können und werden!
Kommen wir zu den Songs, endlich: sie starten mit „tired“.
Sofort nach Vorne, ein gutes Introriff, welches sich nicht auflöst durch einen besonders kraftvollen Song und weiteres Riffing, nein, durch die klaren Worte, die Sänger Gregg Deal spricht. Unaufgeregt, deutlich.

America is a pyramid scheme and you ain’t at the top!
(…)
Don’t be scared of learning the whole historical story, it’s not going to hurt you
(…)
This structure is a rigged game that breed racism homophobia, transphobia, classism and ableism.
It all makes me so so very tired.

Und so deutlich der Song angefangen hat, so plötzlich findet er ein Ende.
„we were punk first“ startet als klassischer Punksong, der in ein paar Zeilen nach vorne ballert, dann in Spoken Word übergeht. Ja, ein wenig gewöhnungsbedürftig ist es schon.
Doch wer auf der Suche nach etwas Besonderem ist, etwas, dass Worte findet und zum Ausdruck bringt, was 99,9% eben genau nicht sagen, dann bist du hier absolut richtig.
Schwarze haben wohl diesen Proto-Punk mit erfunden. Musikhistorisch ist das sicherlich diskutabel. Am Ende ist das, wie so oft, ja komplett egal, wer es nun erfunden, die, die die Kohle haben, die haben es groß gemacht.
Und ausverkauft.
Ich kann den Indigenous und Blacks nur entgegenrufen: danke dafür, habt ihr super gemacht, denn ohne euch wäre dann die Rockmusik vermutlich immer noch so langweilig, wie sie schon bei Song 135 von Elvis war.
Der Bandname, würde ich sagen, in Anlehnung an The Last Poets, eine afroamerikanische Gruppe von Dichter*innen und Künstler*innen, die in den 1960er Jahren gegründet wurde. Vermutlich sagt es euch aber mehr, wenn ich Henry Rollins als Spoken-Word-Vertreter erwähne – er ist halt ein Weißer.

All diese Feststellungen zusammengenommen führen zu all diesen Ausschlüssen, diesen -ism Begriffen.
Wieder zurück zur Musik:
Einige Stücke sind einfach nur unterlegt mit Gitarren-Sounds. Das ist nicht meganoisig und krass, sondern einfach eine Atmosphäre. Der Sänger gibt nie Vollgas.
„bad indian“ ist ein wahrlich zynischer und harter Track. Gregg erzählt in den Songs über seine Erlebnisse, den Alltagsrassismus, der ihm überall begegnet. „du siehst ja gar nicht aus, wie ein Indianer“.
Er formt in seinen Worten die Sozialkritik um in politische Statements. Ohne je eine hohle Phrase gedroschen zu haben. Er stellt fest, was wir alle wissen und nur in allerkleinsten Teilen versuchen für sie und mit ihnen zu verändern.
Die Selbstreflektiertheit zu besitzen, über sich selbst ironisch zu sprechen und dann einen Text rauszuhauen wie „this is not a political song“. Darin eine Geschichte zu erzählen, aufzuzählen was ersteinmal nur Worte sind, doch wenn man sie in einen Zusammenhang bringt, versteht man, dass es um Minderheiten geht, die von Anfang unterdrückt wurden von Weißen.
Ein fast 5 minütiges Stück, groovy, sehr gut zu folgen, ich habe nie das Gefühl, dass mir hier eine Meinung aufgedrückt wird, ein politischer Wunsch geäußert wird, was ich zu tun habe. Denn was ich zu tun habe, muß ich schon selbst rausfinden.

Zum Ende des Album ein Spiegelbild mit „doom indian“.
Der letzte Track „noone owns anything and death is real“ sowas in der Art wie Bad Brains oder Dead Kennedys. Es geht nur nie ums Gitarrenriff, dass das hängenbleibt. Es ist alles ausgerichtet auf die Vocals.
Die Drums sind etwas offener, guter, satter Sound.
Trotz des einen sehr langen Tracks ist die Platte nur 22 Minuten lang, beinhaltet viele Worte in 12 Songs. Es lohnt all das!

