LP: l’appel du vide – metro

Erstes Album nach dem dann doch sehr tollen Tape „abwärtsspiralen“.
Ich habe echt ewig drauf gewartet, dass die rauskommt und nun habe ich selbst Monate gebraucht um die folgenden Buchstaben ins Laptop zu hacken.
L’Appel du Vide haben, meiner Meinung nach, mit diesem ersten Full-Length-Album das Hammeralbum des Jahres 2024 hingelegt. Ist euch noch gar nicht aufgefallen?
Die Band kommt aus Dresden. Eines der Dunkel-Deutschland-Bundesländer in denen von kommunaler Politik auf nationale geschloßen wird.
Vielleicht deswegen. Das Label ist jedenfalls recht umtriebig und releases sehr spannende Platten. Als letztes im Review snowtrail.

L’Appel du Vide sparen aber nicht an Systemkritik. Verstecken sich nicht.
Die Weiterentwicklungen in den Songs sind wirklich gelungen.
Es entwickeln sich alle Tracks durchweg, ziehen einen mit, rein, weiter. „nacht“ eröffnet die Platte.
Die Lyrics sind so typisch geblieben, wie sie waren. „verschwiegen“ hat so eine klare Ansage an den Jetzt-Zustand:

in den besseren Zeiten
die es niemals gab
und auch nie geben wird
habe ich an die Wände gestarrt als wären sie aus Glas

Klingt desillusioniert, klar, es hat auch einiges an Interpretationsfläche. Allerdings gehe ich davon aus, dass wir einer Meinung sind. Und wenn man sich den schwarz gekleideten, braunen Mob in Dresden und Umgebung anschaut, treffen die Zeilen den Nagel auf den Kopf.
Musikalisch etwas experimenteller auf der Gitarre, fast schon ins Noisige abgleitend.

„offenbarungseid“ hat krass punkige Züge, ein echter Banger!
L’Appel du Vide sind fordernder, rockender geworden, als es die alten Songs noch waren, die sich mehr im NewWave versteckt haben. Beziehungsweise die Gitarren etwas surfiger klangen.
Wenn man sagt, dass dieses Album „metro“ die Richtung gibt, in die sich die Band bewegen wird: geil!
Natürlich passiert dann, als ich die Worte denke und niederschreibe, die Platte nochmal umdrehe und mir wieder auffällt, dass das so nicht wirklich stimmt. L’Appel du Vide haben sich diese post-punkige NewWave-Ding erhalten.
„fleisch“ bricht aber im Song plötzlich komplett aus in einen Noise-Punk-Pogo-Song. I like. Überraschend, überrumpelnd, aber gut!

Diese Platte endet mit „fragezeichen“, wie ich ihn verstehe, einem Anti-Kriegs-Song. Sie nehmen uns mit in eine düster melodische NewWave-Welt, die Fragen stellt, die meist nicht wirklich gehört werden; irgendwo verhallen.

die Ahnung einer Antwort
schebt mitten im Raum
setzt sich auf die Zunge
und ist doch unerreichbar entfernt

L’Appel du Vide sind Flatty spielt Gitarre (und auch Labelboss bei It’s eleven Records, wo dieses tolle Scheibchen erschienen ist), Rene singt, Suse spielt Bass (auch Vocals) und Friday trommelt.
„metro“ gibt es als limitiertes Vinyl (siehe Foto), wie auch in grau meliert.

Am 05.10. findet das Labelfest statt. Fünf Jahre It’s eleven Records.

LP: schnaps – alles verdampft

Einen Brief habe ich bekommen, ja, einen großen, denn da war auch noch ne Schallplatte drin als Beigabe.

Schnaps, Zwölf Hits, 25 Minuten, was ich mehr will?
Ein Spottlack-Gatefoldcover also Stickeralbum (Sticker inliegend). Also auch noch was zum basteln, während man sich den Lärm reinzieht.
Das ist schon mal ne geile Idee. Gratulation.
„Zum Spaß“ haben sie mir ihr drittes Album geschickt, ich nahm dann an, dass ich eine Review schreiben soll. Das mache ich hiermit!

