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MC: yacht communism vs. i drew blank

Long ago…. hab ich dieses Tape mit den tollen Postkarten zugeschickt bekommen. Ich denke, ich habs irgendwie bei Bandcamp gefunden und war schockverliebt.

Also Yacht Communism aus Berlin. Das Tapedeck im Auto hat sich endlich gefreut.
Die Stimme zu diesem sehr Beatorientierten Post-Rock, der seine Wurzeln ganz sicher auch im Screamo hat, hat wahnsinnig Soul. Was eine total klasse Kombination ist im ersten Track “discovery”. Beim zweiten Song “submission” hebeln sie das schon etwas aus. Ich zähle mir da zusammen, dass die Band auf drei zählt aber 8tel schlägt. Es ist nicht so komplex, frickelig, doch durch die Halbtöne wirkt es dann doch etwas jazziger. Yacht Communism verzichten sehr auf Verzerrung. Hängen als Track drei einen His Hero is Gone – Cover dran, welcher durch ihre Spielweise unheimlich spannend wird. Er ist dadurch nicht mehr so düster und hart, wie das Original, eher post-cineastisch.


I Drew Blank, auch aus Berlin, teilen sich das Tape mit Yacht Communism.
Sie sind Indiepop, Dreampop, etwas flotter, läuft richtig gut durch!
Das poppige nehmen sie aber, indem sie einen geradezu zerstörerischen Bass drunterlegen. Nein, es wird dadurch nicht noisig, einfach besonders.

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7inch: turbostaat – der weiche kern

Diese neue 7inch von Turbostaat musste ich mir, seufz, auf dem Schwarzmarkt besoregn. Es ging nicht anders.
nach, leider, mehreren Verschiebungen und dann der Absage für Karlsruhe.
Da es wohl der ganzen Band wieder gut geht, was sehr sehr schön ist, freue ich mich soweit über eine Konzert /Eintrittskarten-Aktion

Erste Seite ist “der weiche kern” – handelt davon wenn man einen Killer vestehen will, muss man einer werden; und was mit einem passiert, mit all dem Hass, den man schmeckt und mehr davon will. Am Ende hat man Todestrophäen im Herzen. Es handelt sich um einen Coversong von Gravenhurst und heißt “The Velvet Cell”.

Das Original zeichnet schon aus, dass es genau die Akkorde sind, die Turbostaat auch so lieben. Oder die Turbostaat so lieben. Sie haben den Text in ihre (unsere) Sprache übersetzt. Es passt. Toller Song.

Auf Seite zwei ist “otto muss fallen” – ist dann der neue Song von Turbostaat. “er muss töten, was vom sockel holen, sonst ist er nicht allein”
Ihre Sprache ist schon speziell.
Der Song beginnt indem alle irgendwie gegeneinander miteinander spielen. Das ziehen sie immer wieder durch.
Ziemlich cooles Songwriting und eine feine Instrumentierung.

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LP: das rattenkabinett – die zukunft war gut

Zuersteinmal: wieder eine wirklich tolle Band, die hart unter dem Radar fliegt.
Laut Suchmaschine gibt es keine bis gar keine Reviews zu dieser Platte. Das ändern wir jetzt mal:

Das Rattenkabinett (FB) sind drei weibliche Musikerinnen und ein Musiker. Lena Stoehrfaktor, die auch schon lange als Solokünstlerin unterwegs ist, macht seit 2019 in neuer Besetzung mit dem Rattenkabinett (insta) weiter. Das ist, wenn ich das so recherchiere, schon eine sehr bewusste Umbenennung und manche Seiten oder Infos recht schwer zu finden. Die Homepage ist da, in Bezug auf dieses, aktuelle Album aber doch super lesbar! Rattenkabinett (HP)

Es wird schnell klar, dass es schon eine Platte gab unter dem Namen Lena Stoehrfaktor & das Rattenkabinett. Doch gab es Umbesetzungen in der Band und Das Rattenkabinett, bzw Das RTKB möchte sich als eigenständige Band verstanden wissen.

Die Platte ist erstmal digital erschienen, leider hing die LP im Presswerk fest.
Inzwischen haben sich diese Produktionszeiten etwas entspannt und der Vinylnerd kann ob der Fülle an Releases gar nicht genug Lohnarbeit verrichten um die Sammlung zu füllen und neue Musik zu hören.

