Ich habe das Tape aus irgendeinem Stapel gezogen, eingelegt, abgetanzt und keinen blassen Schimmer mehr gehabt, wie ich überhaupt an dieses äußerst erfrischende Erlebnis eindeutig in der Vergangenheit zu verotender Musik gekommen bin.
Das Cover ist ein transparentes Papier auf dem die Titel schön aufgedruckt sind, dazu der Vermerk 2017. Ups. Das hat ja lang gedauert. Und nein, ich meine, dass die Musik, die sich auf dem Tape befindet, also von Törner ’86 gespielt wird, noch weitaus älter klingt.
Schnell also ein paar Worte dazu:
Wieso gibt es keinen neueren Release? Schon wieder aufgelöst?
Und bei meiner Recherche stieß ich dann drauf, dass ich das Tape bei Phantom bestellt habe.
New Wave NDW Elektro Punk Mischung, die richtig coole Tempiwechsel zu bieten hat, Oldschool Sound, superklasse Songtitel wie „barbluesig“ „apartam baby“ (Überhit), „menstrutanz“, super clevere Texte.
Keine weiteren Infos. Törner ’86. Cool.
Hier mit ein paar Trax mehr als aufm Tape – zieht euch das.
Apocaplexy.
Monat: Februar 2022
fanzine: Pledge #1
Mani schickt mir ein Erotikfanzine.
O-kay.
Erstmal bin ich ja etwas baff. Zumindest ist das PLEDGE mit seinem Inhalt wohl auf dem heißumkämpften Markt der Subkulturschreiberlingen ein Alleinstellungsmerkmal.
Erschienen ist es Ende 2021. Pledge ist englisch und heißt in deutsch Pfand. Sagt mein Übersetzer. Mani übersetzt es mit Versprechen.
Ich schmökere also bei einer heißen Tasse Tee am Fenster, leise, zart scheint etwas Sonne hinein. Ich wärme mich also von außen, wie von innen auf, nur, daß hier gleich keine Missverständnisse entstehen, weswegen mir warm wird!
Fünf Geschichten auf 24 Seiten. Grafischer Hintergrund sind Kacheln. Was ich erstmal etwas befremdlich empfinde.
„die Schutzmuschel“ handelt von Herrn Güte, der sich sehr gut mit Frau Schall, seiner Nachbarin versteht. Geschrieben von Herrn Kühlschrank.
er hat auch noch „Überforderung“ getextet, Kore wird von Carina überfordert, in dem sie ihn zu einem Stelldichein mit ihrem Freund bringt.
„Eine gute Nacht Geschichte – nicht zum einschlafen….“ erzählt uns Rachel, über ein sexuelles Wiedersehen zweier sehnsüchtiger Frauen, die eine Kurzbekannschaft machten.
„11:30 Uhr Termin“ ist von Mani, ein kleine, erotische Ausschweifung auf einem Zahnarztstuhl. Er (oder sie?) schrieb auch noch „Routine„, wo es darum geht, der Diener eines Herrn zu sein. Und als Abschlussgeschichte noch „Zwölfter Stock„, wobei sich in dieser ShortStory herausstellt, das Mani wohl ein Faible für unmögliche Orte hat: sie spielt in einem Fahrstuhl.
Ich frage mich, wieso ich euch mehr verraten sollte; vermutlich würde ich die Pointe vorwegnehmen. Nach der kurzweiligen Lektüre habe ich keine Sekunde bereut. Jeden Abend eine. Wunderbar.
Der Schreibstil im Pledge ist bei allen gut, der Aufbau der Geschichten nicht total affig sondern struktuiert und führt zum Ziel…. klar! Wobei alle drauf achten, den Plot so zu gestalten, daß man ihn nicht voraussehen kann.
Das Plegde gibt es sicherlich per Mail bei Mani. Mitschreiber werden auch gesucht!
fanzine: No!Pop:Mag #1
Noch ein neues Fanzine am Fanzinehimmel. Gut?
Oder nimmt das doch Überhand jetzt?
Nein, das kann es nicht mehr.
Man darf zwei Sachen nicht aus den Augen lassen: zum einen gab es in den 80/90ern hunderte dieser Zines auf einem hart unübersichtlichen Markt.