Die Platte befindet sich in einer bedruckten Innenhülle. Schnaps haben, sie sind ein Duo, einfach mal komplett alles selbst gemacht; auch ohne Label.
Drums und Gitarre. Sie sind und bleiben Ronald und Christoph. Nicht, dass es Besetzungswechsel in Duos nicht schon gegeben hätte, witzig isses aber schon. Wie auch immer, an welche deutsche (fun)Punkband denkt man als erstes, wenn man „Punkduo“ liest?

Na?
Es kommt aber anders. So richtig zuordnen lässt sich das nicht. Deutschpunk ist es nur von der Seite, dass es so nen Sound hat. Aber auf der Gitarre passiert da schon so einiges und der Akkordzähler bleibt nicht stehen.
Richtig abwechkungsreich. Die Lyrics sind auf den Punkt kritisch, kein Drumherum Gelaber. Sie ziehen sich manchmal schöne Assioziationsketten wie bei „dein Vater ist ein Nazi“. Fazit: dein Vater ist ein Nazi, aber du liebst meine Tochter und ich könnt brechen, wenn ich euch seh.“

Elly Schlein ist die Vorsitzende der Partito Democratico in Italien. Und ich hoffe, sie hat eine blühendere Zukunft vor sich, als die von Seniora Fascismo Meloni. Jedenfalls bringen Schnaps uns etwas europäische Politik näher. Überhaupt schaut man gerne übern Tellerrand.

„alles verdampft“ ist und bleibt weiter abwechslungsreich, ich vergesse immer wieder weiterzukleben, weil ich eher bei den Songs bin. Leider gibt es auch einen Off-Beat. (….)
Ist aber trotzdem schlüssig.
Wenn man es in eine Kausalkette hängt, wäre es sehr schade, wenn Schnaps verdampfen würde.

Erschienen via eigenem Label schnaps music industry. Aus Wernigerode.

 

hier noch ein Livevideo für euch

LP: peppone – genug gesehen

Ich habe ja keine Ahnung, warum das so ist. Doch ich lege dieses neue, das vierte, Album von Peppone auf und merke, dass mir das ganz arg zu Herzen geht.

Ein gutes zu Herzen gehen. Das ist schöne Musik von lieben Menschen, die etwas zu sagen haben. Die in einer Gegend dieser Republik leben, in der nicht nur ein paar Querulanten unterwegs sind, vor allem keine herzlichen. Irgendwie konnte man die Anarchos immer doch mehr als bunt ansehen und sich hineinfühlen, als in diesen schwarz gekleideten Mob von schlecht gelaunten Menschen, die den Weg zurück gar nicht kennen.
So heißt auch die erste Videosingle, die vor einiger Zeit erschien:

der weg zurück

Peppone präsentieren ihre Songs bildhaft in den Lyrics, die Melodien sind in einfache, klare Strukturen gebettet, geradezu poppig kommt das daher. Es schwingt aber noch, durch Tempo und Spielfreude, genug Punk darin mit; Peppone haben von Anfang an beides vereint.
Das Maximum aus einem Song rausholen ohne dabei auch nur eine Note zu viel zu spielen.
Jens Halbauer hat das Album aufgenommen und gemischt in seinem Matatu Tonstudio. Das kann sich hören lassen!

Beide haben keine Angst vor Pop. Eine weitere Videoauskopplung macht das sehr schön anschaulich. Ankes Gesang ist unschlagbar! Sowie auch die Lyrics und der wunderbare Protagonist in diesm Clip.

du kannst mich morgen

Kann man das einfach nur lieb haben? Ja!
Peppone verpacken manche Themen mit einer Leichtigkeit, die faszinierend ist.
Sozialkritisch, ohne Opfer zu sein, denn dein Schicksal bestimmst du selbst. Alles in einer sehr bildhaften Sprache, was zB im Song „schwarzer schmetterling“ sehr schön zu hören ist. Diesen Song hatten sie schon auf der Bootstoursingle mit Die Art in 2021.

