Fanzine: Anker #1

Die Nummer 1 des Anker-Fanzines ist hier als Tausch eingetroffen. Ich habe Chris‘ Tun schon eine Weile bei Instagram beobachtet und als seine Ausgabe angekündigt wurde, habe ich zugegriffen.
Irgendwann und irgendwie waren wir schon mal in Kontakt gewesen. Nach einer längeren Suche in Kisten könnte es das „Berliner Mauern“ Stencil Zine gewesen sein?
Der Grund für ihn, dieses sehr persönliche Heft zu machen – okay, nennen wir es Egozine – war diesen im Grunde einen Bericht über seine Erlebnisse „in order of appearance“ zu erzählen.
Zuerst gibt es als Einstieg eine Erklärung, dass er wohl schon fast eine Obsession hat mit der Metapher „Anker“ zu spielen. Er möchte sich da einen sehr persönlichen blick auf die Welt bewahren.
Auf den ersten Blick, mit den kleinen Fotos und Fotomontagen, den kleinen Einwürfen, merke ich eben schnell, dass man das Heft nicht einfach durchblättern kann. Ich finde das ja gut, wenn das so einen Tagebuch-Charakter hat. Mache ich ja selbst genauso.
Viel dreht sich um Erholung, Entspannung, raus aus der Arbeit, Zeit für Familie und auch endlich mal wieder Urlaub machen. Das hört sich, wenn ich das so schreibe, nach einem Luxusproblem an; ist es aber nicht.
Chris hat einen Sehnsuchtsort in Portugal und sie schaffen es auch, mit der ganzen Familie, diesen zu besuchen. Er liefert dabei nicht einfach nur einen Urlaubsbericht ab, sondern zieht uns mit in die Welt der Casa Do Burro, die weniger durch Corona gebeutelt wurde, als durch Naturkatastrophen.
Das liest sich alles richtig flüssig und macht Spaß. Auch die Herangehensweise, Dialoge wieder zu geben!

Zum Abschluss gibt es einen riesen Stapel Fanzine Reviews. Da hatte sich einiges bei Chris angesammelt, ein paar Ausgaben sind tatsächlich schon durch Neuere ersetzt worden.
Einfach bei Insta ne DM und ihr bekommt sicher auch noch eins dieser Zines.
Was ich nämlich hier bemerkenswert finde, da ich in letzter Zeit sehr viele qualitativ hochwertige Magazine bekommen habe (Boys Club Only, Black Cat Fanzine, Ostsaarzorn, etc.) ist dieses ein Copy & Print Zine. Yeah.

Angesprochene Musik im Heft ist bspw:

LP: Planet Watson – Time to break it

Planet Watson geben bekannt: Time to break it up.
Band kenn ich schon eine Weile, sie haben bereits zwei EPs rausgebracht und machen mit ihrem ersten Longplayer auf Vinyl da weiter, wo sie nie aufgehört haben. Melodic Punkrock der ordentlich Rückenwind hat.
Das Artwork von Christin eine Hommage an alle Clubs der Gegend (jenseits dessen, wo immer alle Touren langtouren). Die 16 Songs kamen rechtzeitig zum 10. Geburtstag der Band raus. Letzten Oktober (2021).
Ich habe mir ein paar Tage Zeit gelassen, ist mir musikalisch insgesamt ein wenig zu … hm, wie sag ich das, vielleicht „lebensbejahend“? Ich meine nicht fröhlich. Eher freundlich.
Nungut.
„Next Episode“ startet wie angekündigt mit Melodic Punk, gefolgt von „all“ ein wenig im Blink 182-Gewand (dem Alten).
Ein Funfact für mich ist, das hier Chris, der Gitarrist und Sänger von Helmut Cool die Hochgeschwindigkeitsstöcke über die Felle fliegen lässt. Wobei eigentlich Sänger Hesse auch ein ganz ordentliches Brett tromnmeln kann.
Weiter geht der Rausch mit einem halben Dutzend Sängern, die die Band bei einzelnen Songs unterstützen. Allsda wären No Opinion, Scheisse Minnelli, Money left to burn, und und und.
Die Band selbst hält die Musik schon sehr abwechslungsreich, durch die Co-Sänger bekommt das nochmal einen ordentlichen Push. Das rauscht ganz ordentlich durch, diese „time to break it“!
Zwei Songs knacken die 2 Minuten, alle anderen sind kürzer, lauter, auf den Punk(t). Das Gaspedal bleibt durchgetreten.