Inzwischen ist das gute Stück schon einige Mal gelaufen und erinnert mich immer wieder ein wenig an die 90er Jahre, als Such A Surge so DAS Ding im deutschsprachigen Crossover-Rap waren. (werden zu teuer gehandelt und es kommen leider keine Reissues…)
Später ist mir mal noch eine sehr junge Band namens Être? über die Ohren gelaufen.

Musikalisch, vor allem auch in Punkto HipHop, ist dieses Album von Das Rattenkabinett echt tough. DIe Lyrics haben Tiefgang, Lenas Stimme hat einen echt guten Vibe. Sie versucht sich immer wieder neu zu finden, in dem was und wie sie macht.
Hört euch dazu doch nochmal ihre letzte EP essenz an. – ihr merkt, ich komme aus dem Erzählen gar nicht raus!
Je öfter ich “die Zukunft war jetzt” höre, desto mehr fällt mir allerdings schon auf, dass die Keyboardeinsätze nicht so ganz meins sind.
Aber: in der Gesamtheit funktioniert die Instrumentierung mit Keyboard, Bass, Gitarre und Drums total gut. Sie schaffen es, Parts einzufügen, Abwechslung in die Songstruktur zu bringen, wo man sie nicht unbedingt erwartet und arbeiten da etwas gegen die Hörgewohnheiten.
Die Musik und die Raps ergänzen sich total gut. Die Drums schieben das etwas nach vorne und es klingt halt nicht ganz so fluffig, ganz so Radiotauglich.
Etwas bissiger!

Im ersten Song “golden horse” sprechen sie mich gleich an, mir fällt aber auch sofort auf, was DIY Rap & Hiphop so außergewöhnlich macht: es ist totale Nischenmusik. Kennt ihr noch eine Band, die sowas macht wie Das Rattenkabinett? – dann schickt mir was, ich bin neugierig!
Die erste Singleauskopplung war “kerstin”, eine Liebeserklärung an die Wirtin ihrer (Berliner) Stammkneipe.

Der Refrain von “niemals Rebellen” ist

Die Songs bauen sich mal auf durch die Gitarre, mal durch das Keyboard, die Musik bekommt viel Raum im Songwriting, entsprechend sind die Tracks schon alle eher 3 bis 4 Minuten lang, als zu kurz.
Es ist so anders, und das ist toll.

und noch einen neuer Clip zu “gather” gibt es:


Feat. Daisy Chain, die auf griechisch ihre Rhymes dazu gibt. Checkt sie mal aus. Das ist auch cooler Stuff!

Anspieltipp von mir ist “seeräuber”.
Am Schluß kommt noch ein knackiges “…war gut”, den ich am rundesten von allen Songs empfinde.

Ihr bekommt euer Stück Vinyl unter dieser Mail oder digi via Bandcamp.

Funfact: wenn ihr in eure Suchmaschine “das Rattenkabinett” eingebt, kommt ihr recht schnell beim Bundeskabinett raus.

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LP: hester – succus

Hester. Band aus Mannheim.
Beim Konzert von Lypurá hab ich die Platte von hester in die Hand gedrückt bekommen.
Ich mag ja Lypurá vom ersten Ton an.
Mit anderen Screamo-Bands tu ich manchmal doch recht schwer. Und so bin ich mir nach dem esten Hören von Hester noch nicht sicher, was genau ich nun schreiben soll. Jede Platte zum reviewen darf aber einige Runden drehen und liegt nie wie Blei auf dem Plattenteller; oder auf 33rpm abgespielt.
Auf dieser EP sind nur vier Songs. Zwei pro Seite.

Es wirkt, als ob die Band sehr auf Effekt, auf “gewaltig” (Wall of Sound”) aus ist. Schleppend, drückend und die weibliche Stimme kommt so krass aus den Tiefen der Hölle – wahnsinn.
“Tasseomancy” dreht sich um Selbstzweifel.
no gods, no masters, only the voices in my head
(…und ein ganz klein wenig Hoffnung)
Insgesamt handeln allen Texten um verlorene Beziehung(en), Selbstzweifel, Zeit, die nicht aufzuhalten ist, Gedanken, Visionen, die einen verfolgen.
Die Platte ist in Hochglanz aufgemacht. Sehr gut produziert, verdammt guter Sound.
Erschienen ist das schon 2018 und leider an mir vorbeigegangen. Vermutlich hat die Band hester auch zu selten live gespielt. Das ganze Design wird abgerundet durch farbiges Vinyl in dem dominierenden Farbton des Coverbildes.
Revolvermann Records ‎– Riza023, Meta Matter Records ‎– MMR#023, Volatiles ‎– VLT001

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7inch: bootstour split Panikraum / Ben Racken / pADDELNoHNEkANU

Es wird Zeit, hierrüber zu schreiben.