Die Platte heiß „genug gesehen“ – ohne Fragezeichen, ohne Interpunktion. Ich würde sagen, wenn ich mir das Layout anschaue, dass es eine Aussage ist. Artwork ist von Torsten, der schon einige Covergestaltungen Magdeburger Bands gemacht hat. Auch diesmal gelungen!
Jedenfalls verstehe ich „genug gesehen“ als Art Resumée. Es ist kein resignieren, kein „das, was uns andere vortanzen wollen“. Einfach genug gesehen.
Das steckt zB im Song „1992“ drin. Und ich kenne den Song, habe ihn auch erst am letzten Wochenende live gehört, als Peppone auf dem Gutensglück Festival ihre komplette Platte präsentiert haben.
….und ich hab Gänsehaut.

„ich hab dich von 1000 Metern schon erkannt
mit deinen scheiß Klamotten
ich bin viel zu oft vor dir davongerannt
wollt nicht auf meine Fäuste hoffen“

 

 

majorlabel mit DL-Code. Orangenes Vinyl (99 Stück, nummeriert) oder halt schwarz.
Sobald die Scheibe online geht, gibt es hier auch einen Link dorthin !

LP: ben racken – V

Ben Racken bringen „V“ und ich kann ehrlich sein: sie können bei mir nichts mehr falsch machen. Haben sie eh schon nie.
Nur manchmal sind ja Bands anfangs etwas sperrig, man kommt nicht immer gleich „rein“. Findet sich in den Texten, wasimmer.

Und nach vielen Jahren, die wir uns nun kennen, fragen sie mich, ob wir gemeinsam ein Video machen wollen.
Klar. Und ziehe mit Tuba (Git, Voc) und Paule (Drums) zwei Tage durch den Schwarzwald.
Nico wurde in dem Video als Pappaufsteller mitgezogen, mancher fragte sich, ob er noch in der Band sei.
JA!
Und den Rest der Geschichte, darf die Band selbst erzählen. Irgendwie, irgendwo, irgendwann.

„freunde bleiben“ ist der Opener, der es schonmal in sich hat. Kein klassisches Songwriting. Strophe, Melodie, Strophe, Melodie, Ende.
So darf das!

Ben Racken stecken voller Liebe, ein wenig Pathos, Freude, Feuer für das, was sie tun. Sie sind Freunde, wir sind Freunde, und dies kann nur eine Lobhudelei werden.
Der zweite Song ist auch auf dem Bootstour-Livetape „keine zeit darf ewig dauern“
(solang das Album noch nicht digital verfügbar hier mal dieses:)

Der dritte Song „drei engel“ ist so ein typischer Song für die Band. Ein wenig… strenger.. Punkrock, straight, mit einem ganz klaren Rhythmus, der Bass dengelt und Tuba ruft uns seine Lyrics zu!
Bei „helmut“ ist ein wenig Turbostaat-Feeling garantiert, auch das haben Ben Racken schon eine Weile in ihren Songs, der Nordseewind scheint ab und an über die Elbe zu tröhlen. „helmut“ ist ein Lied über das Leben, über den Tod.

Seite zwei beginnt mit „ende der wanderzeit“, ich bin ganz und gar im Universum des Ben gefangen und freue mich über die abwechslungsreichen Songs, denn als nächstes folgt eine Ballade. „muschel“
Auf der „V“ hat sich der Sound ein wenig verändert, die Solo-Gitarren haben einen bestimmten, zuordbaren Sound bekommen, überhaupt ist die zweite Seite etwas ruhiger.
„schilfbreite“ ist die lyrische, wütende Antwort auf „freunde bleiben“, so empfinde ich das jedenfalls.
„die, die noch da sind“ gefällt mir fast ein wenig besser als Liveversion. Aber ihr habt ja Gelegenheit euch beides anzuhören!

Abschluß ist „kinder“, der auf einer der Bootstour 7inches auch schon war. Ein guter Punksong, der das Album schließt, was man dann gleich von Vorne wieder auflegen kann.