Eine Frage drängt sich mir auf: wie haben Planet Watson eigentlich die ganzen Leute ins Studio gezerrt ob der doch sehr komplizierten Zeit? Vermutlich ist die Lösung ganz leicht, klärt mich auf.
Solange: anhören und / oder kaufen bei Bandcamp!

fanzine: Black Cat Fanzine #2

Auf das Black Cat Fanzine Numero Due habe ich mich schon echt ewig gefreut. Hatten die beiden Macher*innen doch angekündigt, es bei nur einer Ausgabe zu belassen…. haben sie wohl das Füllhorn an Komplimenten überzeugt, sich noch einmal überschütten zu lassen.
Ich habe mich also so lang gefreut, dass ich sie am Ende in Teilen gelesen habe, aber irgendwo lag es immer. Nur nicht vor meinen Augen. Es bestand also dringend Nachholbedarf! Mir fiel es dringenst wieder ein, als ich endlich das neue Buch von Jan Off „Glaube, Liebe, Hohngelächter“ bekam (es herrschte Papiermangel – kein Scherz!), dass die Kurzgeschichte „ACAB“ (all cats are black 😉 ) mir doch irgendwie schon mal untergekommen war. Ja, im Black Cat Fanzine!
Das Ding, also die Nummer 2 der schwarzen Katze, dürfte inzwischen wohl restlos ausverkauf sein, wieso also noch viele Worte darüber verlieren? Weil es gut ist!
Jetzt also kurzgefasst, bevor die Nummer 3 erscheint, haha!, 164 kompakt in einem Absatz bei der ProvinzPostille!
Man könnte ja fast schon von einem Buch sprechen. Hatte neulich hier das Ostsaarzorn oder auch das Boys Club Only – wahnsinn. Unfassbar viele Stories drin, Interviews, ein paar Illustrationen (Chukky Fuck ist wieder am Start), grafisch sehr einfach und übersichtlich gehalten, dafür einfach toll im Look. Gebunden und geschnitten. Klar, das ist kein Copy & Paste, kein Schnippelzine, das ist schon in der Herstellung ein Stapel Arbeit und nicht billig.
Ich weiß, ich nenne eigentlich nie in einem Review einen Preis, warum nicht? Weil es das einfach wert ist. Vor 20 oder 30 Jahren hat man noch maulen dürfen: riesiger Fanzinemarkt, manchmal total schlecht kopiert oder einfach nur rotzedumm. Das Black Cat ist weit entfernt davon. Ob das noch Punk ist? Klaro. Auch der verändert sich und man lernt. Mal abgesehen von der Digitalisierung. Anderes Thema:

Black Cat ist ja nicht nur diese feine Zine sondern auch inzwischen über 30 Tapereleases auf ihrem Tapelabel.
Ein Interview mit Ausbruch. Der Artikel „über meine schwierige Liebe zum Heavy Metal“ von Nils ist toll geworden. Dann über Sex singen von Cali Krawalli, die bei Dachlawine spielt. Ein Bericht über die Geschichte der Potsdamer Hausbesetzung. Cool das kleine Intermezzo „die tausendste Playlist und anderen digitalen Müll – jetzt auf jeder Social Media Plattform“, da gebe ich ihnen recht, ich hasse Playlists. Vor allem Spotzifei.  Macht euch lieber ein schönes Mixtape.
Zum Download gibts das gute Stück hier: Black Cat

digi: Black Square – Blumen am Abgrund

Ich muss damit einleiten, dass ich mir mit dieser News viel Zeit gelassen habe. Aus dem einfachen Grund: der Zwiespalt zwischen digitalem Review oder warten auf die Platte!
Platte ist nun raus, gibts bei Plastic Bomb und auch bei Keep It A Secret.

Wir sind im persönlichen Austausch, Fini hatte ja in Print-Ausgabe #7 ein paar Tagebucheinträge beigesteuert. Mit Bonny gibt es auch ein munteres Hin und Her, die beiden sind sehr aktiv und sehr engagiert.
Und in diesem „Review“ geht es nun einfach mal darum, daß man das ja auch mal anders machen kann. Der Tonträger, auf dem die Musik der beiden herauskommt, ist fast zweitrangig, weil es hier ganz klar um Haltund und Meinung geht.