Ein wenig Geschichten zu erzählen. Es begab sich in 2019 als ich mit pADDELNoHNEkANU angefragt wurde, ob wir nicht bei der Bootstour mit Ben Racken und Panikraum dabei sein wollen. Für uns gab es da keine Möglichkeit einer Absage!
Das “Team Peppone“, Band wie auch umtriebige Konzertveranstalter in und um Magdeburg, hatten noch eine Überraschung im Gepäck: alle drei Bands kommen auf eine gemeinsame 7inch; ob wir denn einen Song hätten.
Nun, wir hatten gerade unsere LP “my button is bigger than yours” draußen und waren schon gefragt worden, ob wir nicht eine Split LP mit unseren Buddies von Krasser-Fahrstil und Ennolicious machen wollen – und zugesagt hatten. Side-Info: wir wollten einen alten und einen neuen Song aufnehmen. Mehr hatten wir nicht. Da mussten also die Würgegriffel des Gitarristen schnell mal was aus dem Handgelenk zaubern.
“chatlag” kam dabei heraus.
Bei Ben Racken lugten zwei Songs um die Ecke “schwarzer peter”, ein sehr persönliches Stück von Basser Nico geschrieben, und “die kinder”.
Panikraum entschieden sich zu “von allen zwängen” – beim Hören wusste ich nun auch, dass Peppone hier ganz sicher ein klein wenig abgucken – oder umgekehrt!
März 2020 sollten wir das Boot besteigen, Runde zwei der Bootstour auf der Elbe bei Magdeburg.
Dann kam da so ne Pandemie um die Ecke und, kurz gesagt, es wurde eine Geisterschiff-Edition. So besagt es der Aufkleber auf dem Cover.
Und da 2021 schon eine weitere Bootstour geplant war, waren unsere Seefahrtsträume erstmal ausgeträumt. Und die 7inch trotzdem glücklicherweise ausverkauft.
Wir hatten schon nicht mehr gehofft, dass es zu einem neuen Termin kommen würde. Doch Team Peppone blieb zäh und das Majorlabel sagte auch noch eine zweite 7inch zu. Ist das nicht irre?

Und nach einem echt pickepackevollen, hammergeilen Tag, drei Bands, je zwei Sets, auf einem Boot mit 100 Leuten, sind wir am Sonntag beschwingt nach Hause gedüst. Ole meint, dass das beste Konzert ever gewesen wäre!
Panikraum haben, meiner Meinung nach, das souveränste Set abgeliefert. Ben Racken waren die bekannteste Band mit Mitsing-Garantie und wir, pADDELNoHNEkANU, haben ein paar Menschen von weit weg anreisen sehen, um uns zu sehen.

Glückliche Punks. Yeah.

Mit keinem Wort bisher die inzwischen insgesamt sieben Lieder erwähnt, gell!
Wenn man sie hintereinander in den Player schmeißt ist die Reihenfolge Panikraum, pADDELNoHNEkANU, Ben Racken, pADDELNoHNEkANU und Panikraum. Da hat jemand was ausgefuchst!
A01 – Panikraum – von allen Zwängen

Unseren findet ihr als Bonustrack zu unsere Split LP. Da packen wir dann den Neuen auch mit rein.
A02 – pADDELNoHNEkANU – chatlag

B01 – Ben Racken – die Kinder
B02 – Ben Racken – Schwarzer Peter
————————————————
A01 – Ben Racken – Eisgarten
A02 – pADDELNoHNEkANU – träumerei auf der partyinsel der geköpften

B01 – Panikraum – Waldsterben
auch dieser Track ist noch nicht online.
Erschienen und zu haben bei den Bands direkt in einer 20 Stück Bandauflage oder beim Majorlabel den Rest.