Das Artwork ist, so schlicht es vorne aussieht, ein Ort im Madgeburger Umfeld. Ja, so nehme ich die Gegend jedenfalls war. Zwischen all den Orten, die am Ende „-leben“ haben. Wie schön und positiv das ist. Jedesmal, wenn ich ich von Westen nach Sachsen-Anhalt fahre und all die Orte Klein Ammensleben, Dormersleben, Ottersleben, …. ist das nicht schön? Wie kann man dort schlechte Laune haben?
Jedenfalls: Artwork von Thorsten Mosh aka Torsten Freitag.

 

Majorlabel. 99 Stück in blue-marbled, handnummeriert. Schwarzes Vinyl. Texteinleger.
Text von „stufen“ ist von Hermann Hesse. „eisgarten“ und „ende der wanderzeit“ haben André Franke und Tuba gemeinsam geschrieben.

LP: snowtrail – abandoned capsule

Eine Kapsel wurde im All abgestoßen, im Universum, zwischen Tönen, die aus den Boxen dröhnen. Irgendwo da, kann man sich auf dem Snowtrail Richtung irgendwo bewegen.
Ich kenne die Band nicht und freue mich über das Paket von It’s Eleven Records.
Die Infos sind spärlich. Es gibt ein Cover und eine Platte. Zehn Titel sind drauf.
Das Artwork ist von Benedikt Demmer. Eine käfigartige Kapsel, ein sehr schlichtes Motiv. Insgesamt ein sehr übersichtliches Design. Ich bin gespannt, ob es zur Musik passt.
Snowtrail hallen los, viel Hall, Springhall, dafür ein sehr schön im Hintergrund spielender Synth. Der ist ja eigentlich beim Post-Punk wieder modern geworden. Grenzen zum Wave oft fließend. Und oft hart nervend, weil zu laut.
Die ersten Songs laufen und ich kann das nicht zurordnen …. Joy Division aber offener im Sound.
Sehr atmosphärisch, mitreißend.

Murky Acrylic Windows“ hat ein Saxophon als weiteres Instrument – und das ist toll. Viel Rhythmus. Die Band versucht viel und schafft es, dass das alles ineinander funktioniert.
Global Village“ glänzt durch Sprechgesang und ein elegische Gitarrenmelodie kommt dazu, artet aber nicht in Gedudel aus sondern wird in seiner Struktur in den fünf Minuten zerlegt und nimmt noch Tempo auf. Wie cool!

Abschluß ist der grandiose Rausschmeißer „tea cups placed in sweet disorder“. Vielen Dank für diese Platte.

Vinyl, transparent weiß, grün oder grau marbled. It’s eleven Records. Fünf Jahre gibt es das Label schon und ich habe bisher nichts Schlechtes zu Hören bekommen. Sie feiern am 5.10.  im AJZ Chemnitz.

 

fanzine: damenwahl #1

Eine Nummer eins trudelt hier rein. Damenwahl. Aus Münster / Osnabrück.
Sehr schöner Titel! Und im Vorwort lese ich noch etwas Unsicherheit raus, ob das, so wie es die Macherin präsentiert, auch gut ist.
Ich nehme es vorweg: ja!

Ich mag ihre Erhlichkeit, sie nennt sich „die Dame“ und hat ein paar Mitstreiterinnen.
Es beginnt mit einem echt liebenswerten Artikel über ein älteres Muff Potter Konzert. Schöne Fotos, verblichener Style, was sind die schönsten MCs, 7inches, die Top drei. Es hat alles Platz im Heft und viel Raum. Dadurch ist es auch sehr übersichtlich.

„punk, feminismus und nostalgie“ ist der Untertiel des Hefts.
Stimmt alles.
Zu Zeiten des Interviews mit The Harry Anslingers gibt es die Band schon nicht mehr. Auch eine gute Idee, sie trotzdem auszugraben.
Das Format ist quer. Ist selten geworden, ich hab damit irgendwann aufgehört, weil es einfach auch teuer in der Herstellung ist.
In den Interviews geht es sehr klar um Feminismus, Fragen werden direkt gestellt!