Fantastischer Release. Eine neue Single namens „my spirit animal ate your spirit animal“.
Dead Pioneers sind Gregg Deal – Vocals, Joshua Rivera – Guitar, Abe Brennan – Guitar, Lee Tesche – Bass, Shane Zweygardt – Drums.
Erschienen via Hassle Records.

 

PS: Ich fragte in der Redaktion rum, wer mir ein wenig zum Thema Indigene Hilfe geben könnte, denn von einem Fettnapf in den nächsten zu treten ist ganz sicher hier der falsche Ort.
Einer unserer Redakteure ist mit einer indigenen Person zusammen. Ich bekam folgende Nachricht:
„die Wahl Trumps ist eine große Bedrohung für die Rechte Indigener (er will mal wieder Land enteignen um dann Fracking zu betreiben und solche Geschichten…) und eventuell ist auch sowas ganz interessant, dass die Rate an Jugendsuizid bei keiner Minderheit so hoch ist wie in indigenen Communitys – dasselbe bei Alkohol und Drogen.
Oder das die sexualisierte Gewalt an indigenen Frauen laut Amnesty International „epidemische“ Ausmaße annimmt. Oder, dass die systematische Unterdrückung bis heute anhält, weil in einigen Bundesstaaten (bei Trump dann wohl noch deutlich mehr) z.b. indigene Schriftsteller*innen zensiert bzw. ihr Bücher schlicht verboten sind. Und das sind nur mal „die größten“ Themen. Du siehst, die Review könnte auch eine Bachelorarbeit werden.
— richtig, ihr habt nun 1000 Worte gelesen —- lasst uns was draus machen!

dieser review erscheint auch beim Vinyl-Keks. Mehr Reichweite und so!

fanzine: drachenmädchen #15

„zuletzt geändert am 11.07.2024“ mannometer.
Wie kann ich ein so cooles Zine (in dem ich selbst auch einen Beitrag habe) so lange liegen lassen für die Review.
Auf jeden Fall gibt es noch Exemplare bei mir oder auch, klar, bei MYRUIN im Shop.

Das Drachenmädchen Nummer 15 hat sich mehr zu einer Sammlung von Kolumnen, Gedichten, Berichten und ein paar Reviews verändert.
Früher war da mehr Interview. Meist sehr ausführliche. Aber vielleicht hab ich das auch nur so im Kopf, denn oft, bzw. regelmäßig, kommt das Drachenmädchen nicht raus.

Ich lach mich schlapp über die Geschichte Dirk Bernemann, eine Fußballgeschichte folgt und startet mit dem poetischen Satz:

beim Öffnen des leeren Textdokuments für diese Kolumne schoß mir Kurt Cobain in den Kopf.

Dann auch ein kleines Interview mit einem der Macher*innen vom Scene Police Label. Wobei ich bemerkenswert finde, dass der Name nicht erwähnt wird. Sehr gutes Interview!
Es geht um Releases und dazu gehärt auch die HOT WATER MUSIC / RYDELL 7inch Split, die ich witzigerweise keine zwei Wochen vorher nach Tschechien vertickt habe, weil sie bei mir Staub fing.
Es findet sich tatsächlich ein zweites Interview mit Markus Haas vom PER KORO Label. Auch sein Name wird nicht genannt. Ich habe noch nicht kapiert, warum?

Gedichte, immer wieder eingestreut, von Julie Desastres.

„meine Top 5 Records als ich 18 war.“
Eine witzige Idee, ich hoffe, die Beteiligten konnten sich wirklich noch erinnern. Ich würde, so auf Anhieb, vermutlich alle möglichen Erscheinungsjahre von Platten durcheinanderwirbeln.
Liest sich ganz wunderbar. Und öffnet so einige Kanäle in die Vergangenheit im Oberstübchen.

Auf 104 Seiten ist ordentlich was los. Und es ist zeitlos, also greift ruhig zu!