Black Square sind eine Band, die im Titel schon mehr sagt, als andere Bands im ganzen Text des Liedes.
„you cannot spell Einzelfall without Netzwerk“, „Risikogruppe PoC“ widerspiegeln eine große Wut, einen starken Frust gegenüber des Zustands unserer Gesellschaft.
So klein sie manche auch reden mögen,  gar nicht so klein sind. Sie sind allgegenwärtig und sie sind täglich. Das erleben wir vielleicht nicht unbedingt jeden Tag in unserem Büro oder beim Einkauf im Supermarkt. Aber wir sehen es in unseren linearen oder nonlinearen Zeitleisten, die unseren Alltag doch inzwischen so umfassend gemacht haben, dass das Wegschauen eigentlich nur die Unzulänglichkeit des Normalos noch mehr nach oben spült, als kritische Menschen das ertragen können. Puh, langer Satz.
Wir sehen es schon wieder in einem Krieg, diesmal näher denn je, PoC oder schwarze Menschen werden hinten in die Reihe gestellt, Weiß geht vor.

Ich hoffe sehr, das Black Square mit ihrem Release und auch mit ihrer nun folgenden Tour so eine Art Protestbewegung werden könn(t)en, zumindest aber aufmerksam machen und Leute zum Nachdenken bringen.
11.03.   Karlsruhe – Alte Hackerei
12.03.   Speyer – Eckpunkt
08.04.  Aschaffenburg – Stern
09.04. Koblenz – Jam Club
über Ostern ne kleine Tour… schaut einfach mal bei FB durch!
LP- Review is about to come!

LP: Cruor Hilla – Warten auf den Kater

Erstmal ein fettes „Sorry“ für den superspäten Review! Habe diese Platte schon im Herbst letzten Jahres bekommen, als sie, damals schon mit starkem Delay, dem Presswerk abgepresst wurde.
Cruor Hilla haben schon die ein oder andere CD rausgebracht und nun vagen sie den Schritt ins Land des Vinyl. I like!
Es ist der vierte Longplayer namens „Warten auf den Kater“. Den Zustand kennt der ein oder andere vielleicht doch: viel trinken und nichts passiert. Warten also.
Eventuell kennt ja der eine oder andere den Zustand nicht, dafür aber schon eines ihrer Werke ,hat die Band schon mal live gesehen? Denn wer Cruor Hilla kennt weiß, dass sie eine sehr Fun-punkige Seite haben, ohne dabei dem Flug Brieftauben beizuwohnen, eher abzuschneiden.
Der erste Song „Steuerfahnder im Großbordell“ der die Platte eröffnet, ist gleich so einer. Die Band war so liebenswert, mir Texte und Linernotes mitzuschicken. Hier: „auf der Suche nach einer Textidee fanden wir im Proberaum noch ein Hamburger Abendblatt mit dieser Überschrift. Der Rest ist Geschichte.“
Doch außer Funkpunk, weiß man auch die Berliner Melancholie zum Ausdruck zu bringen. Mit dem Videotrack „nach der Party Depression“ – der mir auch wahrlich am besten gefällt, soviel kann ich vorwegnehmen:

Insgesamt ist die erste Seite abwechslungsreich wie das sonst Bands auf zwei Alben verteilen. Es ist alles da: Funpunk (ja, ich weiß, ich erwähnte das bereits), Punkrock, ein wenig 70er Jahre Rock (?), ein paar Off-Beats eingemischt – apropos: die Aufnahme, Mischung und das Mastering habt die Band selbst übernommen! – dabei trifft Cruor Hilla immer den  richtigen Ton und hat coole Texte im Gepäck. Das Großstadtliebeslied „ich gehe nicht nach Hause“ ist auch ein schöner Anspieltipp für die VErliebten unter euch.
„Zeit braucht Zeit“ ist ein wenig…. hm. Wir sind Helden – mäßig. Nein. Quatsch: an Strg_Z erinnert es mich. Ganz tolles Album, welches hier vor ner gefühlten Ewigkeit zum Review kam.
Abwechslungsreich macht auch der immer wieder wechselnde GEsang von allen drei Bandmitgliedern, Felix, Till und Christian. Von der Platte haben sie 300 Stück machen lassen, greift zu!