Inzwischen gibt es noch, mh, ich würde sagen drei Dutzend. Und jedes ist anders. Punk, Feminismus, Oi, Short Stories, alles dabei.
Eike, der schon lange eine Radiosendung selbigen Namens macht, No!Pop:Mag bei Radio Osnabrück, bzw. kommt sie auch bei Punkrockers Radio, hat sich also drangesetzt ein Copy&Paste Zine zu machen. Klar, es wird heutzutage schon mit einem Grafikprogramm gearbeitet, dennoch: es ist selbst gedruckt und geheftet.
Wie Eike selbst im Vorwort so klar sagt: die Urform der Kommunikation im Punk ist nicht die Bravo oder das Spex (gibts doch nicht mehr, oder?), sondern seit jeher das selbst zusammengeschnippelte und – geklebte Fanzine.
Die erste Ausgabe also ist pickepackevoll mit Bands. Die einen kenne ich, da sie schon einige Zeit unterwegs sind, wie die Burger Weekends (Pop-Punkrock & Roll / Bubblegum Punk Band from Osnabrück) oder Neon Bone (Poppunk). Neu sind mir die Wild Sandals (Beach Pop Punk straight outta Meppen!!!) oder Shitty Life (Chitarrino Power Punk from Parma, Italy).
Ein superklasse, informativer Comic von Mental Rabie erklärt uns das aktuelle Zusammenspiel, respektive -leben unserer kapitalistischen Gesellschaft. Das ist vielleicht nicht neu – wie Fanzines und Punkrock, hüstel – aber wirklich gut.
Auf seinen ausgiebigen Streifzügen durch das Internet findet Eike whl so einiges, was ihn interessiert.
Die Interviews sind kurz und knackig, stellen die Band vor, reduziert auf zwei bis drei Seiten maximale Informationsdichte!
Ungewohnt für Punk.
Ein bisschen Werbung, Reviews von Fanzines und Tonträgern komplettieren die Ausgabe, die irgendwo einen Zahlendreher in den Seiten hat. Man muss ein wenig hin- und herblättern.
Insgesamt: ich freue mich auf Ausgabe #2.
Zu haben per Mail
MC: the Harry Anslingers – go tranquility base
Nun hab ich hier das tolle Tape von The Harry Anslingers liegen und frage mich als erstes, wieso man sich nach einem Motherfucker benennt, der dafür gesorgt hat, das Cannabis weltweit verboten wird? – bis heute.
Der Tüp war im Federal Bureau of Narcotics und ist dann irgendwann nach dem Zweiten Weltkrieg in die UN-Drogenkommission.
Egal, hier handelt es sich bei „Go Tranquility Base“ wohl um ein Konzeptalbum, in dem es vornehmlich um die Sicht des dritten Manns der Apollo 11 Mission geht. Namens Michael Collins. Nie von ihm gehört? Naja, er hing halt am Bullauge und schaute den andern beiden zu, wie sie Mondstaub aufwirbelten.
Musikalisch ist das ziemlich cooler, ich finde das Wort „fresh“ kann man auch nutzen, Garage Punk Trash’n’Roll, die Gitarren haben einige feine Hooks, nerven nicht mit blöden Solis. Backsection ist tight, in der Missioncontrol in Leipzig versteht man dies Handwerk einwandfrei.Erschienen beim famosen It’s Eleven Record Label. 111 Copies auf Magnetband, name it „MC“. 16 Minuten Spielzeit, sieben Songs.
Sicherlich noch ein paar wenige zu haben!
cd / LP: 100 Kilo Herz – nichts ist anders / Split /w Fahnenflucht
JA! Eine CD. Und die ist total winzig. Voll süüüüß, ey. Lange nicht gesehen, dieses Format. Man kann fast schon sagen „voll 90er!“ Und dazu eine supersmini Textbeilage. Boah ey, ich such mal meine Lupe!
Und ich hier CD-Review für ne einzelne CD. Die spinnen echt bei Bakraufarfitia. Alter, echt.
Ich müsste die eigentlich bei mir ins Laufwerk des Laptop. Ja, sowas hab ich noch. Ich bin dann wohl auch old-school. Aber der Sound ist zwar oke, aber nicht adäquat für Punkmusik.