7inch: ruina – abismo floral

Diese 7inch habe ich auch schon, wie die Distante, vor einer Weile bekommen. Das war ein Paket von Carlos von Entes Anomicos, den wohl umtriebigsten Labelmacher, den ich je kennengelernt habe. Auch hier eine 7inch, die schon ein Jahr raus ist, deshalb ein kurz & bündig Review:

Ein 4 Piece aus Lleida in Katalonien, Spanien. Die 7inch „absimo floral“ hat fünf Songs drauf. Post-Hardcore, eher Screamo, spielen viel mit der Räumlichkeit, in der sie das aufgenommen haben. Nicht alles klingt also druckvoll und immer auf die 12, sondern in energetischen Momenten hat man das Gefühl, man steht im Publikum.
Was ich wirklich sehr gerne mag an Screamo-Bands.
Musikalisch ist das keine Neuerfindung, die Band harmoniert sehr gut. Die Akkorde klingen eher warm, sie sind nicht so vertrackt wie viele andere. Und dazu brettern sie dann auch ab und an ganz ordentlich los.

Hier präsentiert er uns ein Coop mit sieben anderen Labels. Demons Records, Maybe yes HC, Goldmine Records, Mulisec Records, Dr. Skap Records, Intergalatic Records, Salto Mortale Music und Entes anómicos

 

LP: friedemann – alles richtig naiß hier?

Wenn es jemanden gibt, der eine fantastische musikalische Lebengeschichte erzählen kann, dann ist es wohl Friedemann von der Insel Rügen.
Reflektiert, klar formuliert, kein Zynismus. Selbstzweifelnd, kritisch mit sich selbst, und offen kritisch, kein Blatt vor den Mund nehmend.
Klar, man muss schon Bock haben jemanden zuzuhören, der nur eine Akustikklampfe in der Hand hat. Und dabei uns noch lyrisch unser eigenes Versagen vor Augen führt („naiß“ „g-land“ – – – – – – -)
Doch auch hat er Hoffnung. Dass die „liebe“ für alle da ist. Das „frieden“ ein gemeinsames Leben möglich macht. Die Stücke sind alle von Friedemann, der sich nicht einfach nur auf eine einzige Spielart einlässt. Er spielt mit verschiedenen Spielarten der Genre Blues, Rock, Punk, Akustik. Er weiß mit Sprache und dessen Rhythmik umzugehen.

Das famose Artwork kommt von Conny Ochs, die Üppigkeit ist kaum zu überbieten, man sollte es sich in den Raum hängen, wäre da nicht auch noch ein Tourplakat drin.
Friedemann beschreibt sich und seine Songs als „Eigenleben, (sie) werden gehört, interpretiert, diskutiert, geliebt, abgelehnt, gefeiert oder verdammt“.

Platte ist DIY erschienen. DREI (!!!) LP’s in einem wunderbaren Tryptichon als Cover. 24 Songs live aufgenommen in Oldenburg. Sound und Aufnahmen: Peter Schade und Mix & Mastering: Eike Freese
Bekommt ihr direkt über ihn bei Bandcamp. Oder auch bei Mailordern, klar.

LP: KAPTAIN KAIZEN – für 3 minuten 11

Kaptain Kaizen legen los, wie ich sie kenne: nach vorne, nach vorne, nach vorne.
Druckvoller, deutschsprachiger Punk. „hängepeters“ ist die Startnummer 1.
Entschuldigt, wenn ich mich nur an einem Vergleich aufhänge, doch Kaptain Kaizen sind der wütende, nimmermüde Bruder von Turbostaat.
Das, was bei Turbostaat, sagen wir mal, liebenswerter geworden ist, haben sich Kaptain Kaizen erhalten und spielen wilder und ungezähmter. Eventuell der jüngere, weil sie sich die Wut erhalten haben.
Sie mögen auch die kryptische Titelgebung, bei der nicht immer ganz klar wird, woher das Wort kommt. Ob es eine Eigenkration ist.
Trotz der leicht verklausulierten Lyrics werden sie doch, bswp., in „lindner-effekt“ ziemlich deutlich. Nun, er ist ja nun weg, ich frag mal nach, ob sie den noch so spielen.
Das geht in „meiner Gegend“ am 17.01. im Slow Club in Freiburg und am Tag drauf in St. Wendel im Irish Pub.