Am Ende bleibt: die letzte halbe Seite ist doppelt drin, da kriegste doch noch mehr „frischen“ Text unter!
Super Heft, ich hatte wirklich Freude beim Lesen. Hier zu haben!

fanzine: romp #52

Vom Romp habe ich ja nun einige Ausgaben bekommen und so soll auch diese nicht unter den Tisch fallen.
Was darin geboten wird ist einfach toll!

Ein Interview ist mit GØLDI einer all-fem-Hardcore Band, die sich nach der letzten Hexe Europas  benannt haben.
Sehr cooles Interview! Holt euch das Heft und lest es auch.

Ein weiteres ist mit Azijn Pisser aus Eindhoven. Klassischer Crust-Hardcore! Sie unterhalten sich über Eindhoven und was dort so los ist auf zwei Seiten.

Das dritte Interview des Hefts ist mit Malevicz, die sich nach dem Zeichner des Black Square benannt haben.

Es gibt Nachrichten aus aller Welt, was wirklich interessant ist, und mich immer wieder erstaunt, wieviel Recherche und Kontakte das bedarf!
Geschichten aus den 80ern sind wirklich witzig!
Die Reviews sind immer wieder erstaunlich, diesmal zieht der Macher die Bicahunas mit „wovon träumst du“ aus dem Schrank, die ich hier noch als eine letzte Platte als Ladenhüter in der Plattenkiste habe. Eine wirklich gute Scheibe! Und live waren die gut. Wirklich! Wer will, soll sich melden!

Wie immer, ein rundrum tolles Heft.

CD: mutter will tanzen – schattendasein

„schattendasein“ heißt die CD, die ich von Mutter will Tanzen bekommen habe; und das schon vor langer Zeit.
Und um diese hart geile Mucke mal aus eben jenem Dasein zu befreien, hier nun eine Review. Eine Lobhudelei. Und der ausfühlrichste CD-Review ever!

Der Bandname ist ja schonmal ziemlich gut. Ich kann mich wirklich nicht erinnern, warum ich da snoch nicht reviewt habe. Vielleicht liegt es an meinem Faible für analoge Tonträger, vielleicht daran, dass Bands, die auf CD rausbringen nicht so hammergut sind? In den 90ern noch feststecken? Klar, auch schlicht keine Kohle habe für aufwendige Produktionen analoger Tonträger.
Vielleicht weil die CD einfach das aussortierteste Format in den Tonnen an Zeug ist, auf denen ich sitze. Seit kurzem habe ich nun wieder eine kleine Kompaktanlage (aus dem Bestand meines Onkels) mit CD + MC- Player. Geilo. Also jetzt aber mal ab, in die Mucke eintauchen.

Mutter will Tanzen hat eine extreme Reibeisen-Stimme am Mikro: Nina! Total gut.
Erinnert mich an eine schöne Mischung aus Bicahunas und Kraus Glucke Weltverschwörung. Ein Mix aus Deutschpunk, Metal-Kante mit ordentlich Rachut-Einschlag. Interessante Mischung auf jeden Fall.

Der erste Songs also „teufelslied“ holt mich gleich ab, die Musik fordert und ich mache mit. Im zweiten Song „alte kamellen“ bin ich hin und weg. Ich lass den gleich noch drei Mal laufen. Was ein Refrain! Was eine Hook! Wie geil ist das denn bitte?

Verdammte Kamellen
bellende Hunde
die Zeit stell sie ruhig
doch Ruhe ist Trug

Wie sie die „kamellen“ gesanglich zieht. Das bleibt total hängen. Ich kann es euch gerade nicht vorsingen. Sie trifft auch echt den Ton!
Sie bleiben variantenreich im Spiel, die Gitarren hören nicht auf weitere Akkorde aus den Saiten zu zaubern.
Für den, der bei diesem Sound eingängige Musik erwartet, wird allerdings getäuscht. Die Musik ist geradeaus, und doch eben kleine Haken hier und dort. Ein Tempowechsel, immer passiert etwas!