Cruor Hilla geben auch wieder Konzerte und schreiben Vinyl“S“ leider falsch 😉 und ja, ich bin ein Nerd.

fanzine: No!Pop:Mag #1

Noch ein neues Fanzine am Fanzinehimmel. Gut?
Oder nimmt das doch Überhand jetzt?
Nein, das kann es nicht mehr.
Man darf zwei Sachen nicht aus den Augen lassen: zum einen gab es in den 80/90ern hunderte dieser Zines auf einem hart unübersichtlichen Markt.
Inzwischen gibt es noch, mh, ich würde sagen drei Dutzend. Und jedes ist anders. Punk, Feminismus, Oi, Short Stories, alles dabei.
Eike, der schon lange eine Radiosendung selbigen Namens macht, No!Pop:Mag bei Radio Osnabrück, bzw. kommt sie auch bei Punkrockers Radio, hat sich also drangesetzt ein Copy&Paste Zine zu machen. Klar, es wird heutzutage schon mit einem Grafikprogramm gearbeitet, dennoch: es ist selbst gedruckt und geheftet.
Wie Eike selbst im Vorwort so klar sagt: die Urform der Kommunikation im Punk ist nicht die Bravo oder das Spex (gibts doch nicht mehr, oder?), sondern seit jeher das selbst zusammengeschnippelte und – geklebte Fanzine.

Die erste Ausgabe also ist pickepackevoll mit Bands. Die einen kenne ich, da sie schon einige Zeit unterwegs sind, wie die Burger Weekends (Pop-Punkrock & Roll / Bubblegum Punk Band from Osnabrück) oder Neon Bone (Poppunk). Neu sind mir die Wild Sandals (Beach Pop Punk straight outta Meppen!!!) oder Shitty Life (Chitarrino Power Punk from Parma, Italy).
Ein superklasse, informativer Comic von Mental Rabie erklärt uns das aktuelle Zusammenspiel, respektive -leben unserer kapitalistischen Gesellschaft. Das ist vielleicht nicht neu – wie Fanzines und Punkrock, hüstel – aber wirklich gut.
Auf seinen ausgiebigen Streifzügen durch das Internet findet Eike whl so einiges, was ihn interessiert.
Die Interviews sind kurz und knackig, stellen die Band vor, reduziert auf zwei bis drei Seiten maximale Informationsdichte!
Ungewohnt für Punk.
Ein bisschen Werbung, Reviews von Fanzines und Tonträgern komplettieren die Ausgabe, die irgendwo einen Zahlendreher in den Seiten hat. Man muss ein wenig hin- und herblättern.
Insgesamt: ich freue mich auf Ausgabe #2.
Zu haben per Mail

fanzine: Ostsaarzorn #2

Kein Fanzine. Ein Buch. Intelektuelles Niveau nicht ganz so hoch wie beim Testcard; dafür fast genauso dick: stattliche 200 Seiten bringt das Ostsaarzorn mit sich.
Es handelt sich wohl um eine Gemeinschaft von Menschen, die sich, man kann es gleich auf der ersten Seite entdecken, um den Einzugbereich zwischen Düsseldorf, Trier, Osnabrück im zornigen Westen bis zum zornigen Osten mit Leipzig und (L)Ost Places bemüht.
Den Norden, der ohnehin immer recht viele Worte abbekommt, schließlich kommen von dort auch die bekanntesten und allertollsten Vertreter des hiesigen Punkrocks, und den Süden – wo ist das eigentlich? – lassen sie aus.
Auf 200 Seiten kann man natürlich eine Menge unterbringen. Titel, Thresen, Tempramente.
Ich finde bei den ersten beiden Runden des Durchblätterns, Stöberns und Lesens Konzertberichte von anno dazumal, da diese Ausgabe wohl fast nahtlos da ansetzt, wo die letzte aufhörte: 2018.
Mehrfach kommen die, meiner Meinung nach, unpunkigen Akne Kid Joe vor. Ja, ich mag halt die Mucke nicht. Inhalt und Präsentation der Band dagegen sehr. Auch finden sich Duesenjaeger, Mülheim Asozial, Helene Fischer Ultras, Bon Jovi und viele andere Teenagerhelden wieder. Dazu Konzertberichte, Plattenreviews und und und.
Ein Text von den Toten Hosen „alles aus Liebe“ wird auf Femizid untersucht und seziert. Ich halte das für ziemlich schlau. Ich hatte immer das Gefühl, daß bei diesem Song etwas anderes gemeint ist, als das, was im doch seit Jahrzehnten beharrlich  schlageresken Musikstil der Düsseldorfer präsentiert wird. Ich konnte nur nicht per kleiner Internetrecherche herausfinden, ob es dazu eine Diskussion gab, eine Erklärung der Band. Leider auch im Heft nicht.
Viele, viele gute Ideen werden präsentiert. Auch schön die ProvinzPostille in einem Diagramm eines Artikels zur „Scientific Punkzine Evaluation“ wieder zu finden. Punkzines 2021 zwischen anständig und unanständig (bspw. MädMäm vs. Zap), bzw. (genial) dilettantisch und (brutal) professionel (bspw. ProvinzPostille vs. OX). Ich muss das natürlich erwähnen. Nehme das als Kompliment und werde selbstverständlich in meinem Kosmos weiter herumschweben wie eine Elfe.
Ich belasse diese Vorstellung vom Ostsaarzorn auch in dieser Kürze, kauft euch das Teil, ist wirklich mega! Gut, informativ, ironisch, knackig und kurz(weilig).
Einzig: bitte nutzt das nächste Mal eine Kontur für die Buchstaben oder druckt auf weißem Papier. Grau in grau wirkt das manchmal nicht so erhellend wie der Inhalt.