„alles was er sagt
klingt schlau und bedacht
meistens ist es müll“

genau.
Schade, dass das die andern in der Regierung erst so spät bemerkt haben.
(…)
Es fällt mir noch ein anderer schöner Vergleich ein, sobald „susette“ eingesetzt hat: Captain Planet.
Genug Namedropping, Eigentlich schon alles Lob genug.
Kaptain Kaizen, um die es hier geht, spielen auf „für 3 minuten 11“ sauberer und klingen auch so. Etwas aufgeräumter im Songwriting habe ich das Gefühl. Dieses Gegeneinander von Gitarren, was eben auch live megaspannend ist, gegensätzliche Gitarrenriffs, die trotzdem aufeinanderpassen. Der Drummer, irgendwo immer noch ein tickticktick, ein dungdungdung einbaut – total gut.

Das letzte Stück „die jahre sind vorbei“.  Ein Track über Mitläufer.
Ein schöner letzter Song für ein gelungenes Album. Auch das Artwork gefällt mir gut. Der Junge, der gebannt in die Kopfhörer lauscht, was da als nächstes wohl kommt. So laufen ja viele heute rum.

In den Linernotes, das möchte ich gerne hier noch erwähnen, steht „gestartet vor, und fast gescheitert während und fertigestellt nach der Pandemie“. Hat mich etwas überrascht in dieser Deutlichkeit, was mich dann umso mehr freut, dass sie es durchgezogen + geschafft haben. Klar, mit Hilfe von This Charming Man. Und da fällt mir auch wieder ein, dass wir uns das letzte Mal kurz vor Ausbruch in einer saarbrückner Kneipe auf einem Konzert getroffen haben. Und da wird auch ihre Linie klar, die sie live verfolgen, alternative Bühnen, Kneipen, da gehört ja auch diese Mucke hin.
Humanität ist nicht verhandelbar.
Danke, Kaptain Kaizen.

 

MC: burt – discographie 2008 – 2023

Ha!
Da hauts mich doch glatt vom Sofa.

55 (!!!!) Songs auf einem Tape. Zwischen wenigen Sekunden Lärm und einer Minute irgendwas ist alles dabei. Und wer viel Kritik hat, der muss viele Songs schreiben. Wer viel Humor hat, auch.
Schönes Artwork. Guter Sound, viele Samples aus wilden Filmen, die haben echt Bock zu spielen!
Klar, gegen später, wenn die Aufnahmen älter sind, wird der Sound etwas dünner, doch nicht minder aggro.
Einmal Growls, einmal Geschrei. Einen Coversong entdecke ich „12xU“. Funktioniert auch.
Wenn man  diese Musik nicht zu ernst nimmt, kann man echt Spaß haben. Da die Lyrics dann doch meist ziemlich ernst gemeint und zynisch sind… wiederspricht sich das ja irgendwie.

Das Tape (gab) es in gelb (diese Version habe ich) und in blau limitiert.

Erschienen bei  Puzzle Records.

LP: zombeaches – a taste of oxygen

Zombeaches sollen auch ihre Review bekommen, denn ich habe mir ihre außergewöhnliche Scheibe nach einem wirklich guten, überzeugenden Gig in Stuttgart gekauft.

Es war heiß, es war Sommer, ich hatte Bock.
Wenn ich die Scheibe auflege, bin ich etwas verwundert: die geht so noisig los, die Texte sind so klein und unlesbar auf die Rückseite des Cover gedruckt, dass ich schon keinen Bock mehr habe. Jedenfalls erst beim dritten Song „dancing through blood“ wach werde. Ein Song, lyrisch, mit schier endlosen Worten versehen, Verzweiflung, über fünf Minuten langer Post-Noise-Punk-Trümmerhaufen.
Keine Ahnung, um was es wirklich geht, hehe.
Man hört mehr den Synthie, das geht gut rein. Den bedient eine Frau und die singt diesen Song mit dem Gitarristen und Sänger, der meist die Worte ins Mikro quengelt.
Das ist hier ganz schön.