Sehr guter Punkrock mit klarer Kante. Zitatwürdige Texte. Hier ein zweites Beispiel des Songs „fassade“ über eine toxische Beziehung.

sie sitzt vor der fassade
kennt den unterschied
weiß dass er die augen nicht zum lügen kriegt
ihr schmerz, seine fassade
sie lässt ihn nicht allein
alles böse bleibt hier

Das ist der neunte und letzte Track dieser CD, die schon 2022 erschienen ist.
Das Booklet mit allen Lyrics. Songs alle so roundabout zwei Minuten.
Mutter will Tanzen sind Nina (voc), simon (git), chrischn (bass, voc) und büddel (drums) und kommen aus Flensburg.
Ich weiß, dass die Band an neuen Stücken arbeitet und aufnehmen möchte. Ich bin megagespannt und darf verraten, dass ich sie in naher Zukunft live sehen werde!
Tourdates folgen also.

 

LP: syndrome 81 – chant les ruines live

Kurz & knackig:
Syndrome 81 live kann ich mir natürlich als Fanboy nicht entgehen lassen.
Scheibe kommt via KickRock, einem französischen Label.
Die erste Auflage war sofort vergriffen.
Artwork cool, Aufnahme super, knackige zehn Songs, die aus der letzten Platte und den Singles einen schönen Überblick geben. Die meisten Songs dann doch auch einen Tacken schneller gespielt. Kein Bootleg, sondern ein offizieler Release.

Bemerkenswert finde ich, wie sehr die Hardcore-Szene die Band annimmt, obwohl sie mit ihrem Sound schon ein ganzes Stück „daneben“ liegen.
Mehr Punk, mehr NewWave.
Set ist gut zusammengestellt. Die Hits, wie „vivre et mourir“ und dem großartigen „dans le rues la nuit“ am Anfang, zum Schluß vom Pogokracher „violence sociale“ rausgeschmissen.

LP: typhuzz – s/t

Typhuzz sind DIE Fuzzrockband aus Karlsruhe. Und was will man auch anderes erwarten von Bandmitgliedern die bei Zero Zeroes, Degenerated Jerks, Astrokraut und wasweißich wo überall mitspielen. Klingt wie ne All-Star-Band, kann mich aber auch vertun, denn ich kenne die meisten nur vom Sehen.

Ihr merkt also, ich schreibe das mal wieder freiwillig, habe mir die Platte beim Mo im Shop geholt, der ja das Label Hand of Doom betreibt. (Interview mit ihm in Ausgabe 9)
Den Doom, den Black Sabbath nicht hatten, der platzt hier raus wie ein Hellhammer. Ein Gebräu aus Doom und Fuzzrock. Man merkt, wie krass Bock das Trio hat, loszuphuzzen. Wilde Zuckungen bim Tanzvolk vor der Bühne garantiert.
Auf beiden Labels ist eine Spirale, um sich ordentlich vor dem Abspielgerät mit der Musik zu hypnotisieren.
Seite eins startet mit „golden glow“, einem Banger zum Haare schütteln. Irgendwo zwischen Fuzzrock, Doom und ruhigeren, psychedelischen Parts; mystischen Lyrics über einen Zauberer, dem man zuhören will. Man kann schon sagen, dass das modernerer, nicht in den 70ern hängengebliebener Stoner ist, der hier geballert wird. Hölle abwechslungsreich. Die Band verliert sich nicht in „wir hacken auf dem selben Part rum, bis ihn keiner mehr hören kann“ (dazu noch ein Solo). 
Der Drummer spielt brutal schnelle Achtel auf dem Ridebecken.

Seite zwei beginnt mit einer Akustiknummer und Vogelgezwitscher. Witzige Kombi.

Klar kann man ihnen nachsagen, dass sie einen ikonischen Sound irgendwie kopieren oder nachempfinden. Egal. Mal abgesehen davon, das Max‘ Stimme einfach so klingt wie sie klingt.

Typhuzz find ich jedenfalls tausend mal steiler als Black Sabbath je in meinen Ohren waren; wobei die Porvinzpostille ja nicht gerade das Doom-Blättchen aus dem Black Forest ist.

Zehn Songs, 40 Minuten, 300 Exemplare auf schwarzem Vinyl. Kauft hier: Hand of Doom