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MC: starships – demo 2021

Von Erai aus Berlin habe ich mir was bestellt (später mehr dazu) und Peter schickte mir etwas, völlig unkommentiert, mit: eine MC der Band Starships. Ist das Demotape der Band und sie haben mich total überrascht.
Starships haben ihr Demo in 2021 aufgenommen, auch eine Berliner Band, und sagen von sich, sie machen “punk-whatever”.
In meiner Welt hat das wenig mit Punk zu tun, viel Indie-Schrammel und hat ne Menge hörbarer Einflüsse aus dem Post-Hardcore, ein bisschen Emo. Erinnert mich an die wundervollen Tiger Magic – eine ganz klasse Band mit zwei wundervollen Releases; da fällt mir auf, dass ich die auch schon zu lang nicht mehr habe laufen lassen – nicht ganz so melodisch.

Sehr cool eingespielt, man hört, dass es ein Demo ist, jedenfalls mache ich das an der Menge des Halls auf der Aufnahme fest. Ich denke, dass das die Band schon bewusst so gesetzt hat.
Starships, da ich keine weiteren Infos habe, belasse ich es dabei, lohnen gehört zu werden. Tape gibts via Bandcamp.

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MC: potato fritz – asbest of plus one

Potato Fritz, eine Kassette, die ich ganz schnell und kurz besprechen möchte.
Eine großartige Noiserockk-Band die sowas von unter dem Radar fliegt und das schon seit ner Ewigkeit. Schaut mal in deren Discographie rein! Bisher hatte ich sie hier nur mal im Review für ihre Split 7inch mit den famosen Fluid To Gas.
Potato Fritz begleiten mich seit ihrer “baumwollitze” LP, auf der ein herrlich wunderbarer Krach ist; die ist von 2005, die Band gibt es aber schon seit vrmtl. Mitte der 90er. Ich mag die wahnsinnig punkige Herangehensweise, den maximalen Krach, den sie produzieren.
Erschienen ist hier eine MC-Compilation von 22 Songs bei Fidel Bastro. Songs, die zwischen 1995 und 2008 “mostly in Hamburg” aufgenommen wurden.

Es geht los, überraschenderweise, mit einem leicht windschiefen Indie-Song, weibliche Stimme, ein… Liebeslied.
Danach wird ganz ordentlich weggedonnert.
“asbest of plus ein” hast diese Compilation, 55 Stück auf MC.
Die zarten Melodien, die aus der Gitarre ab und an herauskommen, die lakonischen Texte, die darüber liegen: ihr werdet es lieben! Das alles wird komplett zerstört, wenn Bass und Schlagzeug dazu kommen. Geil!
Die Hamburger Schule mit dem notwendigen Krach und Punk und Druck in ihrer Musik haben, der allen andern Bands irgendwann abhanden gekommen ist.
Zwischen superkurz und viel zu langen Songs ist alles dabei.
Potato Fritz liefern. Lauschet!

Einen Teil gibt es bei der Band direkt (link oben) oder bei Fidel Bastro. Viele sind es nicht mehr. CD gibts auch oder Bandcamp (siehe unten).
Cover von Mighty Michael Imhof, er macht einfach famoses Artwork!

 

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buch: chaoze one – spielverderber

“Mein Leben zwischen Rap und Antifa” ist der Untertitel des Buches “Spielverderber” von Chaoze One; und das habe ich neulich gelesen.
Ich habe über all die Jahre seines musikalischen Schaffens schon mitbekommen, dass Chaoze One zwischen Mannheim und Karlsruhe recht bekannt ist, unterwegs und umtriebig, er war ja auch lange bei Twisted Chords für seine Veröffentlichungen.
Für den Vinyl-Keks hatte ich sein aktuelles Album “Venti” reviewed und mir nach und nach seine Platten gekauft. Musikalisch absolut super!
Bei flight 13 hab ich mir das Buch dann mit dazu packen lassen, deshalb nun ein paar Worte dazu.