Mir war an dem Abend so gar nicht klar, was auf mich zukommt. Sie bezeichnen es wohl als Artrock, was nicht ganz stimmt. Es ist schon sehr punkig in Haltung und musikalischer Umsetzung, durch das Midetempo aber auch oft genug tatsächlich sehr rockig. Live sehr rough, sie geben mehr Stoff.
Der vierte Track ist melodischer und mehr Indie.
Alles sehr gut produziert, ist ja auch nicht ihre erste Scheibe.
Es klingt fast schon verträumt, wobei das wohl das falsche Wort dafür ist, man kann sich darin verlieren. Was an der manchmal endlosen Länge von 4 – 5 Minuten pro Song liegt, manchmal an der (australischen) Mischung von Amyl & the Sniffers und U2. Hehe. (ich weiß, nur der Joshua Tree steht dort).

„Oxygen“ hat auf Seite zwei „a welders burn“ einen sehr repetitiven Track, der mir gut gefällt.
Erschienen bei Swish Swash in Europa.

LP: judy & the jerks split /w shitty life

Shitty Life aus Italien, genauer aus Parma, haben „nur“ vier Songs auf ihrer Seite.
Im Gegensatz zu Judy and the Jerks habe ich sie noch nicht live gesehen. Dafür hatten sie dieses geniale Artwork der „switch off your head“ total angesprochen, blind gekauft und erfreut.
Shitty Life machen auch Garage Punk, machen das etwas more laid back als die andere Seite der Platte.
Die Band, die von sich selbst sagt „whoever wins, we lose“ spielen eben nur vier Songs in knappen 7 Minuten Spielzeit.
Der zweite Song „lost in my haze“ ist musikalisch das, was man sich bei DEN Göttern des Garagepunk abgucken kann (the hives), zwei Gitarren, die ab und an mal gegeneinander spielen. Auch hier, furztrocken, der Bass geht die Oktave nach oben, alle steigen wieder ein. Shitty Life machen es aber so, wie ein Shitty Life halt auch klingen muss.
Gefällt mir total gut, diese Platte. Und da ich diese Seite der Platte eigentlich als zweites gehört habe (und nur hier im Review Chaos stifte), fällt mir auf, wie man die Texte in Reihenfolge lesen kann, ohne zu „stolpern“. Egal.
Die Vocals sind nicht weniger verzerrt, dafür ist das Tempo etwas reduzierter und der Sound dadurch definierter und die Vocals besser zu verstehen. Textlich geht es ums Verlieren.

und Judy and the Jerks aus Hattiesburg. Irgendwo in der USofA(rseholes)
Zuerst habe ich diese Seite laufen lassen, zehn Songs Vollgas auf die Fresse Garagepunk gibt es hier.
Keine Pause zwischen den Tracks, dazu eine Unübersichtlichkeit bei den Texten, da auf der Rückseite der LP zwar Nummern für die Songs angegeben sind, diese aber nicht bei den Texten auf dem beiligenden Blatt stehen. Also muss man die Titel vergleichen.
Da die Geschwindigkeit hoch ist, der Gesang, leider, zu leise gemischt ist UND keine kurze Pause zwischen den Tracks, lass ich ziemlich schnell alle Fünfe gerade sein und höre einfach nur zu.
Es ist exakt das, was ich erwartet habe. Fun, Garage, mit dem Arsch ins Gesicht springen.
Die zehn Songs spielen in unter 10 Minuten und sind fucking flott durch. Der letzte Song mit seinem lärmigen Beginn „wolves of the summer“ ist mein Anspieltipp.
Wenig Zerre auf der Gitarre, dafür doch ein Haufen Rückkopplung, die Drums übersteuert (!!!), der Bass furztrocken. Zwischendurch ein kurzer Banger, bevor es die Band wieder auf die Bahn zieht.
Der Output von Judy and the Jerks seit 2017 ist recht hoch und ich gehe davon aus, das zeimlich bald Nachschlag kommen wird.

Erschienen bei Refuse Records.