Gleich zu Beginn, was eigentlich ans Ende gehört, verspricht man auch die Fortführung dieses Zines, was ich für eine überaus kluge Entscheidung halte. Ich zitiere: „…bietet Ostsaarzorn allen Frauen und Flinta*s, Non-Konformist:innen und Outsiders die Gelegenheit und den Raum, ihre Texte gegen den Status quo publik zu machen.“ Melden per Mail! Was es kostet… keine Ahnung, wir haben getauscht, was sehr sehr cool ist! Porto inzwischen 1,70€.

PS: wenn ich das richtig ahne, dann ist das Heft von und mit Menschen der tollen Punkband Upfluss. Sie haben eine ganz klasse 7inch veröffentlicht. Yeah.

fanzine: PFF-Zine #4

Herr Magenbitter schickt ein neues Heft rum.
Diesmal in aktualisiertem DinA6 Querformat. Schaut schon mal wirklich witzig aus und passt für unterwegs in jede Tasche.
Geändert hat sich auch sein „Ton“. Er ist direkter, ehrlicher und sensibler. Deswegen sein Humor aber kein bisschen weniger infantil an einigen Stellen.
Was die Ausgabe 4 zu einem wirklich tollen Heftchen macht. So klein wie es ist, muss ich das einfach verniedlichen.
Wie immer dabei ist seine Assi-Punkfigur Fickfried, der sich durchs Leben oimelt und einige Cartoons.
Diesmal sind mehrere große Themen dabei, zuerst sein inzwischen festgestelltes und dennoch nicht diagnostiziertes Chronique-Fatigue-Syndrom (CFS). Woraufhin er sich mit dem Thema Inklusion auseinandersetzte, was ihn dazu brachte, einen recht gescheiten Artikel über privilegiert / deprivilegiert zu schreiben.
Auch macht sich Markus in drei Teilen Gedanken um (Über)Political Correctness in der PunkSzene. Es geht vor allem um einige negative Erfahrungen, die er im Laufe der Jahre gemacht hat. Im ersten Teil geht es um den entstandenen Zwang sich für seine Cartoons, Plakate und Comics rechtfertigen zu müssen. Da er einige Artworks für Ska-Bands gemacht hat, wurden diese auf einer Ausstellung als rassistisch angesehen.
Er sah sich mit klischeehaften Rollenbildern und Heteronormativität konfrontiert.
Hui. Ich kann echt verstehen, dass nicht jede*r einen Cartoon gut und vor allem lustig findet, doch nur weil wir Teil einer Szene sind, in der sich Markus ja offensichtlich gerne bewegt, alles zu hinterfragen und ihm derart Vorwürfe zu machen ist in einigen Fällen hergeholt.
Im zweiten Teil geht es um eine Band und deren Pseudonymen, die allesamt dem Dritten Reich entlehnt waren. Nun, ich konnte für mich von Anbeginn meiner Punkzeit nichts mit den Nazidevoltionalienspielerein anfangen… aber is halt Punk. Markus zählt dann berechtigterweise einige Beispiele aus den 80ern auf. Dass das in den 2000ern evtl nicht mehr ganz zeit- und szenegemäß ist, denke ich aber auch!
In Teil drei geht es um Sexismus in seinen Cartoons.
Ich finde es total gut, dass er sich so offen stellt, seine Cartoons und Plakate auch nochmal abdruckt und erklärt. … und einen Witz zu erklären… nun, ja. Seltsam.
Für ihn aber sicher sehr wichtig.