Es ist wirklich toll, flüssig geschrieben, macht wirklich Spaß zu lesen, auch sehr kurzweilig. Chaoze One widmet sich nicht einem Gedanken und hängt da viele Worte dran. Ein paar Randinformationen liegen auf dem Weg, zu dem jedes Kapitel führt. Klar, das verlangt im Endeffekt schon auch etwas Aufmerksamkeit, die Zeitleiste auf der das Stück spielt in eine Chronologie zu bekommen.
Vor allem führt aber alles in sein politisches Denken, die Aktionen, an denen er mitgewirkt hat, was davon dann inhaltlich in seinen Texten gelandet ist. Er zitiert aber auch immer wieder Wegbegleiter, es gibt ja immer einen Song, der einen zum nächsten inspiriert.
Der Diskurs und die Diskussion, die es in der Linken Szene gibt, welche Metaphern benutzt werden dürfen und wer sich angesprochen fühlt, das passt nicht immer zusammen und muss besprochen werden. Das Hinterfragen dessen, was man dieser Stelle macht, an der man steht, weil man doch in einem linken Laden vor gleichgesinntem Publikum nicht unbedingt die Menschen erreicht, die das erreichen sollte, was man zum Denken mitgibt. Im Grunde sollte man irgendwelche CDU-Menschen erreichen und diese zum Umdenken bringen.
Für jemand wie Chaoze One, der so deutliche Worte findet, wie er es tut, dann neue Formate angeht – er spricht da explizit einen Song an, der bei RTL im Abspann einer Serie lief – fühlt sich schon angegriffen, wenn das dann kritisiert wird, statt den positiven Aspekt hinter dieser Sache zu sehen. Ist er deshalb ein Spielverderber?

Klar, es geht auch um seine Jugend, wo kommt er her, was hat ihn neugierig gemacht und die “Maschine angeworfen”. Über welche Wege ist er zum Rap gekommen, die Attitüde des Punk war ihm immer sehr nah. Und dafür, dass er noch recht jung ist und nicht schon Anfang der 90er mitgemischt hat, kennt er sich recht gut aus und weiß viel zu erzählen und Rückschlüsse zu bilden.
196 Seiten hat Jan, so heißt er in Echt, viel zu erzählen über die Wut, die entsteht wenn man bepöbelt wird. Aber auch über die Einfachheit, wie es ist mit einem Koffer als Rapper unterwegs zu sein.

Gegen Ende widmet sich Chaoze One dem deutschsprachigen Rap und seinen Auswüchsen ab Mitte der 2000er und mir fällt sehr positiv auf, was er für eine Beobachtungsgabe hat und welche Schlüsse er zieht. “Spielverderber” erschien 2019, vor dem Ausbruch der Aluhutträger! Und ihm fiel damals schon auf, dass Xavier Naidoo, und die Leute, die zu ihm halten, auf dem komplett falschen Weg sind, weil seine Texte schwulenfeindlich, esotherisch, verschwörungstheoretisch und ideologisch im Bereich der Reichsbürger zu verorten sind. Auch den vermeindlichen Skandal beim Echo spricht er an, das alles mündet darin, dass Chaoze One klar benennt, das soetwas eigentlich nicht passieren darf! Dass Rap eine emanzipatorische Musikrichtung nicht diesen Ruck nach Rechts machen darf.
Wenn ich da mal selbst einen Schluss daraus ziehen darf: Musik, bzw. Kunst ist nie rechts, sie ist frei. Frei im Denken, frei im Handeln, sonst kann sie nicht entstehen. Kunst liebt die Freiheit und Offenheit, den Diskurs. Das kann sicherlich schon auch mal konservativ sein. Das kann provozierend sein. Muss.

Empfehlenswert! Erschienen beim Polarise Verlag.

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buch: schreie von unten – songtexte von DDR-Punkbands

Auf den ersten Blick ins Buch, nach dem Lesen der Einleitung von Jakob “Schrammel” Geisler, war ich ein wenig enttäuscht über die kurzen Texte und die vielen Lyrics ohne die Musik dazu. Klar, es ist ein Buch.
Schrammel beschreibt es ganz klar: “Umso wichtiger ist es, möglichst viele unterschiedliche Zeugnisse jener Zeit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, um uns davor zu bewahren, dass irgendwann nur noch ein einfaches Schwarz-Weiß-Bild der DDR übrigbleibt.”
Dieses Bestreben besteht ja nun schon seit ein paar wenigen Jahren, von alten Ostpunk-Haudegen hin zu einigen Westpunks, die ja auch unter anderem illegale, heimliche Konzerte in der DDR gespielt haben.
Nur der Fakt, dass die Musiker*innen der DDR ihre Texte verstecken mussten, sie nur live vortrugen, um der Stasi nicht in die Finger zu geraten, ist nur einer von vielen!
In Kapitel unterteilt stellen sich dann verschiedene Themenbereiche dar “Lieder über Zukunftspläne und Perspektivlosigkeiten” über “Widersprüche zwischen Propaganda und Realität” hin zu “Polizei, Staatssicherheit und Repression”. Immer ein paar einleitende Worte, eine halbe Seite vielleicht, dazu; einige Bilder, die bspw die erwähnten Widersprüche sehr gut darstellen und jede Menge Fußnoten.