Na gut, wollte eh schon mal meinen Laptop mit meiner Stereoanlage anschließen, damit ich auch die Musik vom Computer darüber hören kann. Ganz schönes Gefummel. Hier n USB-Sounddings mit Cinchkabel für rein und raus. Musste eins von zwei Tapedecks abkoppeln um die Verbindung am Verstärker frei zu haben.
Nervt euch der lange Eingangstext?
Was soll ich auch groß über zwei Songs schreiben?
Alles beim Alten bei 100 Kilo Herz?
Jap. „Nichts ist anders“ ist musikalisch die selbe Kerbe. Ich will da nicht in die Irre führen. Der Text ist ein klares Statement für Menschlichkeit und gegen Krieg. Da hat sich, leider, ja auch immer noch nichts geändert. Vielleicht sind es weniger Kriege geworden, die begonnen und geschlagen werden, Bomben werden weiterhin gebaut und verkauft.
Aprops verkaufen: die Frage nach den Spottifei-Einträgen/Playlists. Nachdem die nun in die Rüstungsindustrie investieren, sollte uns doch, als antikapitalistische Punker, der Rückzug von diesem „Ort“ sehr nahe liegen?
Auf der B-Seite – ach wäre das nicht schön, wenn es eine 7inch wäre? – ist „wir sehen uns in Las Vegas“
Und mir fällt da ein: ich habe mir die Split EP mit Fahnenflucht besorgt. Schon ein paar Tage her. Wo hier gerade sitze, auch ein Drei-Zeiler dazu!
Zwei Songs von 100 Kilo Herz, die nicht mit auf dem letzten Album „Stadt, Land, Flucht“ gelandet sind. (bitte verliere nicht die) „Hoffnung“ ist ein melancholisches Stück, welches eine ganze Spannbreite von akustisch bis Pogopunk zu bieten hat, abwechslungsreiche Hooklines und Reibeisen; und Supportgesang. Dazu noch das flotte „Schwarzmaler“ welches quasi die Eingangsfrage stellt, wie ein Krieg entsteht.
Auf sehr hübschen Splatter-Vinyl erschienen in Coop Bakraufarfita und Aggressive Punk Produktionen.
fanzine: Ostsaarzorn #2
Kein Fanzine. Ein Buch. Intelektuelles Niveau nicht ganz so hoch wie beim Testcard; dafür fast genauso dick: stattliche 200 Seiten bringt das Ostsaarzorn mit sich.
Es handelt sich wohl um eine Gemeinschaft von Menschen, die sich, man kann es gleich auf der ersten Seite entdecken, um den Einzugbereich zwischen Düsseldorf, Trier, Osnabrück im zornigen Westen bis zum zornigen Osten mit Leipzig und (L)Ost Places bemüht.
Den Norden, der ohnehin immer recht viele Worte abbekommt, schließlich kommen von dort auch die bekanntesten und allertollsten Vertreter des hiesigen Punkrocks, und den Süden – wo ist das eigentlich? – lassen sie aus.
Auf 200 Seiten kann man natürlich eine Menge unterbringen. Titel, Thresen, Tempramente.
Ich finde bei den ersten beiden Runden des Durchblätterns, Stöberns und Lesens Konzertberichte von anno dazumal, da diese Ausgabe wohl fast nahtlos da ansetzt, wo die letzte aufhörte: 2018.
Mehrfach kommen die, meiner Meinung nach, unpunkigen Akne Kid Joe vor. Ja, ich mag halt die Mucke nicht. Inhalt und Präsentation der Band dagegen sehr. Auch finden sich Duesenjaeger, Mülheim Asozial, Helene Fischer Ultras, Bon Jovi und viele andere Teenagerhelden wieder. Dazu Konzertberichte, Plattenreviews und und und.
Ein Text von den Toten Hosen „alles aus Liebe“ wird auf Femizid untersucht und seziert. Ich halte das für ziemlich schlau. Ich hatte immer das Gefühl, daß bei diesem Song etwas anderes gemeint ist, als das, was im doch seit Jahrzehnten beharrlich schlageresken Musikstil der Düsseldorfer präsentiert wird. Ich konnte nur nicht per kleiner Internetrecherche herausfinden, ob es dazu eine Diskussion gab, eine Erklärung der Band. Leider auch im Heft nicht.