Gastcartoons von Ardy Beld und ein Coop-Cartoon (?) von Markus mit El Jaro. Sonst: alles DIY. Oder wie auf der Rückseite die Trump-ete tönt „PFF-Zine? That’s Fake News!“
Zu haben per Mail, 1,50 plus Porto.

LP: grow grow – lichterloh

ein wunderschönes cover, elegische, nahezu endlose IndiePunk-Songs: Grow Grow. Neue Platte „lichterloh“.
Kennt ihr diesen Moment, in dem ihr aus Neugierde auf irgendeine Random-Band clickt und nach 1,5 Sekunden denkt „was passiert denn da, ist das total geil?“. Und innerhalb kürzester Zeit auf den Bestellbutton drückt, ein paar Tage wartet, dann das Paket voller Vorfreude aufmacht, die Platte auf den Teller schmeißt und euer Gehör neues Futter bekommt!
Es passiert dann genau das, was du erwartet hast, obwohl du nur 4,8 Sekunden Musik anhörtest!
So war das bei Grow Grow, fast. Die Band hat mir freundlicherweise ihr aktuelles Album zum rezensieren zugeschickt.
Der erste und lder letzte Teil der Geschichte stimmt aber 😉 !
Jedenfalls hat die Berliner Band in Eigenregie bereits seit 2012 fünf Tonträger veröffentlicht. Anfangs noch eine CD, dann eine 10Inch mit dem schönen Titel „Hamsterrad of Glory“. Das neue Album nun heißt, wie schon erwähnt „lichterloh“. Es strahlt in Hochglanzweiß mit einem schlichten Segelboot, gebaut aus Treibholz, darauf.

Genug gejubelt, es ist jetzt nicht so, als ob Grow Grow das musikalische Rad neu erfinden; wer kann das heute noch?
Ich bin einfach total happy, weil ich nen Glücktreffer gelandet habe.
Mich erinnert das sofort an Maulgruppe beispielsweise, wobei die Band hier viel mehr Krach und Screamo-Anleihen hat. Nicht ganz so ruhig und abgeklärt ist.
Es startet alles mit einem superspannenden Tapping, irgendwie kommt es einem bekannt vor, doch dann bricht sich der Song entzwei. „rattenfang“ entschließt sich schnell aus einem freundlichem Intro in ein wütendendes, sehr deutliches Statement gegen Rechte Ideologie gegen den Wind zu segeln. Schon eine Weile nicht mehr einen so unplakativen, deutlichen Text gelesen.

Gegen Empathie versichert, gegen Logik resistent
Tradierte Privilegien unter Exklusivität
Gewalt ist institutionell – Hierarchien zementiert
Der Jäger erbt den Jagdschein, gejagt wirst du geboren
In fremdem Namen – auf Geheiß
Im Sternzeichen des Zahnrads – Aszendent Werkzeug
Ich verachte euch aus Notwehr, Rattenfang
Ein feierlicher Schwur auf die Idiokratie
Gehorsam überzüchtet, Moral wird amputiert
Alles Gute kommt von oben – Verfluchter Weise wird die Luft unten dünn
Zum Jubiläum gibt’s Pralinen, exekutiert wird im Akkord

Ich fürchte der Rest des Reviews von Grow Grow wird recht kurz sein: die Band hat mich. Was soll ich jetzt jeden einzelnen Track über den Klee loben?

Kein Song unter vier Minuten. Aus ein wenig Recherche ziehe ich, dass die Band mal zu viert war, sich nun geschrumpft hat auf ein Trio. Weniger Lärm machen sie deswegen nicht!
Ihre Spielerfahrung merkt man, durch den Indie-Einschlag kommt eine Stimmung auf, die mich eher an Hamburg als an Berlin erinnert. Wobei der Melancholie-Dampfer ja schon lange in ganz Deutschland unterwegs ist.
Wenn ein Gitarrenriff eigentlich auserzählt ist, setzt Grow Grow noch eins drauf, fügt noch etwas an, schrabbelt das nochmal anders, wechselt, verändert leicht den Beat.
Die Texte, allesamt Gedichte, betörend, melancholisch, erzählend, erfrischend, vom Gestern im Heute.
Für ein Trio also Maximalmusikammentierung (Achtung: neue Wortschöpfung)
Echt cooler Stuff. Kommt mal in den Süden (Zitat crossedletters: „Wir brauchen keine Bands aus Übersee, die für drei käsige Shows einen klimaschädlichen Atlantikflug verbraten.“) Ihr habt ne Mail von mir!