Ich hab keine Ahnung, ob man sowas ein “essentielles” Werk nennen kann. Jedenfalls denke ich, dass es sehr viele gute Beispiele von Lyrics enthält, die bisher nicht öffentlich zu hören waren. Vielleicht macht sich jemand die Mühe und sammelt mal alle gesungenen Texte zusammen?
Inzwischen denke ich, ist die Ostpunk-Geschichte um ein weiteres, interessantes Buch reicher. Hört, lest, seht euch all die tollen Veröffentlichungen an, die es bisher gibt; meist mit begleitenden Lesungen oder Ausstellungen. Heldenstadt Anders (eine Compilation aus Leipzig), Too Much Future, Tapetopia, Untergrund war Strategie, und und und.

Das Buch bekommt ihr in vielen Mailorder bspw. Amoebenklang, errortistic subculture.

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MC: l’appel du vide – abwärtsspiralen

Vor einer ganzen Weile hatte ich bei Insta gepostet, dass ich dieses Tape reviewed habe. Jo, war aber nicht so.
L’appel du vide – abwärtsspiralen. Die Band schrieb mich an, dass das aber gar nicht inline sei. Ich schrieb zurück “kommt in Kürze”. Jetzt find ich das hier in meinem “Stapel” und es ist einfach nicht abgeschickt. Ja sag mal… Kann doch wohl nicht wahr sein. So ein gutes Tape!

Also los: “Delirium” ist ein wirklich großartiger Track! Durch das monotone und repetitive kann er auch recht schnell auf den Sack gehen. Die Band schafft es aber, aus den gefühlt 14928 Effekten, die sie auf Gitarre und Synthies hat, eine ganz eigenwillige und trotzdem homogene Mischung durch die Boxen zu jagen. Der Song dreht sich in den Lyrics um Corona, um euer Geschwurbel. Doch in der jetzigen (Anfang 2023) Zeit bin ich mir manchmal gar nicht so sicher, ob “uns” nicht das Geschwurbel weggenommen wurde von den Quarkdenkern. Manchmal ist einfach nicht mehr so ganz klar, wo die Trennlinien nun verlaufen müssen, und was unsere Inhalte halt nicht mehr hergeben müssen – sondern eben nun bei den Aluhuttträgern liegen. Ich hoffe, ihr vesteht, was ich meine!
Der nächste Hit jagd dann auch gleich hinterher “das programm”.

Da ich die 7inch, und diese Songs sind auf Seite 1 dieses Tapes, bereits reviewed habe: hier – widme ich mich schnell Seite zwei, denn da stecken die Extrasongs, die wohl vor den Songs zur Single aufgenommen wurden.
Es beginnt mit dem, man kann schon sagen, Discosmasher “stille” um danach direkt eine Kehrtwende ins Endsiebziger-Fahrwasser von Joy Division zu machen mit “gift”. Es ist nicht einfach nur ne platte Kopie. “gift” ist ein wenig disharmonischer, molliger. Und er geht mir, wie auch schon “delirium” mit immer längerer Laufzeit ganz schön auf den Sack. Das Repetitive ist manchmal nicht so ganz meins.
L’appel du vide sind aber wirklich weit davon entfernt, mich zu nerven. Die Band spielt total gut zusammen und ein Blick in ein Livevideo bestätigt, dass sie richtig gut zusammen spielen!
“einer von hier” live:

Kurz vor dem Abschluss gibt es eine elektronische Version von “das programm”. Es ist ganz klar kein Remix, wohl eher auch eine Demoversion mit Drumcomputer. Ist auch wirklich cool. Was für den Dancefloor.
Und der letzte Song führt uns an den “abgrund” , bzw. die Band führt uns dorthin, oder möchte dort hinunter?
Das Tape gefällt mir richtig gut, wie ich schon schrieb, bei ihrem fast regelmäßigem Output, könnte da doch mal ein Longplayer bei rumkommen, oder?
Im Februar haben sie ein paar Gigs – Tendenz Nord & Ostdeutschland. Kommt mal in den Süden!
Das Tape gibt es nur via Bandcamp.