Viele, viele gute Ideen werden präsentiert. Auch schön die ProvinzPostille in einem Diagramm eines Artikels zur „Scientific Punkzine Evaluation“ wieder zu finden. Punkzines 2021 zwischen anständig und unanständig (bspw. MädMäm vs. Zap), bzw. (genial) dilettantisch und (brutal) professionel (bspw. ProvinzPostille vs. OX). Ich muss das natürlich erwähnen. Nehme das als Kompliment und werde selbstverständlich in meinem Kosmos weiter herumschweben wie eine Elfe.
Ich belasse diese Vorstellung vom Ostsaarzorn auch in dieser Kürze, kauft euch das Teil, ist wirklich mega! Gut, informativ, ironisch, knackig und kurz(weilig).
Einzig: bitte nutzt das nächste Mal eine Kontur für die Buchstaben oder druckt auf weißem Papier. Grau in grau wirkt das manchmal nicht so erhellend wie der Inhalt.
Gleich zu Beginn, was eigentlich ans Ende gehört, verspricht man auch die Fortführung dieses Zines, was ich für eine überaus kluge Entscheidung halte. Ich zitiere: „…bietet Ostsaarzorn allen Frauen und Flinta*s, Non-Konformist:innen und Outsiders die Gelegenheit und den Raum, ihre Texte gegen den Status quo publik zu machen.“ Melden per Mail! Was es kostet… keine Ahnung, wir haben getauscht, was sehr sehr cool ist! Porto inzwischen 1,70€.
PS: wenn ich das richtig ahne, dann ist das Heft von und mit Menschen der tollen Punkband Upfluss. Sie haben eine ganz klasse 7inch veröffentlicht. Yeah.
LP: fix – more is more
Ab und an muss man einfach was bei Phantom Records bestellen. Und ja, bei einigen Sachen habe ich mich auch schon gefragt, ob das so unbedingt auf Vinyl erscheinen muss – wer kauft das? – und die Antwort ist undbleibt: ja!
Spartenmusik für Nischenhörer.
Hier nun also Fix mit ihrer Debut LP „more is more“. Ich hatte schon mal die erste Single hier besprochen. Ein Leipziger / Israelisches Musikprojekt.
15 Songs in 17 Minuten. Könnte man auch auf eine Seite pressen und die andere bemalen. More ist also nicht gleich more!
Apropos. Das Cover ist irgendwie so oldschool-Computermäßiges Design. Auch nicht „more“. Ihr merkt, ich sucher geradezu verzweifelt nach dem mehr …. okay, gefunden. Mehr laut macht mehr Garagepunk mit Synthie. Wenn es kurz mal für eine Interlude 20 Sekunden ruhiger wird, kracht es danach Fix im Minutentakt. Sehr sehr cool.
Abwechselnd in Englisch aber auch auf deutsch gesungen, auch mal eine andere Stimme, sprich Sänger. Eingerahmt von einem Intro und einem Outro.
Das Cover, laut Beschreibung des Labels – und die ist eh viel cooler, als ich sie jemals schreiben könnte – „Das Ricaletto–Cover zeigt übrigens Hallenser Fachangestellte bei der Nutria–Tafelspitz-Herstellung (Hanoier Anhöhe im Hintergrund)“
Jetzt, hab g’nug g’schwätzt. Mehr isch halt mehr, wenn du des so empfindsch.
Das Album gibts es auf schwarzem Vinyl oder als „name your price“ Download.
Zu kaufen beim Apocaplexy Shop.
fanzine: PFF-Zine #4
Herr Magenbitter schickt ein neues Heft rum.
Diesmal in aktualisiertem DinA6 Querformat. Schaut schon mal wirklich witzig aus und passt für unterwegs in jede Tasche.
Geändert hat sich auch sein „Ton“. Er ist direkter, ehrlicher und sensibler. Deswegen sein Humor aber kein bisschen weniger infantil an einigen Stellen.