Platte(n) gibts bei Bandcamp, diese in 180gramm Vinyl oder in Weiß mit Splattern. DIY.

 

LP: aackr – almae

AACKR. Wie spricht man diesen scheiß Bandnamen eigentlich aus?
ahkr? acker? Nein, es ist bestimmt eine Abkürzung. Oder eine Lautmalerei.
Jedenfalls sind sie mir durch ein famoses Tape aufgefallen, was sie in einen Stoffbeutel eingenäht haben. Ja, ich gestehe, ich habe es immer noch nicht aufgemacht. Aber wenn, dann landet der Patch auf jeden Fall auf meiner Jacke. Wirkt dann ein wenig so wie ein Foto von einem Foto.
„Demo 2016“ kam aus bei Mörtel Sounds raus. Nun musste ich ne ganze Ecke warten, bis dieser Longplayer erschienen ist. Im September ’21.
Kommt mit kurzen, knackigen sechs Tracks, die alle ungefähr sechs Minuten Spielzeit haben.
Klar, ich übertreibe … ein bisschen.
Ich nehme es vorweg, die Band wird gegen Ende der Platte etwas kürzer! NoiseRock wird aufgespielt. Eine furztrockene, ich nehme an tiefergetunte Gitarre, und ein Schlagzeug. Mehr braucht es nicht.


Noiserock ist ja inzwischen auch ein extrem dehnbares Genre geworden, und wenn die Band es schafft Genreübergreifend Ideen einzuweben, empfinde ich diese Spielart inzwischen als weit weniger nervig, als vor einigen Jahren noch. Trainer oder Trigger Cut sind aktuell richtig gute Anspieltipps. Nur Vergleichbares mit AACKR… da fällt mir wenig zu ein. Ich umschreibe also mal die Songs dieser Platte:
AACKR sind sehr Beatorientiert. Doch ich lasse mich schon bei ersten Song zum mitwippen hinreißen und nehme das Cover in Augenschein. Diese durchgeknallte Nonne des Satans ist nicht auf dem Cover, nein, sie ist ausgestanzt und der Plattentitel „almae“ gestempelt. Ihr Konterfei befindet sich also auf der Innenhülle. Ha! Finde ich to-tal geil.
Die Band AACKR begrüßt uns mit „Namaste Motherfucker“ dem ersten Sechsminüter.  Sie beginnen mit einem Beat, bauen darauf auf, verzetteln sich nicht, eine gewissen Melodiosität stellt sich ein; hat etwas Post-Punkiges.
Trotz der Länge geniessen die Songs eine Kurzweiligkeit, die die Zeit im Nu verfliegen lassen. Bei „HNO superlike“ ist Anfang und Ende sehr sphärisch, die Tracks bleiben ohne Vocals. Der harte Sound der Gitarre, gestützt von den knalligen Drums, treiben den Song dann kurzzeitig vor sich her, um zum Schluss wieder zurückzukehren zum Anfang.
Klingt alles recht simpel, nicht wahr? Ist es aber oft nicht. Die Nuancen im (Zusammen)Spiel der beiden Instrumente sind klein und doch bemerkenswert.
„Überall“ und „Alme / Ghost Spiders“ haben dann doch einen Vocaleinsatz zu bieten, den aber Gäste bei der Aufnahme übernehmen.
Seite zwei glänzt mit „Spinde“, sie eröffnen mit einem endlos-Öffnen eines Spinds, zerlegen den Beat, spielen irgendwo plötzlich das Geräusch wieder ein, ebenso spannend wie der folgende Song „Harvester.“ Der Beat wird zerlegt und dagegengespielt… an was erinnert mich der Sound der Gitarre? Alte Fluid to Gas?
Die beiden AACKRs machen alles richtig.
Die Platte wurde schon 2020 eingespielt und ist im Eigenrelease ebend letzten Herbst erschienen.
Platte ltd 100 Stück. Ein echter Blickfang.