Was die Ausgabe 4 zu einem wirklich tollen Heftchen macht. So klein wie es ist, muss ich das einfach verniedlichen.
Wie immer dabei ist seine Assi-Punkfigur Fickfried, der sich durchs Leben oimelt und einige Cartoons.
Diesmal sind mehrere große Themen dabei, zuerst sein inzwischen festgestelltes und dennoch nicht diagnostiziertes Chronique-Fatigue-Syndrom (CFS). Woraufhin er sich mit dem Thema Inklusion auseinandersetzte, was ihn dazu brachte, einen recht gescheiten Artikel über privilegiert / deprivilegiert zu schreiben.
Auch macht sich Markus in drei Teilen Gedanken um (Über)Political Correctness in der PunkSzene. Es geht vor allem um einige negative Erfahrungen, die er im Laufe der Jahre gemacht hat. Im ersten Teil geht es um den entstandenen Zwang sich für seine Cartoons, Plakate und Comics rechtfertigen zu müssen. Da er einige Artworks für Ska-Bands gemacht hat, wurden diese auf einer Ausstellung als rassistisch angesehen.
Er sah sich mit klischeehaften Rollenbildern und Heteronormativität konfrontiert.
Hui. Ich kann echt verstehen, dass nicht jede*r einen Cartoon gut und vor allem lustig findet, doch nur weil wir Teil einer Szene sind, in der sich Markus ja offensichtlich gerne bewegt, alles zu hinterfragen und ihm derart Vorwürfe zu machen ist in einigen Fällen hergeholt.
Im zweiten Teil geht es um eine Band und deren Pseudonymen, die allesamt dem Dritten Reich entlehnt waren. Nun, ich konnte für mich von Anbeginn meiner Punkzeit nichts mit den Nazidevoltionalienspielerein anfangen… aber is halt Punk. Markus zählt dann berechtigterweise einige Beispiele aus den 80ern auf. Dass das in den 2000ern evtl nicht mehr ganz zeit- und szenegemäß ist, denke ich aber auch!
In Teil drei geht es um Sexismus in seinen Cartoons.
Ich finde es total gut, dass er sich so offen stellt, seine Cartoons und Plakate auch nochmal abdruckt und erklärt. … und einen Witz zu erklären… nun, ja. Seltsam.
Für ihn aber sicher sehr wichtig.
Gastcartoons von Ardy Beld und ein Coop-Cartoon (?) von Markus mit El Jaro. Sonst: alles DIY. Oder wie auf der Rückseite die Trump-ete tönt „PFF-Zine? That’s Fake News!“
Zu haben per Mail, 1,50 plus Porto.
LP: grow grow – lichterloh
ein wunderschönes cover, elegische, nahezu endlose IndiePunk-Songs: Grow Grow. Neue Platte „lichterloh“.
Kennt ihr diesen Moment, in dem ihr aus Neugierde auf irgendeine Random-Band clickt und nach 1,5 Sekunden denkt „was passiert denn da, ist das total geil?“. Und innerhalb kürzester Zeit auf den Bestellbutton drückt, ein paar Tage wartet, dann das Paket voller Vorfreude aufmacht, die Platte auf den Teller schmeißt und euer Gehör neues Futter bekommt!
Es passiert dann genau das, was du erwartet hast, obwohl du nur 4,8 Sekunden Musik anhörtest!
So war das bei Grow Grow, fast. Die Band hat mir freundlicherweise ihr aktuelles Album zum rezensieren zugeschickt.
Der erste und lder letzte Teil der Geschichte stimmt aber 😉 !
Jedenfalls hat die Berliner Band in Eigenregie bereits seit 2012 fünf Tonträger veröffentlicht. Anfangs noch eine CD, dann eine 10Inch mit dem schönen Titel „Hamsterrad of Glory“. Das neue Album nun heißt, wie schon erwähnt „lichterloh“. Es strahlt in Hochglanzweiß mit einem schlichten Segelboot, gebaut aus Treibholz, darauf.
Genug gejubelt, es ist jetzt nicht so, als ob Grow Grow das musikalische Rad neu erfinden; wer kann das heute noch?
Ich bin einfach total happy, weil ich nen Glücktreffer gelandet habe.
Mich erinnert das sofort an Maulgruppe beispielsweise, wobei die Band hier viel mehr Krach und Screamo-Anleihen hat. Nicht ganz so ruhig und abgeklärt ist.
Es startet alles mit einem superspannenden Tapping, irgendwie kommt es einem bekannt vor, doch dann bricht sich der Song entzwei. „rattenfang“ entschließt sich schnell aus einem freundlichem Intro in ein wütendendes, sehr deutliches Statement gegen Rechte Ideologie gegen den Wind zu segeln. Schon eine Weile nicht mehr einen so unplakativen, deutlichen Text gelesen.
Gegen Empathie versichert, gegen Logik resistent
Tradierte Privilegien unter Exklusivität
Gewalt ist institutionell – Hierarchien zementiert
Der Jäger erbt den Jagdschein, gejagt wirst du geboren
In fremdem Namen – auf Geheiß
Im Sternzeichen des Zahnrads – Aszendent Werkzeug
Ich verachte euch aus Notwehr, Rattenfang
Ein feierlicher Schwur auf die Idiokratie
Gehorsam überzüchtet, Moral wird amputiert
Alles Gute kommt von oben – Verfluchter Weise wird die Luft unten dünn
Zum Jubiläum gibt’s Pralinen, exekutiert wird im Akkord
Ich fürchte der Rest des Reviews von Grow Grow wird recht kurz sein: die Band hat mich. Was soll ich jetzt jeden einzelnen Track über den Klee loben?
Kein Song unter vier Minuten. Aus ein wenig Recherche ziehe ich, dass die Band mal zu viert war, sich nun geschrumpft hat auf ein Trio. Weniger Lärm machen sie deswegen nicht!
Ihre Spielerfahrung merkt man, durch den Indie-Einschlag kommt eine Stimmung auf, die mich eher an Hamburg als an Berlin erinnert. Wobei der Melancholie-Dampfer ja schon lange in ganz Deutschland unterwegs ist.
Wenn ein Gitarrenriff eigentlich auserzählt ist, setzt Grow Grow noch eins drauf, fügt noch etwas an, schrabbelt das nochmal anders, wechselt, verändert leicht den Beat.
Die Texte, allesamt Gedichte, betörend, melancholisch, erzählend, erfrischend, vom Gestern im Heute.
Für ein Trio also Maximalmusikammentierung (Achtung: neue Wortschöpfung)
Echt cooler Stuff. Kommt mal in den Süden (Zitat crossedletters: „Wir brauchen keine Bands aus Übersee, die für drei käsige Shows einen klimaschädlichen Atlantikflug verbraten.“) Ihr habt ne Mail von mir!
Platte(n) gibts bei Bandcamp, diese in 180gramm Vinyl oder in Weiß mit Splattern. DIY.
MC: Trash Crawlers – buzz off!
Eine Band, die sich, wie ich inzwischen erfahren musste, bereits wieder aufgelöst hat, hat ein ganz klasse Demo rausgebracht; was ebend nichtsdestotrotz sehr hörbar ist.
Trash Crawlers aus BErlin mach(t)en echt abgefahrenen, eigenwilligen Garagepunk auf „Buzz off“. Eine wilde Mischung aus lärmigem New-Wave-Punk und Garage und einem ordentlich Schuß Noise.
Eher Mid-Tempo, nicht ganz so schnell, die zwei Frauen und drei Männer haben von sich ein schickes kleines Poster engst zusammengefaltet und in den Pappschuber gepackt.
Zwei Gitarren zocken zwischen disharmonischen Riffs ein Feuerwerk (ähnlich wie das brennende Brett auf dem Cover) des Garage-Trash ab, was mein Gehör echt fein durchzuckt. Erinnert mich manchmal an Oiro in ihren Anfangstagen, so leicht windschiefe Halbtöne kitten die einzelnen Parts zusammen. Wobei die Trash Crawlers kein Punkrock ist.
Der Sound ist ziemlich cool aufgenommen, mit ordentlich Distortion und angezerrten Vocals.
Erschienen ist es bei Mommys Mistakes Records. Schon im August 2021.
gibts noch hier: